Scheidender Henkel-Chef Kasper Rorsteds glänzende Bilanz

Bei der Hauptversammlung am Montag endet die Ära Kasper Rorsted – und es beginnt die Zukunft unter der Leitung von Hans Van Bylen. So glänzend wie die vergangenen Jahre ist der Ausblick aber nicht.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Henkel-Chef Kasper Rorsted hat am Montag seinen letzten Auftritt vor den Aktionären. Quelle: dpa

Es wird sein letzter Auftritt als Henkel-Chef sein: Am Montag sitzt Kasper Rorsted in der Stadthalle im Düsseldorfer Congress Centrum noch mit auf dem Podium bei der Hauptversammlung der Aktionäre des Herstellers von Persil, Pril, Schwarzkopf, Pattex und vielen anderen Konsumgütern und Klebstoffen. Dann übernimmt Kosmetik-Vorstand Hans Van Bylen das Ruder.

Beim börsennotierten Familienunternehmen stand Rorsted seit 11 Jahren in Lohn und Brot. Zunächst als Mitglied des Vorstandes, dann ab April 2008 als Vorstandsvorsitzender und Nachfolger von Ulrich Lehner.

Der 54-jährige Däne, der einst bei Hewlett-Packard und Compaq in der IT-Industrie arbeitete und als ehemaliger Jugendnationalspieler im Handball und glühender Fan von Bayern München jetzt zum Sportartikelkonzern Adidas nach Herzogenaurach wechselt, hat das Familienunternehmen auf Effizienz und Profit getrimmt. Mit ihm hat Henkel den lange kritisierten Abstand bei der operativen Rendite zu internationalen Konkurrenten wie Unilever oder L’Oreal verkürzt oder gar wettgemacht.

Kosmetikriesen: Henkel und Procter & Gamble im Vergleich

Vor seinem Amtsantritt machte Henkel den weitaus größten Teil seines Geschäfts in Europa. Heute werden 43 Prozent des Umsatzes in Wachstumsmärkten erzielt. Außerdem lichtete Rorsted den Markendschungel: Mit seinen zehn größten Marken erzielt Henkel heute 61 Prozent der Erlöse. Allein die Top 3 Persil, Schwarzkopf und der Klebstoff Loctite kommen auf fast sechs Milliarden Euro Umsatz.

Rorsted sollte als Externer alte Strukturen aufbrechen

Genau dafür war der ehemalige IT-Manager geholt worden: Rorsted kam seinerzeit als erster Henkel-Chef ohne Stallgeruch. So konnte er vergleichsweise unproblematisch alte Strukturen aufbrechen, Schulden abbauen und mit dem Blick von außen frischen Wind in den 140 Jahre alten Traditionskonzern bringen. Aus Sicht der Aktionäre und Investoren ist das gelungen. Der Aktienkurs hat sich seit seinem Amtsantritt mehr als verdreifacht. Sowohl auf Fünf-Jahres-Sicht als auch im Ein-Jahres-Zeitraum hat die Henkel-Aktie den Dax geschlagen.

Bei der Bilanzpressekonferenz vor wenigen Wochen ging dem scheidenden Henkel-Chef kaum mehr als ein „Ich bin sehr gerne hier gewesen“ über die Lippen. Rorsted ließ vielmehr die Zahlen sprechen und er meldet Rekord um Rekord: Mit knapp über 18 Milliarden Euro den höchsten Umsatz aller Zeiten. Mit 2,6 Milliarden Euro das höchste operative Ergebnis der Konzerngeschichte. 16,2 Prozent stehen als höchste Umsatzrendite aller Zeiten zu Buche. Ein höheres Wachstum als 11,4 Prozent je Aktie hat es vorher ebenfalls noch nicht gegeben und auch die Dividendenzahlung in voraussichtlicher Höhe von 1,47 Euro liegen auf Rekordniveau.

Nicht einfach wird es für Rorsted am Montag werden, über die aller Voraussicht nach nicht ganz zu erreichenden Mittelfristziele zu sprechen. Die Wachstumspläne – vor allem 10 Milliarden Euro Umsatz in den Schwellenländern, aber auch 20 Milliarden Euro Konzernumsatz am Ende dieses Jahres – dürften für seinen belgischen Nachfolger kaum zu schaffen sein.

Die Vergangenheit ist glänzend, der Ausblick nicht

Und eine große namhafte Übernahme hat Rorsted ebenfalls nicht vorzuweisen. Die Gelegenheit war zwar im vergangenen Jahr da. Doch beim Wella-Verkauf von Procter & Gamble an Coty ging Henkel zum zweiten Mal in der jüngeren Geschichte leer aus.

Schon bei der Vorlage der Bilanzkennzahlen vor wenigen Wochen wurde deutlich, dass die Vergangenheit bei Henkel zwar glänzt, wie nach einem Spülmaschinen-Waschgang mit Somat, doch die Zukunft möglicherweise nicht ganz so blitzsauber sein könnte. Beim Ausblick auf das laufende Geschäftsjahr jedenfalls schaltete Henkel schon mal vorsichtshalber einen Gang runter.

Der Vorstand rechnet im laufenden Jahr mit einem organischen Umsatzwachstum von zwei bis vier Prozent, in den vergangenen Jahr lag diese Spanne regelmäßig bei drei bis fünf Prozent. Für den Anstieg des bereinigten Ergebnisses je Vorzugsaktie wird eine vergleichsweise weite Spanne von acht bis elf Prozent angepeilt. Im vergangenen Jahr hatte Henkel etwa zehn Prozent Plus avisiert.

Neue Gesichter wird es auch im Aufsichtsrat geben. Prominenter Neuzugang dürfte Timotheus Höttges sein. Der Telekom-Chef steht zur Wahl und soll im Aufsichtsrat Béatrice Guillaume-Grabisch ablösen, die Vorstandschefin von Nestlé Deutschland. Zur Telekom hat Henkel schon lange intensive Beziehungen. Schon mehrfach waren ehemalige Vorstandsvorsitzende des Konsumgüterkonzerns Aufsichtsratsvorsitzende der Bonner. Helmut Sihler führte interimsweise sogar die Telekom als Vorstandschef nach dem Abgang von Ron Sommer. Aktuell hat Ulrich Lehner, Multi-Aufsichtsrat und Vorgänger von Rorsted bei Henkel, den Vorsitz des Kontrollgremiums der Telekom inne.

Die größten Konsumgüterhersteller der Welt
Größte Konsumgüterhersteller Quelle: dpa
Henkel Konsumgüterhersteller Quelle: dpa
L’Oreal Quelle: REUTERS
Mondelez Oreo Quelle: AP
Rang 8: Tyson Foods Quelle: REUTERS
AB InBev Beck's Quelle: AP
Coca-Cola-Company Quelle: REUTERS

Auch auf Seiten der Henkel-Familie, die in einem Aktienbindungsvertrag rund 61 Prozent der Henkel-Stimmrechte gepoolt hat und drei Aufsichtsratssitze hält, tut sich was in den Gremien. Boris Canessa wechselt aus dem Aufsichtsrat in den mächtigen Gesellschafterausschuss und löst dort Johann-Christoph Frey ab. Im Aufsichtsrat scheidet Ferdinand Groos aus und wird durch Benedikt-Richard Freiherr von Herman ersetzt.

An der Konzernspitze beginnt ab kommender Woche die Ära des Belgiers Hans Van Bylen, ein Henkelaner mit mehr als 30 Jahren Konzernzugehörigkeit und ein Jahr älter als sein Vorgänger. Der ehemalige Chef der Kosmetiksparte wird dann bei der Vorstellung der neuen Vier-Jahres-Strategie im November eine erste Duftmarke setzen können.

Zum Abschied von Kasper Rorsted wird es nur eine kleine interne Feier geben mit seinen engsten Mitarbeitern, Vorstandskollegen, Gremienmitgliedern und dem ein oder anderen Mitglied der Familie Henkel geben.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%