
31. August 2025: Die Eskalation
Dragoslav Pinto, Präsident des osteuropäischen Staates Krakosien, flüchtet nach seiner Niederlage gegen Nato-Truppen aus dem Land. Der Abgang des Alleinherrschers beendet blutige Monate, in denen er die baltischen Nachbarländer mit einer raffinierten Kette von Attacken unter Kontrolle bringen wollte – von Medienmanipulation und Aufhetzung von Minderheiten über Cyber- und Terrorangriffe bis zum Armee-Einmarsch.
Der fiktive Konflikt spiegelt wider, wie grundlegend sich die Kriegsführung in den nächsten Jahren wandeln wird. Galten bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen Industriestaaten bis vor wenigen Monaten als undenkbar, könnte sich schon in den nächsten Jahren bewahrheiten, was Holger Mey, Zukunftsforscher im Rüstungsgeschäft des Airbus-Konzerns, so zusammenfasst: „Der Krieg als organisierte, politisch motivierte Gewaltanwendung bleibt ebenso Realität wie die Aufgabe des Staates, sich und seine Bevölkerung davor zu schützen.“ Mit anderen Worten: Statt nach dem Ende des Kalten Kriegs eine Friedensdividende in Form niedrigerer Rüstungsanstrengungen zu kassieren, müssen alle westlichen Staaten mehr in ihren Schutz investieren.




Kriege werden einfacher durch die globale Vernetzung und billigere Angriffswaffen. Das Arsenal – von Propaganda und Destabilisierung eines Landes durch Wirtschaftsspionage über Angriffe mit Computerviren bis zu Drohnen – erlaubt eine neue Art der Aggression, von Fachleuten wegen der im Einzelnen oft unverdächtigen Bestandteile „hybrider Krieg“ genannt.
Angreifer können dabei anonym bleiben. Zudem ist hybrider Krieg so billig, dass ihn sich fast jeder leisten kann: Terroristen, Kriminelle und Diktatoren. Und er kann sich gegen fast jeden richten: gegen Staaten wie gegen Unternehmen.
Militärs wehren sich künftig mit raffinierten Überwachungssystemen, die mögliche Züge von Angreifern vorhersagen, sowie High-Tech-Waffen wie Lasern und Robotern. Ebenso wichtig ist eine neue, extrem widerstandsfähige Organisation von Staat und Unternehmen. Sie setzt nicht mehr auf eine verwundbare Zentralisierung, sondern von Telefon über Strom bis zur Wasserversorgung auf Netze unabhängiger Systeme, die kaum zu manipulieren sind.
Wie sich durch neue Waffen und Abwehrmethoden die Kriegsführung grundlegend verändert, zeigt die Eskalation des fiktiven Angriffs von Krakosien auf das Baltikum.
Serie "Wirtschaftswelten 2025"
Nichts wird bleiben, wie es ist. Das Internet verändert unsere Wirtschaft, unsere Gesellschaft, das ganze Leben. Datenanalyse ersetzt Bauchgefühl (Big Data), Brillen sprechen mit Autos (Internet der Dinge). Unternehmen müssen sich neu erfinden, Märkte bilden sich neu (informationsökonomische Revolution). Was bedeutet das für Arbeit, Mobilität, Geld, medizinische Versorgung? Und was wird aus uns? In der Kurztextgalerie finden Sie alle im Rahmen der Serie erschienenen Artikel.
Lange waren denkende Computer nur Science-Fiction. Nun aber beantworten die smarten Maschinen schon E-Mails, planen unseren Urlaub und arbeiten als Dolmetscher. Bald sind sie klüger als wir - und können jeden Job übernehmen. Hier geht es zum Artikel.
Viele Menschen fürchten, im Zuge der Digitalisierung von Maschinen ersetzt zu werden. Doch diese Angst trübt den Blick für die Vorteile neuer Technologien, schreibt
Maschinen lernen aus Daten, und zwar sehr schnell. Wie gut, dass wir ihnen etwas Entscheidendes voraushaben, meint Viktor Mayer-Schönberger.
Intelligente Roboter-Autos chauffieren uns schon in wenigen Jahren durch die Städte – und machen dabei auch den eigenen Wagen überflüssig, meint WirtschaftsWoche-Redakteur Jürgen Rees.
Künstliche Intelligenz zu verbieten, ist sinnlos. Doch wenn sie nicht eingeschränkt wird, wird sie uns nicht nur gewaltige Vorteile bringen - sondern auch gewaltige Nachteile, schreibt Gary Marcus.
Intelligente Maschinen werden die Arbeitswelt verändern. Es könnte zu Revolten kommen. Aber nicht durch die Maschinen - sondern durch jene Menschen, die von den Maschinen ersetzt wurden, warnt Patrick Ehlen.
Wir werden auch in Zukunft die Kontrolle über Maschinen behalten – falls wir uns klug und menschlich verhalten. Das ist möglich. Aber keinesfalls sicher, schreibt David Gelernter.
Ist das Ende 40.000-jähriger, durch den Homo sapiens sapiens dominierter Geschichte in Sicht? Selbstlernende künstliche neuronale Netze erledigen manche Aufgabe schon heute besser als Menschen.
Wichtige ethische Fragen sind bislang nicht nur unbeantwortet. Sie sind nicht einmal gestellt, mahnt Bernhard Rohleder.
Die Maschinen nähern sich einem Punkt, an dem es kein Zurück mehr gibt. Als speicherprogrammierte Rechner die ersten Befehle ausführen konnten, begannen die Maschinen die Kontrolle zu übernehmen, schreibt George Dyson.
Roboter könnten uns eines Tages als Arbeitskollegen oder Gefährten unterstützen, glaubt der Wissenschaftler Guy Hoffman. Aber wie viel Kontrolle wollen wir den Maschinen überlassen?
Globale Vernetzung und immer billigere Waffen machen Kriege erschwinglich für alle. Wie sich Kriegsführung und -abwehr verändern, beschreibt das fiktive Protokoll einer Attacke aus dem Jahr 2025.
Maschinen entscheiden, Werkstücke erteilen Befehle: Die digitale Fabrik verspricht die Annäherung an das Extrem einer Produktion ohne den Menschen. Die deutschen Unternehmen müssen aufpassen, dass die USA nicht vor ihnen in der Zukunft ankommen. Lesen Sie hier wie es um die Industrie 4.0 in Deutschland steht.
3. Mai 2025: Propaganda im Web
Dutzende Medien in Krakosien und den mit der Diktatur verbündeten arabischen Ländern rufen zu einem „heiligen Krieg“ gegen Europa auf. Im arabischen Internet gab es Berichte über die Unterdrückung der muslimischen krakosischen Minderheit im Baltikum. Die Bevölkerung kann das nicht prüfen: Seit 2018 sind die arabischen Gesellschaften vom World Wide Web getrennt. Und Krakosien kontrolliert die nicht staatlichen Seiten in der Landessprache.

Die digitale Revolution wird die Informationsbeschaffung im Web noch einmal komplexer gestalten. Das Nachrichtenangebot zersplittert, die Masse der Nutzer sucht im Internet vor allem Bestätigung für ihre Meinung, egal, ob sie der Wahrheit entspricht oder nicht. Daher werden Informationen ein so scharfes Schwert in der Kriegsführung wie nie zuvor. Als Wendepunkt gilt das Jahr 2014, als staatlich gelenkte russische Medien auf Geheiß von Staatschefs Wladimir Putin mit aggressiver Propaganda das Bild einer „faschistischen Junta“ in der Ukraine malten, die im Sinne der Amerikaner die Ukraine steuere.
Das brandmarkt Vordenker Josef Janning vom European Council on Foreign Relations (ECFR) als staatliche Aggression: Im Krieg des 21. Jahrhunderts gehe es zunächst weniger um die besten Waffensysteme als um die Manipulation von Meinungen. Dem haben westliche Länder wenig entgegenzusetzen, auch wenn die Regierungen Dokumente offenlegen und neutrale Medien unterstützen.