
Der 8. November ist ein grauer Tag in Berlin. Immer wieder jagen Regenschauer über die Hauptstadt. Im Gasturbinenwerk von Siemens in Moabit verkünden Konzernchef Peter Löscher und sein Finanzvorstand Joe Kaeser am Morgen die Bilanz für das abgelaufene Geschäftsjahr, dazu ein umfangreiches Sparprogramm – keine guten Nachrichten.
Sodann nimmt das Schauspiel seinen Lauf. Kaeser ergreift sofort die Rolle des humorigen Charmeurs. Sein frisch abrasierter Schnauzbart, witzelt er, symbolisiere eine Art Neuanfang für Siemens. Jedenfalls sei die Zeit der „tief hängenden Früchte“ vorbei, die zunächst auch jemand von außen habe leicht pflücken können – eine Spitze gegen Löscher.
Der kommentiert, wenige Meter von Kaeser entfernt, leise und fast unsicher das Zahlenwerk. Der Chef von mehr als 400.000 Mitarbeitern fremdelt, wirkt steif. Trotz seiner 1,94 Meter steht er fast verloren da – im Schatten seines frischen Finanzlers.
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Chef der Mann von außen
Eigentlich müsste der 55-jährige Österreicher, der kürzlich einen weiteren Fünf-Jahres-Vertrag als Vorstandschef des deutschen Traditionskonzerns erhalten hat, in die Offensive gehen. Denn für Siemens ist der eigene Chef der Mann von außen – und der verschworene Siemensianer-Orden macht ihn immer mehr zum Außenseiter.
Stattdessen taucht Löscher ab und provoziert damit handfeste Zweifel, ob ihn eigentlich seine bisherigen Leistungen für das nächste halbe Jahrzehnt an der Konzernspitze prädestinieren.
Für erste Analysten ist der Konzernchef bereits angezählt. „Als Löscher 2007 bei Siemens anfing, hat er beteuert, verlässlich zu liefern – bisher ein leeres Versprechen“, sagt Heinz Steffen von Fairesearch in Frankfurt. „Er hat seine zweite Amtszeit im Juli 2012 angetreten, und wir rechnen nicht damit, dass er sie zu Ende bringt.“