Schiedsgerichte Justitia verzieht sich ins Hinterzimmer

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K eine Alternative zu Schiedsklauseln in Verträgen

In der Praxis verlaufen Schiedsgerichte jedoch längst nicht immer reibungslos. Das lässt sich aus dem schließen, was aus manchem stillen Kämmerchen in London, Paris oder Genf nach draußen dringt.

Höchst geräuschvoll verläuft zum Beispiel der mehr als zweijährige Machtkampf zwischen der Führungsspitze des Düsseldorfer Handelskonzerns Metro und Erich Kellerhals, dem Mitbegründer der Konzerntochter Media Markt. Dem 73-Jährigen gehören zwar nur knapp 22 Prozent des Elektronikriesen, doch hatte er sich beim Einstieg von Metro umfangreiche Minderheitsrechte garantieren lassen. Die wollen die Düsseldorfer seit März 2011 durch die Installation eines Beirats aushebeln.

Worum sich Metro und Kellerhals streiten

Mehrfach tagte dazu ein Schiedsgericht in einem Besprechungszimmer des Münchner Luxushotels Bayerischer Hof. Im August 2012 fällte das Gremium schließlich eine Entscheidung, die Kellerhals’ Sonderrechte beschnitt. Gleichzeitig rief der Unterlegene das Oberlandesgericht (OLG) München an, das jedoch seine Klage zurückwies, weil die Causa tatsächlich Sache des Schiedsgerichts gewesen sei. Die Richter ließen eine Revision nicht zu. Kellerhals hat nun Beschwerde beim Bundesgerichtshof (BGH) eingelegt.

Dass ein Schiedsspruch im Nachhinein aufgehoben wird, ist selten. Noch seltener wird dies publik – wie im Fall des deutschen Anlagenbauers Gea. So verwarf der BGH im vergangenen Jahr eine Beschwerde des Düsseldorfer Unternehmens. Das hatte alles darangesetzt, einen zuvor vom OLG Frankfurt kassierten Schiedsspruch über eine Zahlung von 210 Millionen Euro an Gea wieder aufleben zu lassen. Der Schiedsspruch war zugunsten von Gea und zulasten des US-Automobilzulieferers Flex-n-Gate ergangen.

Beide Seiten hatten seit 2004 vor einem Schiedsgericht über den geplatzten Verkauf der Kunststoffsparte der Gea-Tochter Dynamit Nobel an Flex-n-Gate gestritten. 2010 erging der Schiedsspruch gegen Flex-n-Gate. Dagegen gingen die Amerikaner rechtlich vor und erreichten im Februar 2011 die Aufhebung. Das OLG Frankfurt befand, das Schiedsgericht habe sich nicht eng genug an einen zuvor von beiden Parteien festgelegten Ablauf des Verfahrens gehalten .

„Das Gea-Urteil hat innerhalb der Schiedsgerichtsszene Wellen geschlagen, weil viele der Auffassung sind, dass ein kleiner Verfahrensfehler, wie er von seiner Schwere her auch staatlichen Gerichten unterläuft, nicht für eine Aufhebung ausreichen sollte“, sagt Schiedsexperte Risse.

Trotz der negativen Erfahrung sieht Gea keine Alternative zu Schiedsklauseln in Verträgen. „Wir vertrauen den Entscheidungen von Schiedsgerichten weiterhin“, heißt es in der Konzernzentrale in Düsseldorf. Im konkreten Fall gegen Flex-n-Gate habe man zudem vor der DIS einen Antrag eingereicht, das Schiedsgerichtsverfahren neu aufzurollen.

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