Rüstungsindustrie Australien will zu den größten Waffenexporteuren der Welt gehören

Deutschland erwägt Exportverbote, Australien investiert dagegen Milliarden in die Rüstungsindustrie. Wie das der Beziehung zum Nahen Osten hilft.

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Der US-Waffenhersteller Raytheon produziert unter anderem in Australien. Quelle: picture alliance/ASSOCIATED PRESS

Canberra Gewehre, Raketensteuersysteme, Kampffahrzeuge – solche Waffen sind nicht nur geeignet, um Feinde zu töten, sondern auch um Freunde zu gewinnen. Das ist die Meinung der australischen Regierung. Sie verfolgt den Plan, Australien zu einem der zehn größten waffenexportierenden Länder der Welt zu machen. Laut dem zuständigen Minister Christopher Pyne sollen Waffenexporte dazu genutzt werden, „Beziehungen zu zementieren“ mit Ländern in „unstabilen Regionen des Nahen Ostens“.

Steuergelder im Umfang von 3,8 Milliarden australischen Dollar (2,4 Milliarden Euro) sollen die vergleichsweise kleine Verteidigungsindustrie Australiens ankurbeln. In den Jahren 2012 bis 2016 war Australien nur gerade für 0,3 Prozent der weltweiten Waffenexporte verantwortlich. Mit Einnahmen von jährlich etwa 1,6 Milliarden US-Dollar stehe das Land auf Platz 20 unter den globalen Waffenexporteuren, so das International Peace Research Institute (SIPRI) in Stockholm. Über die Hälfte des verkauften Materials (52 Prozent) gingen in die Vereinigten Staaten, gefolgt von Indonesien (21 Prozent) und Oman (10 Prozent). Weitere Käufer australischer Waffensysteme sind Indien, Singapur, Japan, Jemen und Saudi-Arabien.

Australien pumpt seit einigen Jahren auch viel Geld in seine eigene Rüstung. Im vergangenen November erhielt die Bremer Lürssen-Werft einen Milliardenauftrag für den Bau einer Flotte von Patroullienbooten. Zuvor hatte Thyssen-Krupp einen Wettbewerb im Wert von 32,2 Milliarden Euro für den Bau von zwölf U-Booten an die französische DCNS verloren.

Die geplanten Exportsubventionen dürften in erster Linie in die Taschen der australischen Ableger internationaler Firmen fließen. So sind die auf Verteidigungstechnik und -technologie spezialisierten Unternehmen Thales (Frankreich), BAE (Großbritannien) und Raytheon (Vereinigte Staaten) in Australien mit Betriebsstätten vertreten. Eine weitere Gewinnerin soll die staatseigene australische ASC sein, sowie die westaustralische Schiffswerft Austral. Thales exportiert aus Australien Kampffahrzeuge, Munition und Kontrollsysteme. 

Raytheon verkauft vor allem Kampfsysteme für Schiffe. BAE ist im Geschäft mit autonomen und gesteuerten Waffensystemen tätig. Die 40 größten Unternehmen der Verteidigungsindustrie in Australien generierten 2016 einen Umsatz von knapp über zehn Milliarden australische Dollar (6,3 Milliarden Euro), ein Anstieg gegenüber dem Vorjahr von elf Prozent.

Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International kritisierten die Ankündigung. Sie fürchten, Australien werde weiterhin Länder mit Waffen beliefern, die eine fragwürdige Menschenrechtspraxis haben. Im Gegensatz zu einigen europäischen Ländern evaluiert Australien nicht, ob militärische Ausrüstung und Technologie, die für friedenserhaltende Zwecke verkauft wurden, auch wirklich so eingesetzt wird.

Obwohl Einzelheiten aus kommerziellen Gründen selten bekannt gegeben werden, liefert Australien immer wieder Waffen oder Waffensysteme an Länder, die wegen Menschenrechtsverletzungen am Pranger stehen. So sollen Berichten zufolge alleine in den letzten zwölf Monaten vier Exportbewilligungen für militärische Ausrüstung nach Saudi-Arabien bewilligt worden sein. Das Regime in Riad ist im Konflikt in Jemen führend, dem laut internationalen Organisationen in den letzten Monaten tausende von Zivilisten zum Opfer gefallen sind.

Kritiker zweifeln daran, dass Australien angesichts der großen Konkurrenz der Rüstungsindustrie in anderen Ländern seine Expansionspläne realisieren kann. Die Subventionen der Regierung würden keinen Sinn ergeben, sagt Andrew Davies vom Australian Strategic Policy Institute. Denn die Industrie habe keine Probleme, sich über den freien Markt zu finanzieren.

Der freizügige Umgang mit Steuergeldern steht im Widerspruch zur üblichen Subventionspolitik der konservativen Regierung von Premierminister Malcolm Turnbull. So weigert sich Canberra strikt, erneuerbare Energien zu subventionieren. Auch der Kauf der in Australien an Beliebtheit gewinnenden Elektrofahrzeuge wird nicht unterstützt. Im Gegenteil: Canberra prüft, E-Fahrzeuge zu besteuern, da sie keinen fossilen Treibstoff verbrauchen. Steuern machen ein Drittel bis ein Viertel des Preises für einen Liter Treibstoff aus.

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