Siemens und VW US-Richter knöpfen sich Mitarbeiter deutscher Unternehmen vor

Die US-Justiz gibt sich hart gegenüber Mitarbeitern deutscher Unternehmen, wie Fälle von Siemens und VW zeigen. Auch dann, wenn sie geständig sind.

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US-Richter knöpfen sich Mitarbeiter deutscher Unternehmen vor Quelle: dpa

New York Seit fast 17 Jahren arbeitet Eberhard Reichert nicht mehr bei Siemens, sechs Jahre lang versteckte er sich vor der amerikanischen Justiz. Doch im vergangenen September verhaftete ihn die Polizei in Kroatien und lieferte ihn an die USA aus.

Dort wirft ihm die Staatsanwaltschaft in New York vor, zusammen mit sieben anderen Top-Managern von Siemens mit insgesamt 100 Millionen Dollar argentinische Behörden geschmiert zu haben. Ihr Ziel war demnach, an einen lukrativen Auftrag im Wert von insgesamt einer Milliarde Dollar zu kommen: das Anfertigen von Identifikationskarten für die Bürger.

Reichert hatte fast vier Jahrzehnte beim deutschen Mischkonzern gearbeitet, leitete den IT-Dienstleister Siemens Business Services mit Sitz in München. Bereits 2015 bekannte sich der ehemalige Finanzvorstand der Gruppe, Andres Truppel, für schuldig.

Reichert bekannte sich dazu, zwischen 1996 und 2001 getürkte Rechnungen und Verträge angefertigt zu haben, um von Siemens das Geld für die Bestechungen zu bekommen. Das scheint sich im Jahr 1998 ausgezahlt zu haben, als das deutsche Unternehmen den Zuschlag erhielt. „Ich wusste, dass mein Verhalten falsch und nicht legal war“, sagte der 78-jährige Reichert vor Gericht in New York. „Es war der größte Fehler in meinem Leben und ich bereue es zutiefst.“

In der Anklage kommen einige interessante Details zum Vorschein. Als die argentinische Regierung wechselte, zahlten die Siemens-Manager den neuen Machthabern ebenfalls Geld.

Noch mehr zahlten sie, als nach einer Klage von Siemens die Argentinier damit drohten, die Sache auffliegen zu lassen. 2008 bekannte sich Siemens schuldig, zahlte insgesamt 1,6 Milliarden Dollar, um die Sache in den USA und Deutschland aus der Welt zu schaffen.

Mit dem Eingeständnis erkauft sich Reichert mildernde Umstände. Er darf nach Zahlung einer Kaution aus dem Gefängnis raus und nach Deutschland reisen.

Weiter angeklagt sind die ehemaligen Siemens-Mitarbeiter Uriel Sharef, Herbert Steffen, Ulrich Bock, Stephan Signer, Carlos Sergi und Miguel Czysch, die alle außerhalb der USA leben.

„Das heutige Schuldeingeständnis sollte allen eine Warnung sein“, sagte der New Yorker Staatsanwalt Geoffrey Berman. „Wir verfolgen korrupte Kriminelle und bringen sie vor Gericht, unabhängig davon, wie lange sie auch versuchen, sich dem Gesetz zu entziehen.“

Reichert ist nicht der einzige Mitarbeiter eines deutschen Unternehmens, der ins Visier der US-Justiz geraten ist. Im Zuge des Abgasskandals wurde dem ehemaligen VW-Manager Oliver Schmidt ebenfalls der Urlaub zum Verhängnis. Acht Beamte nahmen Schmidt auf einer Toilette am Flughafen in Miami fest. Er stand kurz vor seinem Rückflug aus Florida.

Schmidt saß fast ein Jahr lang in Untersuchungshaft, bevor ein Richter ihn zu sieben Jahren Haft und einer Geldstrafe von 400.000 Dollar verurteilte – fünf Jahre Haft für Verschwörung zum Betrug sowie weitere zwei Jahre für den Verstoß gegen das Umweltrecht.

Über seine Zeit im Gefängnis sagte er später: „Die letzten elf Monate hinter Gittern in den Vereinigten Staaten waren die schwierigste Zeit in meinem Leben.“

Der gleiche Richter verurteilte zuvor bereits den VW-Ingenieur James Liang wegen seiner Rolle im Abgasskandal. Zwar traf es ihn nicht so hart wie Schmidt, Liang bekam 40 Monate Haft und eine Geldbuße von 200.000 Dollar, doch von Gnade kann dabei keine Rede sein. Die Strafe war höher als die Staatsanwälte gefordert hatten.

Nach Schmidt und Liang geht die Suche nach Verantwortlichen des VW-Skandals in den USA weiter. Von „fünf weiteren VW-Managern“ sprach das Gericht bei der Urteilsverkündung von Schmidt. Doch die würden sich vermutlich in Deutschland befinden, hieß es weiter.

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