
Korruption, Bestechung und Steuerhinterziehung sind noch die geringfügigsten Vergehen der umstrittensten Unternehmen der Welt. Speiseöl aus Altöl herzustellen, Informationen über defekte Airbags oder Zündungen zurückhalten, um sich einen Rückruf auf Kosten von Menschenleben zu ersparen oder aber mit Sicherheitschecks werben, die es so nie gegeben hat, wirkt da schon schwerwiegender.
Seit 2006 gibt das Schweizer Forschungsunternehmen RepRisk seinen Report „The Most Controversial Companies“ heraus. Hierfür werden verschiedene öffentlich zugängliche Daten sowie die Datenbank von RepRisk analysiert, die aktuell Vorfälle von 49.000 privaten und öffentlichen Unternehmen im Bereich Umweltzerstörung, Menschenrechtsverletzung und Korruption enthält.
General Motors: Chronologie der Zündschloss-Affäre
Die GM-Firmenveteranin Mary Barra wird Chefin. Sie ist die erste Frau, die einen Autokonzern führt.
GM ruft in Nordamerika die ersten 778.000 Wagen wegen Problemen mit den Zündschlössern zurück. Der Schlüssel kann bei voller Fahrt in die „Aus“-Position zurückspringen. GM berichtet von sechs Toten bei Unfällen.
GM weitet den Rückruf auf weltweit 1,6 Millionen ältere Wagen aus. Das Unternehmen räumt erste Versäumnisse ein. Nun ist die Rede von 13 Unfalltoten. Verbraucherschützer kommen auf weit höhere Zahlen.
Aus internen Vermerken geht hervor, dass GM-Ingenieure schon 2001 während der Fahrzeugentwicklung über Probleme mit den Zündschlössern berichteten. Es gehen die ersten Klagen von Unfallopfern und Autobesitzern ein.
GM ruft nun auch 1 Million Fahrzeuge neuerer Baujahre wegen der defekten Zündschlösser zurück. Damit steigt die Gesamtzahl alleine für diesen Defekt auf 2,6 Millionen.
Bei zwei Anhörungen im US-Kongress wird Barra scharf angegangen. Antworten auf die Kernfrage, warum GM so lange mit dem Rückruf der defekten Zündschlösser zögerte, hat sie jedoch nicht.
Es kommt zu ersten personellen Konsequenzen. Zwei Ingenieure werden beurlaubt. Es folgt eine Neuaufstellung der Entwicklungsabteilung. Mehrere Manager gehen.
GM erleidet einen Gewinneinbruch, nachdem sich die veranschlagten Kosten für die Reparaturen im ersten Quartal auf 1,3 Milliarden Dollar summiert hatten.
General Motors muss 35 Millionen Dollar an Strafe zahlen. Die Verkehrssicherheitsbehörde sieht es als erwiesen an, dass der Autobauer sie zu spät über die Zündschloss-Probleme informiert hat.
GM legt einen Untersuchungsbericht vor, der zahlreiche Schlampereien auflistet. 15 Mitarbeiter werden gefeuert. Barra verneint aber eine bewusste Vertuschung der Fehler. Opfer sollen entschädigt werden.
GM warnt vor Zündschloss-Problemen bei einer halben Million weiterer Wagen.
GM ruft 3,4 Millionen Limousinen wegen problematischer Zündschlösser in die Werkstätten. Nun sind 20 Millionen Wagen insgesamt von 44 Rückrufen betroffen. Die veranschlagten Kosten klettern auf 2 Milliarden Dollar (1,5 Mrd. Euro).
Sechs der zehn umstrittensten Unternehmen 2014 stammen aus Asien, drei aus den USA und eines – die Fifa – aus Europa. Im vergangenen Jahr führte die Fifa das Ranking noch an. Auch in diesem Jahr schaffte sie es mit Platz sechs weit nach vorne.
Anlass dazu bot sie zur Genüge: Während der Weltmeisterschaft in Brasilien machte sie unter anderem dadurch auf sich aufmerksam, dass führende Fifa-Funktionäre an Schwarzverkäufen von Tausenden Tickets beteiligt waren. Zudem wurde die Fifa für Kostenexplosion der Stadionumbauten und für Kinderprostitution rund um die Weltmeisterschaft verantwortlich gemacht.
US-Konzerne
Auch US-Autobauer General Motors schaffte es gleich mehrfach negativ aufzufallen. So mussten im Februar 2014 2,4 Millionen Fahrzeuge zurückgerufen werden, weil die Zündung defekt war. Das Problem kostete 36 Menschen das Leben. Besonders verheerend: General Motors wusste schon seit über zehn Jahren von dem Defekt, scheute aber den Rückruf.
Weiter soll der Konzern systematisch die Rechte von Arbeitern in Kolumbien ausgebootet und sie widrigen Gesundheits- und Sicherheitsbedingungen ausgesetzt haben – insgesamt ergab das für General Motors den achten Rang.





Auf Platz fünf schob sich Uber. Der US Online-Taxi-Service vermittelt seit 2009 Fahrgäste an private Fahrer – und hat damit 2014 weltweit für großes Aufsehen gesorgt. Nicht nur Taxi-Unternehmer, die hinter dem Service unlautere Konkurrenz vermuten und den Betreibern vorwerfen, einen illegalen und vollkommen deregulierten Fahrdienst zu betreiben, sehen Uber kritisch.
So wurde der US-Dienst in Indien verboten, nachdem Anfang Dezember eine 26-Jährige, die Uber nutzte, von ihrem Fahrer vergewaltigt wurde. Auch in den USA gab es ähnliche Fälle – etwa in San Francisco, Florida und Chicago. Seitdem diskutieren verschiedene Länder über ein Verbot des Fahrdiensts.
Uber wirbt damit, dass es bei seinen Fahrern die gründlichsten Hintergrundchecks der Branche durchführt – de facto werden aber nicht einmal die Fingerabdrücke der Fahrer gespeichert, heißt es im RepRisk-Report. Das brachte dem Unternehmen Rang fünf ein und eine Klage vonseiten der kalifornischen Justiz – Uber habe Verbraucher gezielt über den Umfang seiner Hintergrund-Checks getäuscht.
Asiatische Konzerne
Die ersten vier Plätze belegen allesamt asiatische Konzerne. Da wäre beispielsweise die Chang Guann Company, die im vergangenen Jahr einen der größten Lebensmittelskandale Asiens auslöste und deswegen auf Platz drei rangiert. Das Taiwaner Unternehmen produziert Speiseöl – aus Küchenabfällen, Altöl und Nebenprodukten aus der Lederindustrie. In fast 1000 Restaurants in Taiwan fanden sich Öle der Chang Guann Company. Über verworrene Zuliefererketten kamen die Erzeugnisse bis in Hong Konger Starbucks-Filialen.
Oder die Takata Corp., die defekte Airbags an die größten Automobilhersteller der Welt verkauft hat und damit mehrere Millionen Rückrufe verantworten musste. Die Airbags drohten wegen mangelhafter Verarbeitung zu platzen.
Aufgefallen war das dem Unternehmen schon 2004 – bei einem Test traten die Mängel zutage. Anstatt die Airbags zurückzurufen, ließ man die Testergebnisse vernichten. Erst als es die ersten Todesopfer wegen der defekten Airbags gab, startete das Unternehmen die Rückrufaktion.
Für die Spitze reicht dieses Fehlverhalten allerdings nicht. Das umstrittenste Unternehmen des vergangenen Jahres stammt aus Südkorea – die Chonhaejin Marine Company. Sie ist verantwortlich für ein Fährunglück vor der Südwestküste Südkoreas, bei dem über 300 Menschen ums Leben kamen.
Die Fähre hatte doppelt so viel Fracht an Bord, wie zugelassen. Schon 2008 hatte ein früherer Kapitän das Unternehmen darauf hingewiesen, dass die Fähren heillos überfrachtet seien – den Hinweis ignorierte die Unternehmensführung.