Sparen statt investieren Warum Innogy-Chef Peter Terium gehen muss

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Terium ist Opfer der eigenen Energiewende

Terium ist an einem sehr eigenwilligen Konstrukt gescheitert: Der Chef des Mutterkonzerns RWE, Rolf Martin Schmitz, so war es vereinbart, musste seinem Ex-Vize bei RWE in dessen neuer Position bei Innogy völlige Selbstständigkeit im operativen Geschäft zusichern. Von „chinese walls“ zwischen den beiden Unternehmenschefs war die Rede in Essen. Nun hält RWE allerdings die Mehrheit an der Tochter und ist von den Gewinnen und Dividenden der grünen Tochter abhängig.

RWE hat kein Zukunftsmodell – die Braunkohle läuft über kurz oder lang aus. Die Atomkraftwerke, die wie die Kohle- und Gaskraftwerke bei RWE sind, müssen abgerissen, die Braunkohletagebauten rekultiviert werden. Das alles kostet RWE Milliarden. Dazu pochen die kommunalen RWE-Aktionäre auf ihre Dividenden, um ihre klammen Haushalte zu stopfen. Gemocht hatten die den Niederländer Terium sowieso nie.

Terium ist Opfer seiner eigenen Energiewende geworden. Für ihn war klar: Innogy muss seine Marktposition ausbauen und mit gezielten Investitionen wachsen – etwa in den USA. Dort wollte Terium Anfang 2018 in Onshore-Windparks investieren. Im Silicon Valley investiert er außerdem einen dreistelligen Millionenbetrag in Start-ups, damit Innogy ja nicht den nächsten Trend verpasst.

Aufsichtsratschef Brandt war das offenbar alles viel zu riskant. Brandt verlässt zwar den Aufsichtsrat von Innogy, ist aber weiterhin im obersten Kontrollgremium von RWE. Teriums Argument, von der Substanz könne Innogy nicht leben, und ohne Investitionen in neue Geschäfte sei auch das Überleben von RWE gefährdet, damit hat sich Terium bei seinem Aufsichtsrat offenbar nicht durchsetzen können. In Essen ist jetzt wieder sparen statt investieren angesagt. "Der Aufsichtsrat begrüßt grundsätzlich die vom Vorstand verfolgte Unternehmens- und Finanzstrategie, sieht aber die Notwendigkeit eines höheren Stellenwertes der Kostendisziplin und einer fokussierten Wachstums- und Investitionsstrategie", teilte das Unternehmen mit.

Terium war seit 2003 in verschiedenen Positionen bei RWE tätig, zunächst als Leiter des Konzerncontrollings, später als Vorstandsvorsitzender verschiedener Tochterfirmen. Er war seit April 2016 Chef der RWE-Ökostromtochter. Zuvor hatte der Niederländer seit 2012 den Mutterkonzern RWE geleitet.

Teriums Abgang zeigt, wie schwierig das Geschäft für die Energiekonzerne trotz jahrelanger Sparprogramme und Umbauten ist, nachdem sie viel zu spät auf die Energiewende reagiert haben. Nun stellt sich die Frage: Soll investiert werden, um die immer noch großen Konzerne auf Dauer am Leben halten zu können? Oder setzen sie lieber auf sichere Einnahmen aus dem regulierten Netzgeschäft, um die Aktionäre zu erfreuen.

Bei RWE haben sie sich offenbar für Letzteres entschieden. Terium muss gehen. Nun soll Uwe Tigges, bisher Personalvorstand von Innogy, Teriums Job übergangsweise übernehmen. Dieser werde auch seine bisherigen Zuständigkeiten weiter betreuen, teilte das Unternehmen mit. Tigges war zuvor viele Jahre Personalchef von RWE.

Teriums Abgang kam bei Anlegern gut an. Die MDax-Titel legten am Mittwochmorgen zeitweise um knapp drei Prozent auf 33,71 Euro zu. Die Papiere von RWE kletterten im Dax in der Spitze um 3,4 Prozent.

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