Rezession droht BDI warnt vor Milliarden-Schaden durch Chaos-Brexit

Der Brexit ist zu einer schier endlosen Zitterpartie geworden. Quelle: dpa

Deutsche Unternehmen müssen sich auf einen ungeordneten Brexit mit massivem wirtschaftlichen Schaden einstellen, meint der Industrieverband BDI. Die Britische Notenbank hält derweil Konjunkturhilfen für möglich.

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Die deutsche Industrie fordert von Großbritannien eine schnelle Entscheidung zum Brexit. Die notwendigen Abstimmungen dürften nicht länger vertagt werden, sagte der Hauptgeschäftsführer des Industrieverbandes BDI, Joachim Lang, am Dienstag in Berlin. „Sollte die britische Regierung im März keine Mehrheit im Unterhaus finden, ist es an der Zeit, den Austrittsprozess zu stoppen.“ Bislang hat Premierministerin Theresa May für ihren mit der EU ausgehandelten Scheidungsvertrag keine Mehrheit im Parlament. Medienberichten zufolge erwägt sie eine Verschiebung des Brexit, der bislang für Ende März geplant ist. Lang ergänzte, es gebe keine Zeit mehr für Nachverhandlungen.

Die deutschen Unternehmen müssten sich auf einen ungeordneten Brexit mit massivem wirtschaftlichen Schaden einstellen. „Wenn es ganz dick kommt, rechnen wir mit einem Rückschlag für die deutsche Wirtschaft in der Größenordnung von mindestens einem halben Prozent des BIP. Das wären rund 17 Milliarden Euro weniger Wirtschaftskraft allein in diesem Jahr“, sagte Lang. Die britische Wirtschaft werde bei einem Chaos-Brexit mit hoher Wahrscheinlichkeit in eine Rezession rutschen, Deutschland jedoch nicht. Für die hiesige Wirtschaft prognostiziert der BDI bislang ein Wachstum von 1,5 Prozent in diesem Jahr - eine vergleichsweise optimistische Annahme. „Die Wucht, die ein harter Brexit entfaltet, werden wir deutlich spüren.“

Schon ab Ende März dürfte es gravierende Folgen geben, so Lang. Störungen und Verzögerungen werde es in den Lieferketten und bei der Lagerung von Produkten geben. „Gut eine halbe Million Arbeitsplätze in Deutschland sind direkt und indirekt mit dem Export ins Vereinigte Königreich verknüpft. In vielen Unternehmen wird es daher Probleme geben.“

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von Sascha Zastiral

May will Medienberichten zufolge einen EU-Ausstieg am 29. März ohne Scheidungsabkommen offiziell ausschließen. An der Börse profitierte das Pfund von Spekulationen auf eine Verschiebung des Brexit-Termins. Und die oppositionelle Labour-Partei hat sich hinter die Forderung nach einem zweiten Referendum gestellt. „Es kommt Bewegung in die Sache“, sagte BDI-Lobbyist Lang. „Das kann nur gut sein.“ Es habe in den vergangenen Jahren einen Erkenntnisgewinn gegeben. Daher wäre es nachvollziehbar und auch demokratisch, nochmal abstimmen zu lassen.

Die britische Notenbank stellt der heimischen Wirtschaft für den Fall eines harten Brexit unterdes zusätzliche Hilfen in Aussicht. Es gebe dabei zwar keinen Automatismus, erklärte Notenbankchef Mark Carney am Dienstag in seiner jährlichen Anhörung im Parlament. Er gehe aber davon aus, dass die Bank von England in einem solchen Fall jede geldpolitische Unterstützung leisten werde, die im Einklang mit ihrem Mandat der Preisstabilität stehe. „Es gibt allerdings klare Grenzen bei diesen Möglichkeiten.“ Die Notenbank befürchtet, dass sie bei einem EU-Ausstieg ohne Abkommen möglicherweise die Zinsen erhöhen müsste. Grund sind Sorgen, dass das Pfund wie nach dem Brexit-Referendum im Juni 2016 stark abwerten und die Inflation anheizen könnte.

Die Bank von England hat bereits mehrfach vor schwerwiegenden Folgen für den Fall eines ungeregelten EU-Ausstiegs gewarnt. Sie senkte wegen der damit verbundenen Unsicherheiten ihre Konjunkturprognose für dieses Jahr und erwartet nur noch einen Anstieg des Bruttoinlandsproduktes (BIP) von 1,2 Prozent. 2018 fiel das BIP-Plus mit 1,4 Prozent auf das niedrigste Niveau seit 2012.

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