Siemens setzt auf Big Data „Wir haben keine Angst vor Google“

Joe Kaeser krempelt Siemens um. Außer der Umstrukturierung der Bereiche will er verstärkt mit digitalen Daten Geschäfte machen. In der Cloud macht er damit auch Suchmaschinengigant Google Konkurrenz.

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Daten in der Wolke? Siemens will Unternehmenskunden für die Cloud gewinnen. Quelle: Getty Images

Düsseldorf/Berlin „Haben wir Angst vor Google?“, fragt Joe Kaeser. „Nein, aber wir haben Respekt“, antwortet der Siemens-Chef sich selbst. Kaeser richtet den großen deutschen Industriekonzern neu aus. Die vier Sektoren des Unternehmens werden aufgelöst, Hierarchien umgekrempelt, das ist seit Dienstagabend klar. Bei der Vorstellung der neuen Konzernstrategie in der Berliner Mosaikhalle am Mittwoch aber wird deutlich: Kaeser setzt voll auf das Geschäft mit der Digitalisierung – und auf die Cloud für Unternehmen.

Es ist eine Warnung, die Kaeser in der historischen Zentrale in Berlin-Siemensstadt äußert, an Google und an den US-Erzrivalen General Electric (GE), mit dem sich Siemens derzeit im heißen Kampf um die Übernahme des französischen Unternehmens Alstom befindet. Das Energiegeschäft soll künftig sogar aus der Heimat von GE geführt werden.

Ungewöhnlich ernst präsentiert sich Kaeser in Berlin. Der Manager will Siemens schneller, unbürokratischer und fokussierter machen. Dabei will er mit seinen Vorstandskollegen vorangehen: Kaeser spricht von „ganzheitlicher Führung“ und „ganzheitlichem Management“, es werde „klare Verantwortungen und klare Ziele“ geben. Der Siemens-Chef will dem Unternehmen eine neue Kultur und Werte geben. Mehr Mitarbeiter sollen Aktionäre werden. Außerdem wolle man es „für Kunden wieder einfacher machen, Geschäfte mit uns zu tätigen“. All das soll einen Sinn haben: „Ich persönlich stehe Ihnen dafür gerade, dass die nachfolgende Generation ein besseres Unternehmen weiterführen kann“, sagt Kaeser.

Doch am Mittwoch geht es nicht nur um die Kultur, über die der Niederbayer Kaeser das Münchener Unternehmen definieren will. Es geht vor allem auch um die Strategie und die Geschäftsbereiche, von denen sich der Vorstandschef Wachstum verspricht. Elektrifizierung, Automatisierung, Digitalisierung: Das sind die Stichwörter Kaesers, wenn es um Wachstum geht. Die drei Bereiche bauen bei ihm aufeinander auf, von der Digitalisierung der Welt verspricht sich Kaeser dabei die größten Zuwachsraten.

„Wir werden die Chancen der Digitalisierung (...) ergreifen können und auch ergreifen“, sagt Kaeser. Dazu bündelt Siemens die digitalen Aktivitäten – laut dem Vorstandschef als weltweit erstes Unternehmen. Dahinter stehe die Frage, wie man aus den enormen Datenmengen der Unternehmen Wachstum generieren und ein Geschäftsfeld machen könne.


Bei Alstom lässt sich Siemens Zeit

Die Daten würden in Siemens-Maschinen, bei Siemens-Kunden, bereits anfallen, so Kaeser. Man müsse sie bloß auswerten und nutzbar machen. „Jede große Siemens-Turbine enthält 1500 Sensoren – und jede hat etwas zu sagen.“ Man habe keine Angst vor Cloud-Konkurrenten Google, „weil wir nämlich schon da sind“.

Wie das Cloud-Geschäft allerdings in der Praxis funktionieren soll, dazu liefert Blessing keine detaillierten Fakten. Eigene Datenbanken wolle man jedenfalls nicht aufbauen, dabei wolle man mit Partnern zusammenarbeiten. In der Cloud sei Siemens bereits aktiv: Das Geschäft unterscheide sich wesentlich von dem mit Privatkunden, man wisse, wie sensible Unternehmensdaten geschützt würden.

Zur aktuellen größten Baustelle des Industriekonzerns gibt es am Mittwoch wenig zu vermelden. Im Übernahmekampf mit GE um den französischen Konkurrenten Alstom will man sich Zeit lassen und nach vier Wochen der Einsicht in die Bücher über ein Angebot entscheiden. Man werde in Paris nicht nach dem Gladiatoren-Prinzip vorgehen und nur ein Angebot vorlegen, „wenn wir das bekommen, was wir wollen“.

Zudem kommentiert Kaeser in Berlin das, was seit Dienstagabend bekannt ist. Die Hörgeräte-Sparte soll an die Börse, die Medizintechnik wird ein „Unternehmen im Unternehmen“ – ein Gang des Geschäfts aufs Parkett soll kein Thema sein. Von Rolls-Royce kauft Siemens für 950 Millionen Euro das Energiegasturbinen- und Kompressorgeschäft, mit Mitsubishi bilden die Münchener ein Gemeinschaftsunternehmen für die Metallindustrie.

Lisa Davis löst Michael Süß als Vorstand der Energiesparte ab und leitet das Geschäft künftig von Florida aus, was neue Möglichkeiten in Nordamerika und auch in Sachen Fracking eröffnen sollen.

Ob das nun ein historischer Tag sei, wird Kaeser noch gefragt. „Ich werde den 7. Mai 2014 im Jahr 2020 bewerten – und bis dahin richtig hart arbeiten“, sagt er.

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