




Als Österreichs Bundesregierung bei einem Frühstück im Sommer 2002 den Kauf von Eurofighter-Kampfjet beschloss, war das für den damaligen Bundeskanzler Wolfgang Schlüssel ein gutes Geschäft. Denn von den am Ende rund 1,7 Milliarden Euro Kaufpreis sollte nur ein Bruchteil am alpenländischen Steuerzahler hängen bleiben.
Dafür sorgen sollte kein finanzpolitisches Wunder, sondern ein Teil des Kaufvertrags. Das Eurofighterkonsortiums um die deutsch-französische EADS und die britische BAE-Systems hatten versprochen, das doppelte der 1,7 Milliarden als Gegengeschäft wieder in Österreich auszugeben. Laut Schlüssel sollte ein Drittel davon als Steuern an den Staat zurück fließen.
„Auch wenn keiner offen drüber redet, ähnliche Zusagen stehen seit Jahrzehnten in praktisch jedem Vertrag, der den Kauf von Waffen regelt“, sagt der Hamburger Luftfahrtexperte Heinrich Großbongart. Danach schreiben die Käufer detailliert vor, wo die Waffenlieferanten ihr Geld lassen müssen. Denn fallen die Gegengeschäfte zu klein aus, werden Strafzahlungen von bis zu 15 Prozent des geschuldeten Geldes fällig. Das überprüfen eigene Behörden. Kauft etwa Deutschland im Ausland Waffen, ist das Wirtschaftsministerium zuständig.
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Der Pannenflieger: Die Geschichte des Eurofighters
Franzosen, Deutsche und Briten planen einen gemeinsamen Kampfjet für die Neunzigerjahre.
Frankreich, Deutschland, Spanien, Großbritannien und Italien schließen ein Abkommen über den Bau von 800 Flugzeugen à 35 Millionen Euro, die als „Jäger 90“ ab 1995 fliegen sollen.
Frankreich scheidet aus dem Projekt aus.
Großbritannien und Deutschland übernehmen je ein Drittel, Italien 21 Prozent und Spanien 13 Prozent. Die Briten beauftragen BAE Systems, Italien den späteren Rüstungsriesen Finmeccanica, Deutschland und Spanien den heutigen EADS-Konzern.
Offizieller Auftrag zum Bau.
Nach Ende des Kalten Kriegs wollen die Regierungen ein einfacheres, preiswerteres Modell, das nun „Eurofighter 2000“ heißen soll.
Mai 1992 Der Prototyp ist fertig.
März 1994 Erfolgreicher Erstflug.
Österreichs Parlament beschließt den Kauf von 18 Exemplaren, der erste Export des Eurofighters.
Lieferung des ersten Jets.
Saudi-Arabien will bestellen. Die britische Antikorruptionsbehörde SFO untersucht Bestechungsvorwürfe. London stoppt die SFO „aus nationalem Interesse“.
Die Eurofighter-kritische SPÖ gewinnt die Parlamentswahl in Österreich. Im Oktober startet der Untersuchungsausschuss wegen möglicher Bestechungen und stellt die Arbeit 2007 ergebnislos ein.
Österreich storniert drei Maschinen und akzeptiert sechs gebrauchte Flugzeuge aus Deutschland. Im Juli Lieferung des ersten Jets.
Saudi-Arabien vereinbart mit Großbritannien den Kauf von 72 Maschinen.
Staatsanwälte in Italien und Österreich starten Ermittlungen nach Aussagen eines italienischen Geschäftsmanns zu Verbindungen zwischen EADS und einem Netz von Briefkastenfirmen.
Auch die deutschen Behörden ermitteln. Durchsuchungen bei EADS und Eurofighter in München.
Dabei sind auch skurrile Geschäfte keine Ausnahme. Vor zehn Jahren etwa sollte der wegen vieler Korruptionsfälle ins Gerede geratene Dienstleister Ferrostaal bei der Vermittlung von U-Booten nach Südafrika noch den Bau einer Kondomfabrik organisieren. BAE Systems musste in Südafrika ins Holzgeschäft einsteigen, um seine Pflicht zu erfüllen.
Wenn die Waffenhersteller allein nicht auf den geforderten Betrag kommen, holen sie sich Hilfe von anderen. Als Lockheed Martin 2004 beim Verkauf von Abfangjägern an Polen nicht genug lohnende Investments fand, überzeugte der Rüstungskonzern die Opel-Mutter General Motors eine Fabrik für den Familien-Van Zafira zu bauen.
Dabei übernehmen dann die Rüstungsunternehmen einen Teil der Kosten. Als jetzt im Rahmen des Eurofighter-Geschäfts in Österreich die Thyssen-Tochter HDW in der Alpenrepublik auf Bitten der EADS für ihre U-Bootwerften Kräne kaufte, bekam das Unternehmen laut Presseberichten eine Rückerstattung über knapp 400.0000.
Ein Ende der Praxis ist nicht abzusehen. Zwar will die EU die Gegengeschäfte mit Hilfe eines Code of Conduct genannten Rahmengesetzes eindämmen. Doch weil die zahl der Deals innerhalb Europas eher zurück geht, ist der Effekt begrenzt. Und für die besonders waffenhungrigen Schwellenländer sind die Geschäfte ein Teil der Wirtschaftsförderung und der beste Weg zu einer eignen Hightechbranche. So haben sich die Türkei und Indien inzwischen eine kleine Luftfahrtindustrie aufgebaut.