
Siemens baut sein Medizintechnikgeschäft Mitten in der Verselbstständigung um. Künftig werde das Segment in je sechs gleichberechtigte Geschäftsfelder und sechs Regionalorganisationen gegliedert, sagte Spartenchef Bernd Montag in einem Interview mit der Mitarbeiterzeitschrift, das Reuters vorliegt. Die Siemens-Medizintechnik wolle damit als Unternehmen im Unternehmen künftig neue Geschäfte erschließen. "Um für die Kunden der Zukunft relevant zu sein, brauchen wir auch ein breiteres Angebotsspektrum, das über unsere bisherigen Produkte hinausgeht – insbesondere neue Dienstleistungsangebote", sagte der Manager. "Deshalb haben wir drei Wachstumsfelder identifiziert: Therapie, molekulare Diagnostik und Services."
Siemens ist bislang vor allem mit Diagnosegeräten zur Bildgebung wie Röntgengeräten und Computertomographen sowie seit einigen Jahren mit Labordiagnostik am Markt. Im Bereich der Therapie hat der Konzern wenig im Angebot, ambitionierte Projekte wie etwa die Partikeltherapie erwiesen sich als Fehlschlag. Montag will nun mit der in Erlangen angesiedelten Medizintechnik einen neuen Vorstoß wagen.
Wie Siemens 2014 abgeschnitten hat
Umsatz: 71,9 Milliarden Euro (2013: 73,4 Milliarden Euro)
Gewinn nach Steuern: 5,5 Milliarden Euro (2013: 4,4 Milliarden Euro)
Operative Rendite: 10,3 Prozent
Nettorendite: 7,6 Prozent
Free Cashflow: 5,40 Milliarden Euro (2013: 5,38 Milliarden Euro)
Quelle: Geschäftsbericht 2014
Umsatz: 12,7 Milliarden Euro (2013: 14,0 Milliarden Euro)
Ergebnis: 2,2 Milliarden Euro (2013: 2,1 Milliarden Euro)
Rendite: 17,4 Prozent
Umsatz: 5,6 Milliarden Euro (2013: 5,4 Milliarden Euro)
Ergebnis: 0,006 Milliarden Euro (2013: 0,007 Milliarden Euro)
Rendite: 0,1 Prozent
Umsatz: 10,7 Milliarden Euro (2013: 11,7 Milliarden Euro)
Ergebnis: -0,09 Milliarden Euro (2013: -0,25 Milliarden Euro)
Rendite: -0,8 Prozent
Umsatz: 5,6 Milliarden Euro (2013: 5,8 Milliarden Euro)
Ergebnis: 0,51 Milliarden Euro (2013: 0,38 Milliarden Euro)
Rendite: 9,2 Prozent
Umsatz: 7,2 Milliarden Euro (2013: 5,8 Milliarden Euro)
Ergebnis: 0,53 Milliarden Euro (2013: -0,23 Milliarden Euro)
Rendite: 7,3 Prozent
Umsatz: 9,2 Milliarden Euro (2013: 9,0 Milliarden Euro)
Ergebnis: 1,7 Milliarden Euro (2013: 1,3 Milliarden Euro)
Rendite: 18,3 Prozent
Umsatz: 9,6 Milliarden Euro (2013: 9,8 Milliarden Euro)
Ergebnis: 0,77 Milliarden Euro (2013: 0,51 Milliarden Euro)
Rendite: 8,0 Prozent
Umsatz: 11,7 Milliarden Euro (2013: 12,0 Milliarden Euro)
Ergebnis: 2,1 Milliarden Euro (2013: 2,1 Milliarden Euro)
Rendite: 17,7 Prozent
"In der Therapie wollen wir unsere starke Position in der Radiologie und in den bildgebenden Techniken weiter ausbauen. Deshalb stärken wir unser bestehendes Portfolio und setzen auf strategische Partnerschaften." Hinzu sollen Beratungsdienstleistungen und Datenanalytik kommen. "Und bei der molekularen Diagnostik wollen wir unser Angebot an Tests erweitern", sagte Montag.
Konzernchef Joe Kaeser verselbstständigt die Medizintechnik derzeit als eigenständiges Unternehmen. Die Sparte mit 43.000 Mitarbeitern und einem Umsatz von knapp zwölf Milliarden Euro soll für große Investitionen sich ihr Geld künftig selbst auf dem Kapitalmarkt suchen soll. Es ist auch eine Option, einen Minderheitsanteil an der Medizintechnik an der Börse zu platzieren, um den Wandel hin zur molekularen Medizin zu stemmen. Experten gehen davon aus, dass sich Siemens mittelfristig mehrheitlich von der Sparte trennt.
Die neun Divisionen von Siemens
Produkte und Anwendungen: Gasturbinen, Dampfturbinen, Energiegewinnung aus Schiefergas
Umsatz 2014/2015: 13,2 Milliarden Euro
Ergebnis 2014/2015: 1,4 Milliarden Euro
Marge 2014/2015: 10,8 Prozent
Angestrebte Marge: 11-15 Prozent
Zuständigkeit im Vorstand: Lisa Davis
Produkte und Anwendungen: Windkraftanlagen
Umsatz 2014/2015: 5,7 Milliarden Euro
Ergebnis 2014/2015: 0,16 Milliarden Euro
Marge 2014/2015: 2,8 Prozent
Angestrebte Marge: 5-8 Prozent
Zuständigkeit im Vorstand: Lisa Davis
Produkte und Anwendungen: Stromübertragung, Kraftwerkssteuerung, Transformatoren
Umsatz 2014/2015: 11,9 Milliarden Euro
Ergebnis 2014/2015: 0,57 Milliarden Euro
Marge 2014/2015: 4,8 Prozent
Angestrebte Marge: 11-15 Prozent
Zuständigkeit im Vorstand: Lisa Davis
Produkte und Anwendungen: Gebäudesicherheit, Brandschutz, Gebäudeautomatisierung
Umsatz 2014/2015: 6,0 Milliarden Euro
Ergebnis 2014/2015: 0,553 Milliarden Euro
Marge 2014/2015: 9,2 Prozent
Angestrebte Marge: 8-11 Prozent
Zuständigkeit im Vorstand: Roland Busch
Produkte und Anwendungen: Software zur Steuerung von Fertigungsprozessen, Industrieroboter
Umsatz 2014/2015: 10,0 Milliarden Euro
Ergebnis 2014/2015: 1,7 Milliarden Euro
Marge 2014/2015: 17,5 Prozent
Angestrebte Marge: 14-20 Prozent
Zuständigkeit im Vorstand: Klaus Helmrich
Produkte und Anwendungen: Industrieautomatisierung
Umsatz 2014/2015: 9,9 Milliarden Euro
Ergebnis 2014/2015: 0,536 Milliarden Euro
Marge 2014/2015: 5,4 Prozent
Angestrebte Marge: 8-12 Prozent
Zuständigkeit im Vorstand: Klaus Helmrich
Produkte und Anwendungen: Hochgeschwindigkeitszüge, U-Bahnen, Straßenbahnen, Zugleitsysteme
Umsatz 2014/2015: 7,5 Milliarden Euro
Ergebnis 2014/2015: 0,588 Milliarden Euro
Marge 2014/2015: 7,8 Prozent
Angestrebte Marge: 6-9 Prozent
Zuständigkeit im Vorstand: Roland Busch
Produkte und Anwendungen: Finanzdienstleistungen
Angestrebte Marge: 15-20 Prozent
Zuständigkeit im Vorstand: Ralf Thomas
Produkte und Anwendungen: Ultraschall, Computertomografen, Magnetresonanztomografen, Labordiagnostik
Umsatz 2014/2015: 12,9 Milliarden Euro
Ergebnis 2014/2015: 2,2 Milliarden Euro
Marge 2014/2015: 16,9 Prozent
Angestrebte Marge: 15-19 Prozent
Zuständigkeit im Vorstand: Prof. Dr. Siegfried Russwurm
Montag sieht die Umorganisation in seinem Haus als Reaktion auf die sich verändernden Märkte für Medizintechnik. Die Konsolidierung führe zu immer größeren, internationalen Ketten oder Netzwerken von Gesundheitsversorgern. Zudem industrialisiere sich das Gesundheitswesen immer stärker. Und das Gesundheitsmanagement werde immer umfassender. "Dabei geht es immer weniger um die Behandlung kranker Patienten, sondern immer mehr um die Vermeidung von Erkrankungen von Patienten- und Risikogruppen sowie um eine rasche Rehabilitation." Die Konkurrenz schlafe nicht, Siemens habe aber als größter Anbieter von Medizininfrastruktur gute Ausgangschancen.