
Wenn Thomas Enders im Juni nach seiner Wahl zum EADS-Chef noch einen Herzenswunsch hatte, dann diesen: die Fusion seines deutsch-französisch-spanischen Unternehmens mit dem britischen Rüstungsriesen BAE Systems. Denn mit ihrem starken Rüstungs- und Servicegeschäft ergänzt BAE die Schwächen von EADS fast perfekt.
Nach fünfmonatigen Geheimgesprächen kam der Durchbruch zwischen Enders und BAE-Chef Ian King laut Insidern im Juli bei einem Sandwich-Lunch am Londoner City Airport. Wenn sich die Akteure so schnell einigen, wie es das britische Börsenrecht vorschreibt, entsteht am 10. Oktober der mit 72 Milliarden Euro Umsatz und 220 000 Beschäftigten größte Luftfahrtkonzern der Welt, deutlich vor dem alten Erzrivalen Boeing. Dank der Produktpalette vom Jagdflieger bis zu Panzern und Kriegsschiffen stößt der neue Gigant dann Lockheed Martin, die bisherige Nummer eins der Waffenbranche, vom Thron.
Doch was bringt die Fusion, außer der europäischen Version der US-Superwaffe Bazooka, auf Unternehmensebene? Antworten auf die zehn drängendsten Fragen.





Kann der Deal noch scheitern?
Rein formell müssen die Verwaltungsräte der beiden Unternehmen ebenso noch zustimmen wie die Regierungen der vier Heimatländer Deutschland, Frankreich, Spanien und Großbritannien. Dabei haben dem Vernehmen nach auch die wichtigsten Auftraggeber USA, Australien und Saudi-Arabien mitzureden. Doch weil die Unternehmen seit der Einigung im Juli bei den Regierungen und den bisherigen Großaktionären sondiert haben, rechnen Branchenkreise mit wenig Widerstand.
Ganz anders die freien Aktionäre. Sie halten bei EADS neben Daimler, dem französischen Verleger Lagardère sowie dem Staat gut die Hälfte der Anteile und die Minderheit der Stimmrechte. BAE hat keine Großaktionäre. Am Tag nachdem Enders und King den Deal bekanntgegeben haben, sackten die Aktienkurse beider Unternehmen deutlich ab. Die Fondsgesellschaft Invesvco, mit 13 Prozent der größte Aktionär von BAE, hat bereits erklärt, sie wolle erst die Details sehen.

Wie viel Kosten spart die Ehe?
Das Geschäft der Unternehmen überlappt sich so gut wie nicht. Deshalb bringt die Vereinigung nur wenig Synergien. Doch der gemeinsame Einkauf, gemeinsame Ausschreibungen und eine abgestimmte Forschung sollen mindestens 800 Millionen Euro pro Jahr an Kosten einsparen.
Wie funktioniert die Fusion?
Auch wenn der Unternehmensname und die Führung noch nicht feststehen, die wichtigsten Details sind klar. Technisch gesprochen ist die Fusion ein sogenannter Reverse Takeover, bei dem die kleinere BAE die größere EADS schluckt. BAE-Systems-Aktionäre werden später 40 Prozent an dem neuen Konzern halten, die EADS-Eigentümer 60 Prozent.
Geplant ist, dass beide Unternehmen nach dem Muster des Unilever-Konzerns unter dem Dach einer Holding als separate Einheiten weiter bestehen und ihre getrennten Börsennotierungen in London, Paris und Frankfurt behalten. Dabei wird wohl Enders Konzernchef, und ein Brite könnte den Verwaltungsrat leiten. Die Zivilsparte dürfte von Toulouse aus gelenkt werden und die Rüstungssparte aus London. Das ist üblich bei transnationalen Gesellschaften in Europa wie bei EADS selbst oder auch Unilever und Shell.
Etwas komplizierter wird die Ehe unterhalb der Leitungsebene. Denn alle Länder bestehen darauf, ihr geheimes Rüstungsgeschäft über ein Führungsgremium ohne Ausländer zu kontrollieren. Doch auch das gibt es bereits. So bleibt EADS-Chef Enders bei den geheimen französischen Militärprojekten wie den Atomraketen außen vor. Und das US-Geschäft von BAE leitet ein sogenanntes Proxy Board, in dem nur Amerikaner sitzen dürfen – ohne BAE-Chef King. Weil die Amerikaner jedoch den Briten mehr trauen als Deutschen und Franzosen, könnten Zentrifugalkräfte auftreten.