Siemens auf Wachstumskurs Kaesers Flotte nimmt weiter Fahrt auf

Siemens ist im abgelaufenen Quartal unerwartet stark gewachsen. Der Industriekonzern blickt nun ein wenig optimistischer auf das Gesamtjahr. Das gibt Siemens-Chef Joe Kaeser Rückenwind für seine Umbaupläne.

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Der Siemens-Chef bestätigt die Prognose für das Gesamtjahr. Quelle: dpa

München Siemens-Chef Joe Kaeser will aus dem lange Zeit eher schwerfälligen Tanker einen agilen Flottenverband machen. Bislang kommt die Transformation gut voran: In den vergangenen Monaten nahm die Siemens-Flotte weiter an Fahrt auf.

Der Umsatz wuchs im zweiten Quartal des Geschäftsjahres 2016/17 um sechs Prozent auf 20,2 Milliarden Euro. Auf vergleichbarer Basis war dies immerhin ein Plus von fünf Prozent. Das operative Ergebnis der Industriegeschäfte verbesserte sich um 18 Prozent auf 2,5 Milliarden Euro. Dies entsprach einer Umsatzrendite von 12,1 Prozent. „Wir haben wiederum eine starke Teamleistung gezeigt und uns erneut besser entwickelt als die Märkte“, sagte Konzernchef Joe Kaeser.

Das Umfeld hat sich für die gesamte Branche zuletzt aufgehellt. So vermeldete der Erzrivale General Electric für das Quartal einen Umsatz von 27,7 Milliarden Dollar. Bereinigt man die Zahlen um Währungs- und Portfolioeffekte, bedeutet dies laut GE ein organisches Wachstum von sieben Prozent. Analysten hatten im Schnitt nur mit einem Umsatz von 26,4 Milliarden Dollar gerechnet. Zum Vergleich: Bei Siemens lag das Wachstum von Januar bis März organisch bei fünf Prozent.

Auch der lange Jahre eher wachstumsschwache ABB-Konzern konnte ordentliche Zahlen vermelden. Zwar sanken die Erlöse auf Dollarbasis leicht auf 7,8 Milliarden Dollar. Bereinigt entsprach dies aber einem Zuwachs von drei Prozent. „Der Anspruch ist, nun weiter organisch zu wachsen“, kündigte ABB-Chef Ulrich Spiesshofer im Gespräch mit dem Handelsblatt. In einem vollen Geschäftsjahr war dies ABB zuletzt 2014 gelungen.

Noch wichtiger sind für die Infrastrukturanbieter die Auftragseingänge, also die Umsätze von morgen. Siemens verbuchte hier zwar auf vergleichbarer Basis nur einen Zuwachs von einem Prozent auf 22,6 Milliarden Euro. Allerdings entfiel auf den Vorjahreszeitraum unter andere, ein Großauftrag aus Ägypten von anteilig 3,1 Milliarden Euro.

Bei ABB waren die neuen Bestellungen auf Dollarbasis um neun Prozent auf 8,4 Milliarden Dollar gesunken. Auf vergleichbarer Basis blieb noch ein kleines Minus von drei Prozent. GE konnte die Auftragseingänge auf organischer Basis dagegen um sieben Prozent auf 25,7 Milliarden Dollar steigern. Vor allem das Service-Geschäft und die Digitalumsätze wuchsen deutlich.

Auch bei der Profitabilität machte Siemens in fast allen Geschäften Fortschritte. Nur die kriselnde Division Prozessindustrie und Antriebe, die unter den niedrigen Ölpreisen leidet, verfehlte die Renditevorgaben der Konzernführung. Der Nettogewinn stagnierte bei 1,5 Milliarden Euro. Siemens begründete dies unter anderem mit einer niedrigeren Steuerquote.


Lücke zur Konkurrenz geschlossen

Auch die Konkurrenten hatten die Ertragskraft gesteigert. So verbesserte sich bei ABB der Nettogewinn von 500 Millionen auf 724 Millionen Dollar. GE verbesserte das Nettoergebnis, das immer auch von Sonderfaktoren beeinflusst wird, von 228 auf 653 Millionen Dollar. Allerdings enttäuschten die Amerikaner beim Cashflow, der im Industriegeschäft mit einem Minus von 1,6 Milliarden Dollar negativ war. Laut Finanzvorstand Jeffrey Bornstein lagen einige Aufträge zeitlich ungünstig, das Geld wurde in den ersten drei Monaten noch nicht überwiesen.

Siemens-Chef Kaeser hatte vor knapp vier Jahren den Konzern mit dem Anspruch übernommen, die Lücke zu den besten Konkurrenten zu schließen. Er verschlankte die Strukturen, und übernahm den US-Kompressorenhersteller Dresser-Rand sowie weitere Softwarefirmen. Unter seiner Führung entwickelt sich Siemens stärker in Richtung einer Holding – was vor allem im Arbeitnehmerlager nicht ganz unumstritten ist. Die Medizintechniksparte soll unter dem Namen Healthineers an die Börse kommen.

Diesen Schritt hat das Windkraftgeschäft durch die Fusion mit der spanischen Gamesa bereits hinter sich. Auch für die Vorzeige-Division Digitale Fabrik brachte Kaeser einen Börsengang ins Gespräch. Die IG Metall warnte vor einer weitere „Zergliederung“ von Siemens – allerdings hatte der Aufsichtsrat die einzelnen Schritte bisher einvernehmlich mitgetragen.

In Konzernkreisen wird betont, Kaeser plane keinesfalls eine reine Finanzholding. Für jedes Geschäft werde einzeln geprüft, ob es besser in den Konzern integriert oder mit etwas mehr Freiraum ausgestattet wird. Die Mehrheit an der Windkraft hat Siemens behalten, auch bei den Healthineers ist das geplant.

Die im Januar angehobene Prognose für das Gesamtjahr bestätigte Siemens. Kaeser betonte bei Vorlage der Quartalszahlen, in der zweiten Hälfte des Geschäftsjahres stünden „eine sorgfältige Integration“ des frisch übernommenen US-Softwarespezialisten Mentor Graphics und der Start von Siemens-Gamesa im Mittelpunkt. „Gleichzeitig behalten wir unsere operative Leistungsfähigkeit genau im Auge, und es gibt noch viel zu tun.“

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