




Wenn der Arbeitskreis Außen- und Sicherheitspolitik der CSU zu seinem Wehrtechnischen Kongress lädt, rechnen die Besucher aus der Rüstungsbranche mit prominenten Rednern, Klartext und neuen Einsichten. Beim jüngsten Treffen am vergangenen Freitag gab es auch einen militärischen Klassiker: taktische Nebelkerzen. Auf dem Treffen in Ottobrunn südlich von München ging es um eine der zentralen Fragen der deutschen Rüstungsindustrie: die Zukunft des Panzerbaus.
Große deutsche Rüstungskonzerne
Diehl Defence ist die Rüstungssparte des Nürnberger Diehl-Konzerns, stellt unter anderem Munition, Raketen und Ketten für Panzer her.
Umsatz 2013: 533 Millionen Euro
Der Handwaffenspezialist aus dem badischen Oberndorf fertigt unter anderem Pistolen, Sturm- und Präzisionsgewehre.
Umsatz 2013: 200 Millionen Euro
KMW in München baut etwa den Kampfpanzer „Leopard“, den Schützenpanzer „Puma“ oder die Panzerhaubitze „2000“
Umsatz 2013: 900 Millionen Euro
MTU Aero Engines ist ein Triebwerksbauer aus München, der auch für militärische Flugzeuge fertigt, etwa den Motor für den Eurofighter
Umsatz 2013 (Wehrgeschäft): 501 Millionen Euro
Rheinmetall Defence ist die Wehrsparte von Rheinmetall aus Düsseldorf und fertigt Panzer, aber auch Munition oder etwa Flugabwehrsysteme.
Umsatz 2013: 2,2 Milliarden Euro
ThyssenKrupp Marine Systems in Kiel baut U-Boote und Kriegsschiffe. Die Firma entstand aus Blohm+Voss und der Howaldtswerke-Deutsche Werft GmbH.
Umsatz 2012/13: 1,2 Milliarden Euro
Hier gab es gleich zwei Neuigkeiten, die auf den ersten Blick überraschen. Laut Presseberichten plädierte Bodo Garbe, einer der Vorstände von Rheinmetall, dafür, zuerst die deutschen Panzerbauer zusammenzuführen und den Panzerbau in Deutschland zu konsolidieren. Dadurch könne die Branche aus einer gestärkten Position in Verhandlungen gehen. Im Klartext: Statt wie geplant mit der französischen Nexter soll die Münchner Krauss-Maffei Wegmann (KMW) mit Rheinmetall zusammengehen.
Dazu prüft offenbar die Bundesregierung den Bau eines neuen Kampfpanzers, der quasi als Leopard III die heutigen Leopard-Streitwagen ablösen könnte. So aufregend das auch klingt, aus Sicht von Insidern ist das purer Theaterdonner.
Das ist der Rheinmetall-Konzern
Rheinmetall gilt mit einem Konzernumsatz von 4,7 Milliarden Euro 2014 als einer der größten deutschen Rüstungshersteller.
Im Zentrum stehen gepanzerte Fahrzeuge, Waffen wie die Kanone des weltweit begehrten Kampfpanzers Leopard, Munition und Flugabwehr-Schutzsysteme.
Der im MDax notierte Düsseldorfer Traditionskonzern beschäftigt 21.100 Menschen, davon rund 9200 in der Rüstung.
Da europaweit Verteidigungsbudgets gekürzt werden, bemüht sich das Unternehmen stark um Kunden im Mittleren Osten, Afrika, Asien und Australien. Großaufträge kamen ins jüngerer Zeit etwa aus Südafrika, Schweden und Malaysia. Seit Jahren liefert eine Rheinmetall-Gesellschaft auch Schutzkomponenten für eine gepanzerte Version der Mercedes-S-Klasse.
Am offensichtlichsten ist dies beim Bau eines neuen Kampfpanzers. Mögen auch viele in Berlin darüber diskutieren, in Wahrheit traut sich keiner heran. Das liegt nicht nur daran, dass Leopard und Co. praktisch nicht mehr gebraucht werden. In Zeiten von Terrorabwehr und asymmetrischer Kriegsführung sind andere Mittel erforderlich, als im Ost-West-Konflikt. Schon jeder Entwicklungsauftrag für ein Kettenfahrzeug ginge zu Lasten anderer Projekte, die Deutschland wesentlich dringender braucht. „Am Ende geht es wohl eher darum, für etwas Phantasie bei einer notleidenden Branche zu sorgen“, vermutet ein Insider.
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Kriegswaffenausfuhren in den Jahren 2004 bis 2013
Diese Übersicht zeigt die jährlichen Ausfuhren von Kriegswaffen (einschließlich der Bundeswehrabgaben) und deren Anteil am deutschen Gesamtexport seit 2004.
Quelle: Rüstungsexportbericht der Bundesregierung 2013, Stand Mai 2014
Gesamtwert in Mio. €: 1.129,1
Anteil in Prozent am deutschen Gesamtexport: 0,15
Gesamtwert in Mio. €: 1.629,7
Anteil in Prozent am deutschen Gesamtexport: 0,26
Gesamtwert in Mio. €: 1.374,2
Anteil in Prozent am deutschen Gesamtexport: 0,15
Gesamtwert in Mio. €: 1.510,1
Anteil in Prozent am deutschen Gesamtexport: 0,16
Gesamtwert in Mio. €: 1.427,2
Anteil in Prozent am deutschen Gesamtexport: 0,14
Gesamtwert in Mio. €: 1.338,8
Anteil in Prozent am deutschen Gesamtexport: 0,17
Gesamtwert in Mio. €: 2.119,0
Anteil in Prozent am deutschen Gesamtexport: 0,22
Gesamtwert in Mio. €: 1.284,7
Anteil in Prozent am deutschen Gesamtexport: 0,12
Gesamtwert in Mio. €: 946,0
Anteil in Prozent am deutschen Gesamtexport: 0,09
Gesamtwert in Mio. €: 933,2
Anteil in Prozent am deutschen Gesamtexport: 0,09
Eine etwas elegantere Ablenkung ist die Forderung nach einem kompletten Zusammengehen der beiden deutschen Panzerbauer Rheinmetall und KMW, die heute praktisch alle schweren Fahrzeuge der Bundeswehr bauen. Sicher, das ist derzeit nicht völlig unmöglich. Denn die lange vergifteten Beziehungen zwischen den Münchnern und Rheinländern haben sich entspannt. Nur eine Geschäftslogik gibt es dafür nicht. Denn am Ende will Rheinmetall aus dem allmählich schrumpfenden Bau der Boliden aussteigen. Stattdessen möchte der Konzern lieber in modernere und leichter exportierbare Dinge investieren - Elektronik, Munition und künftig auch Schiffe.
Doch dieser Ausstieg aus dem Panzer-Geschäft und der Ottobrunner Heiratsantrag stehen nicht im echten Widerspruch. Zwar will Rheinmetall die alte Welt der geschützten Fahrzeuge verlassen. Davor hätte es Konzernchef Armin Papperger aber doch ganz gern, wenn der Bereich noch möglichst viel Rendite auf das eingesetzte Kapital bringt. Das wäre freilich schwer, wenn KMW mit Nexter zu KANT fusioniert.
Dann könnte KMW entweder Rheinmetall bei der heutigen Kooperation unter Druck setzen oder gleich die bisher gemeinsam angebotenen Autos günstiger anbieten, indem sie die rheinische Technik durch französische oder neu entwickelte Technik ersetzt. Das wiederum wäre freilich in einem innerdeutschen Verbund unmöglich.
Nun glaubt am Ende keiner wirklich, dass es eine innerdeutsche Fusion gibt. Die Idee mag zwar bei den patriotisch gesinnten Besuchern des CSU-Arbeitskreises gut ankommen, weil es Deutschland noch eine Weile Jobs und eine stärkere Rolle in einer konsolidierten Branche sichert. Doch unter dem Strich bliebe das Plus in Grenzen.
Zum einen müsste Minister Gabriel seine Meinung ändern und würde damit das angespannte Verhältnis zu Frankreich weiter belasten. Zudem würde sich an der Misere des Panzergeschäfts nichts ändern. Denn auch durch eine Fusion kämen nicht mehr Aufträge zustande.