Siemens-Quartalszahlen Kommt bald die nächste Stufe des Konzernumbaus?

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Ist die Marke Siemens in Gefahr?

Kaeser selbst hatte die Spekulationen rund um einen losen Holdingverbund in einem Interview der Wirtschaftszeitung „Euro am Sonntag“ im Februar angeheizt. Investoren würden es sehr schätzen, nicht nur in einen breit aufgestellten Mischkonzern zu investieren, sondern auch gezielter in einzelne Siemens-Geschäfte, sagte der Siemens-Lenker damals. Vor allem mit Blick auf die Zeit nach 2025 müsse man sich Gedanken machen, wie groß und wie breit aufgestellt ein Unternehmen künftig noch sein müsse, um erfolgreich zu sein. „Heute sind wir ein einzelner Tanker, wir müssen zu einem koordinierten und leistungsfähigen Flottenverband werden.“

Wie weit die Gedankenspiele bereits gediehen sind, ist zwar unklar. Schon jetzt aber sorgen sie für reichlich Unruhe in der Belegschaft. Der integrierte Stammhaus-Konzern müsse bleiben, forderten Gesamtbetriebsratschefin Birgit Steinborn und IG-Metall-Vorstand Jürgen Kerner damals in einer Betriebsräte-Info. „Den Konzern weiter zu zergliedern, würde die Marke Siemens und das Unternehmen gefährden“, hieß es darin.

Die wichtigsten Antworten zur möglichen Zug-Fusion

Dahinter stehen auch Sorgen um die Mitbestimmung bei Siemens. Beunruhigt waren die Arbeitnehmervertreter unter anderem von Kaesers Überlegungen, die ertragreiche Medizintechnik mit Namen „Healthineers“ in den USA an die Börse zu bringen. Ihre Befürchtung: Das Unternehmen würde künftig aus den USA heraus gesteuert, am bisherigen Sitz der Medizintechnik in Erlangen verbliebe nur eine GmbH – und die Mitbestimmung wäre ausgehöhlt. Aus ähnlichen Gründen machen Beschäftigte und IG Metall auch Front gegen eine Fusion des Industriegase-Anbieters Linde mit dem US-Konzern Praxair.

Ein Beispiel: Das Geschäft mit mechanischen Antrieben – eine der Baustellen des Konzerns – wird eigenständig, um schneller auf den harten Preisdruck und aufkommende Konkurrenz aus Asien reagieren zu können. Wer nicht vor jeder Entscheidung in München anrufen muss, kann agiler am Markt auftreten, so Kaesers Kalkül.

Von wichtigen Investoren bekommt er Lob für seine Strategie. „Die Börse liebt keine Konglomerate, wir Investoren lieben klare Geschäftsmodelle“, sagt Fondsmanager Christoph Niesel von Union Investment. Er kann sich deshalb gut vorstellen, dass die Zugsparte, ähnlich wie zuvor auch schon das Windkraftgeschäft von Siemens, in ein Joint Venture eingebracht wird und Siemens damit wieder ein Stück flexibler wird.

Über kurz oder lang, so ist Niesel überzeugt, wird aus dem noch immer breit aufgestellten Dax-Konzern – von Gasturbinen und fossilen Kraftwerken über die Antriebstechnik bis hin zu Bahn- und Gebäudetechnik – ein auf Technologie, Digitalisierung und Software fokussiertes Unternehmen. Deshalb glaubt Niesel auch nicht, dass an Mutmaßungen um eine Abspaltung der digitalen Fabrik etwas dran ist. Gerade dieses zukunftsträchtige Geschäft dürfte der Kern des neuen Siemens sein, ist der Fondsmanager überzeugt.

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