SMA Solar Ein Lichtblick im Reich der Sonnenfinsternis

Deutschlands Solarindustrie liegt am Boden. Eine nicht enden wollende Blutspur zieht sich durch die einstige Hoffnungsbranche. Einzig ein Konzern stemmt sich erfolgreich gegen die Krise: SMA Solar.

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In der darbenden Solarbranche gibt es aber auch einen Lichtblick: SMA Solar. Quelle: dpa

Frankfurt Mit Sand und Sonne Millionen verdienen: Dem schönen Traum steht längst eine bittere Realität gegenüber. Die deutsche Solarindustrie kämpft ums Überleben. Als noch beinahe unbegrenzt Geld aus den staatlichen Förderquellen sprudelte, eilte die Industrie von Rekord zu Rekord. Doch seit dem Ende der überhöhten Subventionen vor fünf Jahren, geht es nur noch bergab. 2015 ist der heimische Photovoltaikmarkt vollends zusammengebrochen.

Wurden in den Boomjahren um 2010 hierzulande noch Solaranlagen mit einer Leistung von bis zu acht Gigawatt pro Jahr neu ans Stromnetz angeschlossen, sind es nach Berechnungen der Marktforschungsfirma Trendresearch heute nur noch 1,4 Gigawatt. Das entspricht gerade einmal der Leistung eines mittelgroßen Atomkraftwerks. Insolvenzen und Beinahepleiten von Unternehmen wie Q-Cells, Solarworld, Sunways, Solon oder Conergy prägen mittlerweile das Bild der einstigen Hoffnungsbranche.

Eine Blutspur durchzieht die Industrie. Rund 84.000 Arbeitsplätze gingen in den vergangenen Jahren in Deutschland verloren. Heute sind in der Bundesrepublik nur noch 49.000 Menschen im Bereich Photovoltaik beschäftigt. In der darbenden Branche gibt es aber auch einen Lichtblick: SMA Solar. Der weltweit führende Hersteller von Wechselrichtern, dem elektronischen Herzstück von Solaranlagen, stemmt sich mit zunehmendem Erfolg gegen die Krise. Der nordhessische TecDax-Konzern hat nach zwei Jahren mit zum Teil tiefroten Zahlen, 2015 den Turnaround geschafft und glänzt wieder mit einem guten Geschäftsergebnis.

Im vergangenen Jahr erwirtschaftete SMA einen Umsatz von rund einer Milliarde Euro. Das ist ein Plus von 24 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Nach fast 180 Millionen Euro Verlust 2014, meldet das Unternehmen aus Niestetal bei Kassel für 2015 einen Gewinn in der Höhe von 14,3 Millionen Euro. Die Schulden schrumpfen, die Nettoliquidität steigt und die Eigenkapitalquote kletterte auf mehr als 49 Prozent.

„Das ist ein wahnsinniger Erfolg“, frohlockte Pierre-Pascal Urbon bei der Präsentation der SMA-Bilanz am Mittwoch in Frankfurt. Der Vorstandsvorsitzende des Solarkonzerns avanciert zum Liebling der Anleger. Die Aktie von SMA zählte im vergangenen Jahr mit einem Kursanstieg von 238 Prozent bereits zu den absoluten Gewinnern. Jetzt will Urbon den SMA-Eigentümern noch eine Dividende von 0,14 Euro je Aktie ausschütten.

Die Basis für die geglückte Restrukturierung von SMA bildet ein hartes Sparprogramm. Denn auch der TecDax-Konzern wurde durch den rapiden Einbruch des deutschen Solarmarkts von mehr als 80 Prozent und die starke Konkurrenz aus Fernost arg gebeutelt. 1400 Mitarbeiter mussten deswegen im vergangenen Jahr gehen. Etwa ein Drittel davon im Bereich Forschung und Entwicklung. Der Vorstand wurde von fünf auf drei Personen verkleinert.

Konzern-Boss Urbon krempelte den ganzen Konzern um und schraubte sukzessive den Auslandsanteil in die Höhe. Machte SMA 2010 noch fast 60 Prozent seines Umsatzes in Deutschland, sind es heute nicht einmal mehr 13 Prozent.

In den SMA-Werken wurden schrittweise Produktplattformen nach dem Vorbild der Autoindustrie eingeführt. Das Ziel: weniger Komponenten und damit geringere Kosten. Statt 45 Bauteilen hat der neueste kompakte Wechselrichter von SMA, der den Solarstrom vom Dach in Wechselstrom für die Steckdose umwandelt, nur noch 15 Bauteile.

Durch den gemeinsamen Einkauf mit dem dänischen Wärme- und Kältetechnik-Spezialisten Danfoss, der mit 20 Prozent an SMA beteiligt ist, spart SMA jährlich einen zweistelligen Millionenbetrag ein. Die Fixkosten wurden unter anderem dadurch um mehr als 150 Millionen Euro gesenkt.

Dieses Jahr will SMA beim Umsatz die Milliardenmarke knacken. Der Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) soll von aktuell 34 Millionen Euro auf bis zu 120 Millionen Euro steigen. Die Rahmenbedingungen dafür sind günstig.


SMA Solar liefert spezielle Technik an Autobauer Tesla

Das Analysehaus IHS Technology prognostiziert alleine für dieses Jahr ein weltweites Wachstum bei neu errichteten Photovoltaikanlagen von rund 14 Prozent. Wurden bereits 2015 Solaranlagen mit einer Leistung von 58,8 Gigawatt neu errichtet, sollen es dieses Jahr schon 68,7 Gigawatt sein. Im Schnitt prophezeit IHS Technology der Solarbranche bis 2019 ein Wachstum von sieben Prozent pro Jahr.

SMA-Boss Urbon ist pessimistischer: „Prognosen für unseren Markt sind so gut wie unmöglich“, sagt er. Der Manager geht in diesem Jahr eher von einem globalen Solaranlagen-Zubau von „60 Gigawatt“ aus. Der Grund: Die Solarindustrie hängt noch immer von staatlichen Förderungen. Je nach Spendierlaune der Regierungen boomen Märkte oder brechen von heute auf morgen zusammen. Runter geht es derzeit in Großbritannien, rauf etwa in den USA.

Zum Problem für SMA könnte der harte Wettbewerb unter den Wechselrichterherstellern werden. „Der Preisdruck bleibt enorm hoch“, sagt Sven Diermeier dem Handelsblatt. Der Analyst von Independent Research erwartet aufgrund des Konkurrenzkampfes in den nächsten beiden Jahren bei den Wechselrichterpreisen „jährlich ein Minus von circa 15 Prozent im globalen Durchschnitt“.

„Wir arbeiten weiter an Innovationen, um diesem Preisdruck standzuhalten“, sagt SMA-Boss Urbon. Der Manager sieht „eine Konsolidierung in der Branche“. Er will den TecDax-Konzern unabhängiger von den schwankenden Märkten und dem harten Wettbewerb machen und SMA vom reinen Produzenten von Wechselrichtern hin zu einem Anbieter von kompletten Energielösungen wandeln.

„Die Zukunft sehen wir in datenbasierten Geschäftsmodellen“, erklärt Urbon. Während die reine Stromerzeugung künftig kaum noch Profite abwerfen dürfte, werde es immer wichtiger Solarstrom in komplexe Systeme integrieren zu können. Konkrete Anwendungsfelder hat Urbon bereits ausgemacht: Batteriespeicher, Elektromobilität, Wärmepumpen, Smart-Home und netzstabilisierende Dienstleistungen. In allen Bereichen setzt Urbon auf Kooperationen.

Einige Allianzen hat SMA Solar bereits gebildet. Seit März liefert das Unternehmen für Teslas Powerwall eine spezielle Technik, die dabei hilft den Batteriespeicher des US-Automobilkonzerns laden und entladen zu können. Das Besondere: Bestehende Solaranlagen, die mit Teslas Akku gekoppelt sind, müssen nicht extra umgerüstet werden.

Bei Wärmepumpen kooperiert SMA mit Anbietern wie Viessmann oder Vaillant, um eine Brücke zwischen Solarstrom und Wärme zu schaffen. Und dem Übertragungsnetzbetreiber Tennet verkauft SMA Daten, die der Konzern auf Basis der bestehenden Solaranlagen in Deutschland erhebt. Der Clou für Tennet: Der Netzbetreiber sieht in Echtzeit, wie viel Strom Privatpersonen mit ihren Solaranlagen ins Netz einspeisen und wie hoch ihr Verbrauch ist. Die Daten helfen Tennet Engpässe und Überlastungen im Stromnetz besser absehen und so vermeiden zu können.

„Wir sehen hier großes Wachstumspotenzial“, sagt Urbon. Noch steuern die Bereiche aber kaum etwas zum Umsatz von SMA bei. Vorstandschef Urbon ist dennoch überzeugt, die richtigen Produkte für die künftige Energiewelt parat zu haben: „Der Weg hin zu einer dezentralen Energieversorgung ist geebnet.“

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