Siemens-Chef Joe Kaeser „Wenn Herr Herrenknecht auf seine Rente verzichtet, mache ich das auch“

Siemens-Chef Joe Kaeser Quelle: Sebastian Muth für WirtschaftsWoche

Sollten hochbezahlte Manager auf ihre Rente verzichten? Familienunternehmer Martin Herrenknecht tut das laut eigener Aussage. Siemens-Chef Joe Kaeser erklärt auf einer Veranstaltung der WirtschaftsWoche, dass auch er sich das vorstellen könne.

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„Soziale Verantwortung in bewegten Zeiten“ – so lautete das Motto einer Rede von Siemens-CEO Joe Kaeser. Er hielt sie auf dem diesjährigen Gipfeltreffen der Weltmarktführer in Schwäbisch Hall und machte dabei sicherlich vielen der versammelten Unternehmer Mut. Und zwar mit Sätzen wie: „In Deutschland gab es schon Gründer, als es im Silicon Valley nicht einmal Garagen gab.“ Oder: „Unsere industrielle Basis ist ein Schatz, um den uns im Grunde die ganze Welt beneidet.“

Nach der Rede erhielt Kaeser gar Standing Ovations. Das im Programm angekündigte Thema „soziale Verantwortung“ sollte allerdings erst im anschließenden Gespräch Kaesers mit WirtschaftsWoche-Chefredakteur Beat Balzli so richtig hochkochen. Nämlich als es um die Rente hochbezahlter Manager ging.

Auslöser dafür war ein deutscher Weltmarktführer: Das Familienunternehmen Herrenknecht aus der Gemeinde Schwanau in Baden-Württemberg – führendes Unternehmen in der Tunnelvortriebstechnik mit einem Umsatz von knapp 1,25 Milliarden Euro. Dessen Gründer und Vorstandsvorsitzender Martin Herrenknecht verriet kürzlich im Interview mit dem „Handelsblatt“: „Ich bin jetzt 76 Jahre alt und verzichte seit jeher auf meine gesetzliche Rente, weil ich sie nicht brauche.“ Wie hoch Herrenknechts gesetzliche Rente ausfallen würde? „Keine Ahnung. Ich habe keine beantragt und auch kein Kindergeld“, erklärte der Familienunternehmer.



„Schön wäre es halt, wenn dieses Geld direkt bei den unteren Lohngruppen ankommen würde und nicht irgendwo im Haushalt versickert“, ergänzte Herrenknecht. WiWo-Chefredakteur Balzli wollte auf der Bühne von Joe Kaeser wissen, ob Herrenknechts Verzicht nicht auch ein Vorbild für andere Manager wäre. Vielleicht sogar für Kaeser persönlich? „Wenn Herr Herrenknecht das macht, mache ich das auch“, antwortete der Siemens-Chef prompt.

Er kenne zwar die genaue Aussage des Familienunternehmers nicht, doch Herrenknecht selber kenne er schon lange und beschrieb ihn „als Urgestein des großen deutschen Mittelstands“. „Doch auch für Manager gilt, dass sie eine Altersabsicherung brauchen“, sagte der Siemens-Chef. Kaesers Gesamtvergütung lag im Siemens-Geschäftsjahr 2018 bei knapp sieben Millionen Euro. Bereits davon könnte sicherlich etwas zu dieser Absicherung beitragen. Oben drauf kommt der Versorgungsaufwand – also vor allem Pensionszusagen.

Arbeitnehmervertreter Reiner Hoffmann, Chef des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), gab sich gegenüber der WirschaftsWoche unbeeindruckt von den Aussagen Herrenknechts und Kaesers. „Der Verzicht auf die gesetzliche Rente ist reine Symbolik“, sagte Hoffmann. Vielmehr müssten sich die Vergütungsverträge für Vorstände ändern. „Überrascht wäre ich, wenn sich die Herren für einen höheren Spitzensteuersatz, eine Vermögenssteuer, eine Finanztransaktionssteuer und gerechtere Unternehmenssteuern in Europa und international einsetzen würden“, ergänzte Hoffmann. „Das wäre eine echt Einsicht.“

Beim DGB stößt man sich an einem anderen komfortablen Ruhestandspolster für Vermögende: der Betriebsrente. „Topmanager mit Millionengehältern“, sagte DGB-Chef Reiner Hoffmann jüngst in einem „Handelsblatt“-Interview, „können bitte schön selbst fürs Alter vorsorgen und brauchen nicht noch eine komfortable betriebliche Altersvorsorge.“

Hintergrund von Hoffmanns Aussage ist die Altersvorsorge von Daimler-Chef Dieter Zetsche, der im Mai in Rente geht. Anschließend wird Zetsche, wie zuvor bekannt wurde, 4200 Euro Betriebsrente erhalten – pro Tag. Im Jahr macht das 1,55 Millionen Euro. Hoffmann geißelte dies als „zutiefst ungerecht“.

Wie kaum ein anderer deutscher Manager hat sich Joe Kaeser in den vergangenen Jahren immer wieder zu politischen Diskussionen zu Wort gemeldet und sich auch gegen Ungerechtigkeit in der Bevölkerung stark gemacht. Das tat er auch in Schwäbisch Hall auf dem Gipfeltreffen der Weltmarktführer und plädierte für einen „inklusiven Kapitalismus“. Diesen Begriff hat Kaeser selbst geprägt: „Wenn wir wollen, dass Unternehmen gut verdienen und es eine Wirtschaftspolitik gibt, in der sich Leistung wieder lohnt, dann haben wir die Verantwortung für eine Umverteilung in Richtung derjenigen, die bei dieser Geschwindigkeit der Welt nicht mehr mitkommen“, sagte Kaeser.

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