Ruf nach privatem Kapital Industrie und Grüne: Klimaschutz geht nur mit Großinvestoren

Grüne und Industrie fordern bessere Bedingungen für Finanzinvestitionen zum Erreichen der Klimaziele. Es zeigt, wie sehr frühere Gegner Umgedacht haben. Quelle: dpa

Überraschender Appell: Industrievertreter und Grünen-Politiker verlangen bessere Bedingungen für Finanzinvestoren zum Erreichen der Klimaziele.

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Industrievertreter und Grünen-Politiker verlangen bessere Bedingungen für Finanzinvestoren zum Erreichen der deutschen Klimaziele. CEOs, Banker und Parteivertreter argumentieren gemeinsam, die Bundesregierung unterschätze, welch weitreichender Umbau der Wirtschaft dafür nötig sei. Nur auf Förderung durch den Staat zu setzen, führe nicht weit.

Der Vorstandschef von Airbus, Guillaume Faury, betont vor einem Treffen am Donnerstagabend mit Grünen-Bundestagsabgeordneten in Berlin, Investitionen in grundlegend neue Antriebe seien für die Flugzeugindustrie entscheidend. „Längerfristig wird nur eine neue Generation sauberer Technologien, einschließlich grüner Primärenergieträger, die Erwartungen der Gesellschaft erfüllen: die Dekarbonisierung unserer Industrie.“

Die Unternehmen würden von der Regierung nicht beachtet, kritisiert der Chef des parteinahen Unternehmerzirkels Grüner Wirtschaftsdialog (GWD), Thomas Gambke. „Ohne privates Kapital in großem Umfang werden die Industrieländer nicht in Richtung Klimaschutz umsteuern können“, sagt Gambke, der mehrere Unternehmen führte. „Wir brauchen bessere Bedingungen für Finanzinvestoren und mehr Sichtbarkeit für Unternehmen, die vorangehen mit neuer Technologie und anderer Produktion.“ Klimaschutz-Ratings für Unternehmen könnten zeigen, wo Investitionen lohnen.

Der gemeinsame Ruf nach privatem Kapital kommt für die Ökopartei unerwartet. Er zeigt allerdings, wie sehr frühere Gegner umgedacht haben. Industrie und Umweltlobby halten ein viel grundlegenderes Umsteuern der Wirtschaft für geboten als die Pläne der schwarz-roten Koalition zulassen.

Neben Faury haben sich etwa Vorstände vom Stahlhersteller ThyssenKrupp, Kreuzfahrtveranstalter Aida, Motorenbauer RollsRoyce und der Bank ING-Diba zum Wirtschaftsdialog angekündigt. Von den Grünen nehmen unter anderen die Wirtschaftspolitiker Cem Özdemir, Oliver Krischer und Danyal Bayaz teil. Der 2018 gegründete Zirkel GWD hat den Wirtschaftsrat der Union als Vorbild und will Politik und Unternehmen verbinden.

Die Koalition müsse die Finanzmärkte stärker für den Umbau nutzen und nachhaltige Investments (Sustainable Finance) attraktiv machen, verlangt Bank-Vorstand Bernd Geilen von der ING-DiBa. Der Vize-Vorstandschef argumentiert: „Sustainable Finance entwickelt sich im Bereich der institutionellen Investoren zu einem Top-Thema. Für Privatkunden stehen wir noch ganz am Anfang.“

Banken hätten enormen Einfluss, wie Häuser gebaut würden, sagt Geilen. Gebe es klare Vorgaben, welche Gebäude als klimaschonend gelten, würden Banken danach Kredite gewähren oder den Einbau erneuerbarer Energie fördern. Institutionelle Investoren wollten Geld in Ladenetzwerke oder Stromspeicher stecken, wüssten aber nicht, welchen Rahmen die Politik setzen wolle.

Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Franziska Brantner, erkennt in bisher zurückgehaltenen Klima-Großinvestitionen sogar Hilfe gegen einen Abschwung: „Wir stehen an der Schwelle zur Rezession und wir erreichen unsere Klimaziele nicht.“ Wenn jetzt Rahmenbedingungen gut gesetzt würden, „können wir zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen – investieren für eine starke Wirtschaft und eine CO2-freie Zukunft“.

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