Rohstoffmarkt "Ölpreis wird länger günstig bleiben"

Die Opec ist krachend mit ihrem Versuch gescheitert, höhere Ölpreise durchzusetzen. Für Eugen Weinberg, Chef-Rohstoffanalyst der Commerzbank, liegt das auch an der überraschend robusten US-Frackingindustrie.

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Quelle: REUTERS

WirtschaftsWoche Online: Herr Weinberg, der Ölpreis ist seit Wochen auf Zickzackkurs, nach einem deutlichen Anstieg ist er zuletzt wieder gefallen. Wie wird sich der Markt weiter entwickeln?
Herr Eugen Weinberg: Wir haben stets gesagt, dass die OPEC vor zwei Jahren die Preiskontrolle aufgegeben hat. Deshalb war auch der jüngste Versuch des Kartells, den Ölpreis durch geschickte verbale Interventionen nach oben zu „manipulieren“, vom Anfang an zum Scheitern verurteilt. Nun dürfte der Ölpreis deutlich länger günstig bleiben. Dabei spielt auch eine Rolle, dass sich viele US-Schieferölunternehmen zuletzt bei den hohen Preisen gegen den Preisrückgang abgesichert haben und ihre Produktion im nächsten Jahr ausweiten werden. Wir erleben derzeit eine nachhaltige Strukturveränderung am Ölmarkt:  Die US-Fracking-Industrie wird für den globalen Ölmarkt mehr und mehr zum  Zünglein an der Waage. Auf lange Sicht wird sie für den Ölpreis sogar ein entscheidendere Faktor sein als die Opec.

Wie kann das sein? Die Produktionskosten in Amerika sind doch viel höher.
Die US-Frackingindustrie hat sich als viel robuster erwiesen, als Marktbeobachter geglaubt haben. Die meisten Analysten  waren überzeugt, dass viele Ölunternehmen in diesem Sommer die Segel hätten streichen müssen. Das ist nicht eingetreten.

Was Sie über den Ölpreis wissen müssen

Und warum nicht?
Die Unternehmen haben ihre Produktionskosten in den vergangenen zwei Jahren spürbar senken können und ihre Produktivität erhöht. Weil sie effizienter arbeiten, können sie mit geringeren Ölpreisen leben.  Im Gegensatz zu den großen Staatsbetrieben in traditionellen  Produzentenländern wie Saudi-Arabien und Russland agieren die US-Ölunternehmen deutlich schneller und agiler auf Preisveränderungen. Viele haben sich am Kapitalmarkt  geschickt gegen Preisveränderungen abgesichert und neue Finanzierungsquellen aufgetan ­- etwa indem sie an die Börse gegangen sind.

Was bedeutet das für die Ölproduktion?
Die Zahl der Bohrlöcher ist seit Sommer diesen Jahres fast ununterbrochen gestiegen. Das zeigt sich zwar noch nicht in der Produktion, langfristig aber dürften diese Bohrungen das Ölangebot am Weltmarkt erhöhen. Außerdem gibt es in den USA über 5000 Bohrlöcher, die bereits angebohrt, aber noch nicht komplett erschlossen sind. Diese Förderstationen in Betrieb zu nehmen ist nicht allzu aufwändig, das dauert vielleicht ein bis zwei Wochen. Ich bin sicher, dass in den kommenden Monaten bei einer Reihe davon die Produktion aufgenommen wird.

Aber welchem Ölpreis lohnt sich das?
Das ist von Unternehmen zu Unternehmen verschieben. Bei einem Preis von dauerhaft über 50 Dollar sollte es sich für die meisten rentieren.

Ist damit die Strategie der Saudis gescheitert, über einen niedrig gehaltenen Ölpreis die US-Frackingunternehmen aus dem Markt zu drängen?
Jein. Die Schieferölindustrie hat das zwar ausgehalten, gleichzeitig aber ist die  Ölproduktion in China   wegen der niedrigen Preise massiv gesunken. Das hat den Saudis zusätzliche Marktanteile gebracht.  Man muss auch sagen, dass Saudi-Arabien die Strategie niedriger Preise nicht konsequent durchgehalten hat. Es gab immer wieder temporäre Teilanstiege.

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