Siemens und Gamesa So will Joe Kaeser das Windgeschäft auf Vordermann bringen

Das Windgeschäft galt lange als Sorgenkind im Siemens-Reich. Mit einer etwas komplizierten Fusion will Konzern-Chef Joe Kaeser das ändern.

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Mit der Fusion mit Gamesa würde Siemens zum größten Windkraftanlagen-Anbieter der Welt. Quelle: dpa

Joe Kaeser neigt nicht unbedingt zur Euphorie. Doch angesichts seines jüngsten Schachzugs kann der Siemens-Chef und frühere Finanzvorstand des Konzerns seine Begeisterung kaum zügeln. Von einem „starken Champion“, einem „führenden Global Player“ und einer „bestmöglichen strategischen Paarung in der Windkraftindustrie“ spricht Kaeser mit Blick auf die Fusion zwischen Gamesa, einem Hersteller von Windkraftanlagen aus dem spanischen Bilbao, und der Siemens-Windsparte.

Und tatsächlich: Auf den ersten Blick ist das Geschäft so etwas wie der perfekte Deal. Siemens ist Weltmarktführer bei Windkraftanlagen zur Stromerzeugung auf hoher See und vor allem in Europa und Nordamerika gut im Geschäft.

Gamesa dagegen ist führend bei so genannten Onshore-Anlagen zum Betrieb an Land und stark vertreten in Lateinamerika und Asien. „Eine Top-Aufstellung“, nennt Christoph Niesel das neue Gemeinschaftsunternehmen denn auch. Niesel ist Portfoliomanager der Fondsgesellschaft Union Investment in Frankfurt.

Was alles einmal zu Siemens gehörte
Joe Kaeser Quelle: dpa
Wolfgang Dehen Quelle: dpa
Kaffee tropft aus einem Kaffee-Vollautomaten in eine Tasse Quelle: dapd
Gigaset-Telefone Quelle: dapd
Stopp-Schild vor einem Gebäude mit dem Benq-Logo Quelle: AP
Schild Nokia Siemens Networks Quelle: dpa
Infineon-Fabrik Quelle: REUTERS

Größter Anbieter von Windkraftanlagen der Welt

Durch die Fusion schaffen Deutsche und Spanier den mit Abstand größten Anbieter von Windkraftanlagen der Welt. „Das Windgeschäft boomt nach wie vor“, sagt Niesel, „doch angesichts des harten Wettbewerbs ist Größe heute alles.“ Den bisherigen Marktführern Goldwind aus China und Vestas aus Dänemark, aber auch dem kleineren Anbieter GE, dürfte angesichts des neuen Konkurrenten künftig eisiger Wind ins Gesicht wehen.

Etwa 17 Prozent des Siemens-Umsatzes sorgten für gar keinen oder zu wenig Gewinn, hatte Kaeser bei seinem Antritt als Konzernchef vor fast drei Jahren ausgerechnet und rasche Abhilfe versprochen. Mit dem Gamesa-Deal zeige Kaeser, dass er Wort hält, sagt Niesel. Die Fusion, glaubt er, werde schon im kommenden Geschäftsjahr, das im Oktober beginnt, für einen höheren Konzerngewinn sorgen.

Deutsches Windgeschäft wenig ertragsreich

Das Windgeschäft galt bis vor kurzem als eines der Sorgenkinder des Siemens-Reiches. Zwar hat Kaeser es geschafft, die jahrelange Pannenserie abzustellen, die in der Vergangenheit immer wieder zu Verzögerungen beim Anschluss von Nordsee-Windparks und damit zu hohen Abschreibungen in der Bilanz geführt hatte.

Auch betreibt Siemens in Jütland in Dänemark heute eine hoch moderne Fertigung für Windkraftanlagen. Wie auf einem Fließband werden dort die halbfertigen Anlagen von einer Arbeitsstation zur nächsten gezogen. Dazu kommt: Die Münchner haben bei der Fertigung nach dem Vorbild der Autoindustrie schon vor Jahren eine Plattformstrategie eingeführt. Die ermöglicht eine höhere Effizienz und mehr Flexibilität bei der Modellplanung.

Doch im Vergleich zum neuen Partner aus Bilbao ist das Windgeschäft der Deutschen sehr ertragsschwach. Auf eine Umsatzrendite von gerade Mal 5,7 Prozent kommt Siemens, bei den Spaniern ist sie zweistellig.

Investoren wie Union-Investment-Mann Niesel sorgen sich trotz aller Vorteile des Zusammenschlusses um die komplizierte Struktur des neuen Gemeinschaftsunternehmens, an dem Siemens 59 Prozent und die Spanier 41 Prozent halten und das auf einen Umsatz von 9,3 Milliarden Euro kommt. Sitz des Unternehmens mit rund 21000 Mitarbeitern soll Spanien sein. Gesteuert werden die Aktivitäten aber künftig aus drei Zentralen: das Offshore-Geschäft aus Hamburg und dem dänischen Vejle, das Onshore-Geschäft aus Spanien.

Anleger machen Druck

„Für die erste Zeit geht das in Ordnung“, sagt Niesel, „im Laufe der kommenden Quartale muss Siemens aber noch mal schauen, wie die Arbeitsteilung in Zukunft genau aussehen soll.“ Dann müssten im Zuge der Integration auch bei der Konzernsteuerung Aktivitäten zusammengezogen werden. Niesel: „Es kann ja nicht sein, dass das neue Unternehmen drei Administrationen hat, die drei Mal Kosten produzieren.“ Zustände wie bei Airbus seien das. Kaeser kontert, es handle sich bei der Zusammenführung der beiden Unternehmen um bestehende Einheiten, die erfolgreich operierten und klare Verantwortlichkeiten hätten.

Doch die Anleger machen Druck. Sie wollen schnell die Synergien sehen, die Kaeser mit dem deutsch-spanischen Deal verspricht. Der Siemens-Chef rechnet insgesamt mit Synergieeffekten in Höhe von 230 Millionen Euro beim Ebita.

Auch darum will Niesel die komplizierte Struktur zur Steuerung der Konzernaktivitäten schon bei nächsten Treffen mit dem Siemens-Management ansprechen: „Darüber muss dringend geredet werden.“

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