




Der Elektrokonzern Siemens will mit einer kräftigen Aufstockung der Forschungs- und Entwicklungsausgaben und einem neuen Innovationsmanagement sein Wachstum ankurbeln. Konzernchef Joe Kaeser stellte am Dienstag in München eine umfassende Strategie vor, die auch einen Innovationsfonds für Mitarbeiterideen, neue Forschungszentren und eine Innovations-AG umfasst, die Startups auf die Sprünge helfen soll.
„Unser Unternehmen braucht gute Ideen – und wir werden die Voraussetzungen dafür schaffen, dass die Ideen unserer klugen Köpfe innerhalb und außerhalb unseres Unternehmens auch schnell und unkompliziert umgesetzt werden können“, erklärte Kaeser. Rund 4,8 Milliarden Euro wird das Unternehmen im laufenden Geschäftsjahr 2015/16 (30. September) in Forschung und Entwicklung stecken – das sind 300 Millionen Euro mehr als im Vorjahr.
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Siemens will sich entlang der Wertschöpfungsketten von Elektrifizierung, Automatisierung und Digitalisierung aufstellen. Chef Kaeser hat hierfür mehrere Wachstumsfelder mit Potenzial definiert, so etwa die Märkte für kleine Gasturbinen sowie Offshore-Windanlagen, intelligente Stromnetze, Produkte und Dienste rund um das Thema Industrie 4.0 aber auch der Markt für die Förderung von unkonventionellem Öl und Gas.
Das Sektorenkonzept wird zum Oktober komplett abgeschafft. Bisher hatten die Münchner ihr Geschäft in die Sektoren Healthcare, Energy, Industry und Infrastructure & Cities gegliedert. Künftig soll es, wie schon unter dem früheren CEO Heinrich v. Pierer, nur noch Geschäftseinheiten geben. Statt den bisher 16 Divisionen soll es nur noch 9 geben.
Das Healthcare-Geschäft wird in Zukunft eigenständig, also außerhalb der neun Divisionen geführt. Dies bedeutet, dass regionale Organisationsstrukturen
den Anforderungen des Gesundheitsmarktes angepasst werden können und nicht der Matrix der Konzernorganisation entsprechen müssen.
Das Unternehmen will seine Aktienprogramme für Mitarbeiter unterhalb der Senior-Managementebene erweitern und die Anzahl der Mitarbeiter-Aktionäre um mindestens 50 Prozent auf deutlich über 200.000 steigern. Hierzu stellt Siemens jährlich erfolgsabhängig bis zu 400 Millionen Euro zur Verfügung.
Mit der Bündelung der Divisionen und der Auflösung der Sektoren sollen Bürokratie abgebaut, Kosten gesenkt und Entscheidungen innerhalb des Unternehmens beschleunigt werden. Zudem sollen Querschnittsfunktionen wie das Personalwesen und die Kommunikation gestrafft und zentral geführt werden. Insgesamt will Kaeser so bis 2016 eine Milliarde Euro einsparen.
Hinzu kommt der Innovationsfonds von 100 Millionen Euro für Mitarbeiterideen. Mit der neuen Innovation AG will der Konzern findigen Köpfen Freiraum geben zum Experimentieren und Wachsen. Die Einheit soll ihnen beratend und fördernd zur Seite stehen und sich auch als Risikokapitalgeber für Geschäfts- oder Projektideen verstehen. Bereits bestehende Startup-Aktivitäten bei Siemens sollen damit ergänzt und zusammengefasst werden.
Auch neue Forschungszentren sind geplant, so in Garching bei München, wo auch der US-Rivale General Electric sein europäisches Forschungszentrum betreibt. Mehr als 100 Wissenschaftler von Siemens sollen dort Seite an Seite mit Forschern der Technischen Universität München arbeiten. Hinzu kommen mehr als 300 Forscher an Standorten in China, die an neuen Digitalisierungslösungen arbeiten sollen.
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„Die Zeit der Tüftler, die im stillen Kämmerlein Ideen für die Zukunft entwickeln, ist vorbei. Heute ist eine neue, offene Art der Zusammenarbeit bei der Entwicklung von Innovationen erforderlich“, erklärte Siemens-Technikvorstand Siegfried Russwurm. Zuletzt beschäftigte der Dax-Konzern gut 32.000 Menschen in der Forschung und Entwicklung, davon 13.500 in Deutschland.
Nach dem radikalen Konzernumbau werde 2016 ein Jahr der „Optimierung“, in dem sich Siemens nach vorne orientieren wolle, sagte Kaeser. Und Russwurm ergänzte: „Nur das Gleiche immer billiger anbieten wollen ist eine freudlose Aktivität.“ Als Beispiel für erfolgreiche Entwicklung verwiesen sie auf eine neue Technologie, die dazu dient, Strom aus Offshore-Windkraftanlagen über weite Strecken zu transportieren. Dazu hat Siemens von den Netzbetreibern Amprion und TransnetBW einen Auftrag über rund 900 Millionen Euro bekommen.