Regentschaft der Roboter Was die Maschinen für unsere Arbeit bedeuten

Seite 4/4

Was ist der Mensch wert, wenn es keine Jobs mehr gibt?

Für eine solche Nach-Arbeitsgesellschaft hat auch Stowe Boyd, führender Forscher des Technologieanalyse-Unternehmens GigaOM, eher Fragen als Antworten: „Wozu sind Menschen nutze in einer Welt, die ihre Arbeit nicht braucht, und wo nur noch eine Minderheit dazu da sein wird, eine digitalisierte Wirtschaft zu begleiten?“

In vielen Aufsätzen und Studien wird die Zukunft recht schwarz gemalt: Der Mensch unter einer Art Knechtschaft der Roboter. Verwiesen wird zudem auf juristische Lücken. Ein Programm oder Roboter könne ja kaum für „Taten“ verantwortlich sein, wenn etwas schiefgehe. Wer dann? Der Programmierer? Der Käufer? Der Nutzer?

Das Atlantic Council, eine der Washingtoner Denkfabriken, beschäftigt sich sonst eher mit Außen- und Sicherheitspolitik. Gefragt, was man für die größte Herausforderung der nahen Zukunft halte, schreibt das Council der dpa: „Die technologische Revolution hinter dem Horizont birgt so viel Versprechen im Kampf gegen Seuchen, Klimawandel etc. Und hat so viel Potenzial, Jobs auszuradieren, die Aussichten der Mittelklasse zu verschlechtern, Ungleichheit zu verschlimmern.“

Nach der Automatisierung ist der nächste Schritt dann die künstliche Intelligenz, an der nicht nur in Kalifornien intensiv geforscht wird. Zu den größten Mahnern gehört der britische Physiker Stephen Hawking. Er empfindet künstliche Intelligenz als zutiefst bedrohlich für den Menschen. Ray Kurzweil vom US-Internetkonzern Google schätzt, dass 2029 Maschinen schlauer sein werden als Menschen.

Dabei gilt: Alles, was eine Maschine besser kann als ein Mensch, dürfte die Maschine künftig erledigen. Schneller, verlässlicher, billiger - ermüdungsfrei. Körperliche Fähigkeiten werden dann weniger gefragt sein. Ein australischer Bauroboter mauert bereits ein ganzes Haus in nur zwei Tagen. Reines Technikwissen hilft aber vermutlich ebenso wenig im Wettlauf mit den Maschinen. Komplexes Problemlösen dagegen umso mehr.

Also müsste sich manches in Bildung und Ausbildung ändern, fordern Experten. Der US-Autor und Ökonom Tyler Cowen meint grundsätzlich: „Durchschnittlichkeit ist vorbei.“

Und wo bleibt die Revolution in Schulen und Universitäten? Warum sollen junge Menschen wie früher Wiederholen und Auswendiglernen können müssen, wenn die Maschinen in dem Feld besser sind? Ryan Holmes sieht dort eine zentrale Aufgabe. Der Unternehmer und Erfinder der Plattform Hootsuite, mit der man mehrere Social-Media-Netzwerke auf einmal verwaltet, sagt: Herausragende und einmalige menschliche Fähigkeiten zu kultivieren, bedeute eine völlig andere Erziehung. Weg von jeder Uniformität. Hin zur Außergewöhnlichkeit.

Wem das zweite Maschinenzeitalter und viele Prognosen zu düster scheinen, für den formuliert Holmes ein Ziel. „Investiert in Fähigkeiten, die eine Maschine nicht reproduzieren kann. Es geht um höhere Funktionen: Kreativität, Problemlösung, Erfindungsgabe“, fordert er. „Wir müssen vielleicht einen Schritt zurück machen, hin zu so etwas wie einem Renaissance-Menschen. Ausgestattet mit einmaligen Talenten zum Schöpfen und Erfinden.“

Deutschland ist Vorreiter bei der Industrie 4.0 – zumindest in der Diskussion, bei der Einführung hapert es noch. Um das Heft in die Hand zu nehmen, haben sich Maschinenbauer zu einer neuen Plattform zusammengeschlossen.
von Sebastian Schaal
Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%