Sinochem und ChemChina Chinas neuer Riese setzt BASF unter Druck

In China sollen sich Sinochem und ChemChina zum größten Chemiekonzern der Welt vereinigen. Damit würden sie BASF als Weltmarktführer und „Königin der Chemie“ vom Thron stoßen.

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ChemChina geht offenbar mit Sinochem zusammen. Quelle: REUTERS

In der Chemiebranche bahnt sich offenbar die nächste Mega-Fusion an. Der chinesische Sinochem-Konzern plant einem Bericht der „Financial Times“ zufolge im kommenden Jahr einen Zusammenschluss mit dem heimischen Wettbewerber ChemChina.

Mit der Fusion der beiden staatlich kontrollierten Firmen würde das weltgrößte Chemieunternehmen mit einem Umsatz von rund 100 Milliarden Dollar geschaffen, ein Gigant für Gummi, Reifen, Dünger und Pestizide. Zusammen würden Sinochem und ChemChina selbst den bisherigen Weltmarktführer BASF mit rund 60 Milliarden Euro Umsatz weit hinter sich lassen.

Den Ludwigshafener Konzern setzt das unter Druck: In der Chemiebranche ist Marktführerschaft extrem wichtig. Wer die Angebotsmacht hat, gerät nicht so leicht unter Preisdruck und kann außerdem seine Kapazitäten besser auslassen und Investitionen besser planen. Bei BASF ist es deshalb erklärtes Ziel, dass jeder Teilbereich zu den ersten drei Anbietern in seinem Markt gehören soll.

BASF setzt auf das Verbundprinzip, der Konzern will möglichst alle Chemikalien der Prozesskette selbst herstellen. Deshalb fördert BASF mit der Tochter Wintershall noch selbst Öl, das dann etwa zu Ethylen verarbeitet wird, woraus später Plastik entsteht. Außerdem setzen die Ludwigshafener auf Chemikalien, die im Bau oder in der Autoindustrie benötigt werden, und auf die Agrarchemie.

Der neue China-Riese braucht keine 15 Prozent Marge – BASF schon

Damit hat BASF zwar nur einige Überschneidung mit dem neuen chinesischen Riesen. Doch Sinochem und ChemChina stehen nicht nur für einen neuen Wettbewerber, sondern für eine neue Ära in der Chemieproduktion: Nicht nur in Asien, auch auf der arabischen Halbinsel oder in Russland entstehen neue Konkurrenten. Und sie holen auf, auch was das Fachwissen angeht. Dass Spezialprodukte nur die westlichen Chemieunternehmen in guter Qualität herstellen können, stimmt schon längst nicht mehr.

Zweifel an der finanziellen Schlagkraft von ChemChina

Im Gegensatz zu BASF und Co. brauchen die Chinesen auch keine 15 Prozent Marge, um ihre Aktionäre zufrieden zu stellen. Laut dem Fünf-Jahres-Plan freut sich die chinesische Regierung auch schon über fünf Prozent Marge. Für BASF, die selbst wichtige Standort in China haben und mit asiatischen Kunden mehr als 12 Milliarden Euro Umsatz machen, könnte das zum Problem werden, wenn asiatische Auftraggeber lieber zu einheimischen Konzernen umschwenken.

Treibende Kraft hinter der Fusion von Sinochem und ChemChina ist die chinesische Regierung, erklärten mehrere Banker der "Financial Times" zufolge. Die Regierung will sich mit den neuen Mega-Konzernen mehr Einfluss auf den Märkten sichern. So fusionierten auf Initiative der Regierung hin auch die beiden Zughersteller CNR und CSR. Und auch die Schifffahrtskonzerne Cosco und China Shipping haben sich im letzten Jahr zusammengeschlossen.

Im Fall von ChemChina und Sinochem dürfte jedoch auch noch ein anderer Faktor eine Rolle gespielt haben: Die chinesischen Behörden wollten sicherstellen, dass ChemChina über ausreichend Finanzkraft verfüge, um sich die Schweizer Syngenta einzuverleiben.

ChemChina will den Pflanzenschutz- und Saatgut-Produzenten für 43 Milliarden Dollar schlucken. Die größte Auslandsübernahme eines chinesischen Unternehmens soll am 7. Juni vollzogen werden.

Zweifel an der finanziellen Schlagkraft von ChemChina machen schon länger die Runde. Im vergangenen Jahr hieß es in einer chinesischen Publikation, dass bei der Refinanzierung der Syngenta-Übernahme eine milliardengroße Lücke klaffe. Die könnte durch die Finanzmittel von Sinochem gestopft werden. Zu dem Konzerngebilde zählt neben der Chemie auch eine Finanz- und eine Immobiliensparte.

Die Nachrichtenagentur Reuters hatte bereits im Oktober berichtet, dass Sinochem und ChemChina eine Fusion sondierten. Sinochem und auch Syngenta hatten das aber zurückgewiesen. Nach der Veröffentlichung des „Financial Times“-Berichts am Dienstag legten die Sinochem-Aktien 3,9 Prozent zu.

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