Solarworld Der Sonnenkönig bleibt Verlustkaiser

Die Ausgangslage könnte kaum besser sein. Doch Frank Asbeck, Gründer und Chef des Solarmodulherstellers Solarworld, schafft es einfach nicht, sein Unternehmen aus der Verlustzone zu führen. Die Zahlen bleiben tiefrot.

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Der Solarwold-Chef hatte seinen Anlegern schwarze Zahlen versprochen. Quelle: Christoph Papsch

Düsseldorf Frank Asbeck war mäßig gelaunt. Draußen regnete es ohne Pause und drinnen, in seinem Bonner Büro direkt am Rhein, musste sich der Solarpionier unangenehmen Fragen gefallen lassen. Wann seine Firma, der Solarmodulhersteller Solarworld, denn endlich wieder Gewinne schreiben werde, wollte das Handelsblatt im Sommer 2015 wissen. „Wir werden Ende des Jahres ein positives Ergebnis vor Steuern und Zinsen (Ebit) ausweisen“, erklärte Asbeck damals selbstbewusst. Nachsatz: „Das ist tatsächlich der Turnaround.“ Und: „Wir schaffen es.“

Ein halbes Jahr später präsentierte Asbeck dann reumütig statt einer schwarzen Null ein Minus beim Ebit von 4,2 Millionen Euro für das abgelaufene Geschäftsjahr. Er hatte sein Versprechen gebrochen. 2016 soll aber nun endlich die Wende bringen.

Allein: Solarworld schreibt schon wieder Verluste. Von Januar bis Ende März summierte sich das Minus auf fast zehn Millionen Euro. Damit fällt das Ergebnis im ersten Quartal sogar noch um zwei Millionen Euro schlechter aus als im Vorjahreszeitraum.

„Dass sich der Verlust zum Vorjahr ausweitet, das kommt doch sehr unerwartet“, sagte Arash Roshan Zamir dem Handelsblatt. Und auch die Begründung des Konzerns stellt den Analysten von Warburg Research vor ein Rätsel. Solarworld verweist auf ein schlechteres Währungsergebnis.

„Ich vermisse hier eine genaue Angabe, welcher Währung für den vermeintlichen Wechselkursverlust verantwortlich sein soll.“ Es gehe um den Dollar, erklärte ein Solarworld-Sprecher auf Handelsblatt-Anfrage. Roshan Zamir verwirrt das nur noch mehr: „Der Dollar kann es eigentlich nicht sein“, sagt der Analyst. „Der Dollarkurs ist ja weiterhin positiv für europäische Unternehmen.“ Roshan Zamir kann sich den negativen Effekt nur dadurch erklären, dass das Euro-Dollar-Verhältnis gegebenenfalls zu bestimmten Stichtagen schlechter ausgefallen ist.

Solarworld hat die Quartalsergebnisse bis jetzt nur per Ad-hoc-Mitteilung veröffentlicht. Aus der kurzen Mitteilung lassen sich aber keine detaillierten Rückschlüsse auf das Zustandekommen des abermaligen Verlusts ziehen. Klar ist aber, dass die Rahmenbedingungen für Solarworld eigentlich nicht besser sein könnten.

Denn Solarenergie boomt. Die Branche steht vor einem neuen Goldrausch. Das Analysehaus IHS Technology prognostiziert alleine für dieses Jahr ein weltweites Wachstum bei neu errichteten Photovoltaikanlagen von rund 14 Prozent. Wurden bereits 2015 Solaranlagen mit einer Leistung von 58,8 Gigawatt neu errichtet, sollen es dieses Jahr schon 68,7 Gigawatt sein. Im Schnitt prophezeit IHS Technology der Solarbranche bis 2019 ein Wachstum von sieben Prozent pro Jahr. Noch besser ist die Lage in den USA, dem wichtigsten Markt für Solarworld.


Aus den USA droht weiter Ungemach

Ende 2015 wurden in den Vereinigten Staaten die Regelungen zu Steuererleichterungen von anfangs bis zu 30 Prozent auf Solar- und Windenergieanlagen entgegen allen Erwartungen um weitere fünf Jahre verlängert. Solarworld erwirtschaftet mehr als die Hälfte seines Umsatzes in den USA. Der Konzern profitiert also überproportional von den Fördermaßnahmen. Das zeigt sich auch bei den Geschäftszahlen – etwa im Absatz.

Solarworld konnte die konzernweite Absatzmenge im Vergleich zum Vorjahr um 62 Prozent steigern. Der Umsatz kletterte um fast 30 Prozent auf 212,6 Millionen Euro im ersten Quartal. Dennoch kommt der Konzern seit 2011 nicht aus der Verlustzone. Anleger beunruhigt aber noch etwas anderes: ein existenzbedrohender Rechtsstreit.

Der Siliziumlieferant Hemlock Semiconductor verklagt Solarworld wegen nicht eingehaltener Verträge in den USA auf rund 800 Millionen Dollar Schadensersatz. Im Falle einer Niederlage vor Gericht bestehen für Solarworld negative Auswirkungen „bis hin zur Bestandsgefährdung“, wie es im Geschäftsbericht des Unternehmens dazu heißt.

Und die Gefahr, dass der Bonner Konzern die seit Jahren andauernde Auseinandersetzung mit dem Rohstofflieferanten tatsächlich verliert, ist zuletzt deutlich gestiegen. Im März beantragte Hemlock beim Gericht ein beschleunigtes Verfahren. Eine Entscheidung könnte damit schon Anfang Juni fallen. Zuvor hatte das Gericht in Michigan bereits das Kernargument von Solarworlds Verteidigung kassiert. Der Solarmodulhersteller darf sich demnach nicht auf das europäische Kartellrecht berufen.

Frank Asbeck hält die Verträge für nichtig, da das US-amerikanische Recht vorsehe, dass bei Dumping „vertragliche Verpflichtungen auf dem betroffenen Markt nicht mehr durchgesetzt werden dürfen. Und es gebe eindeutig „illegale Dumpingaktivität chinesischer Photovoltaik-Hersteller auf dem US-Markt“. Solarworld hat allerdings keinerlei Rückstellungen für die „ungünstigen Verträge gebildet“. Die Schadensersatzforderungen von Hemlock übersteigen die liquiden Mittel von Solarworld (rund 183 Millionen Euro) um ein Vielfaches.

Solarworld galt einst als deutsches Vorzeigeunternehmen. Zur Hochphase des Photovoltaikbooms war die Firma rund 4,6 Milliarden Euro an der Börse wert. Heute hat Solarworld nur mehr eine Marktkapitalisierung von rund 120 Millionen Euro – was auch an dem ungeklärten Rechtsstreit mit Hemlock liegt.

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