Stada Angriff auf Phamahersteller geplant

Seit 23 Jahren führt Hartmut Retzlaff den Pharmahersteller Stada. Doch bei der diesjährigen Hauptversammlung könnte es für den Firmenchef eng werden. Es ist ein Frontalangriff auf den Aufsichtsrat geplant.

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Die Beteiligungs-Gesellschaft Active Ownership Capital plant bei der Hauptversammlung einen Angriff auf den Aufsichtsrat des Pharmaherstellers Stada. Das würde auch Firmenchef Hartmut Retzlaff betreffen. Quelle: dpa

Frankfurt Beim Pharmahersteller Stada waren Hauptversammlungen  in der Vergangenheit meist reine Routine. Firmenchef Hartmut Retzlaff, der das Unternehmen seit 23 Jahren führt, und die neun Vertreter im Aufsichtsrat des Generikaherstellers konnten sicher sein, dass alles in ihrem Sinne läuft. Doch wenn die Aktionäre zur diesjährigen HV am 9. Juni zusammenkommen, wird von business as usual  wohl  keine Rede sein. Denn die bislang weithin unbekannte Beteiligungs-Gesellschaft Active Ownership Capital, hat einen Frontalangriff auf den Aufsichtsrat und damit indirekt auch auf das Management des Bad Vilbeler Generikaherstellers gestartet.

In einem Ergänzungsverlangen zur HV schlägt Active Ownership den Austausch von fünf der sechs Kapitalvertreter im Aufsichtsrat vor. Neu in das Gremium einziehen soll nach Plänen des Investors unter anderem Asklepios-Chef Ulrich Wandschneider und der frühere Hexal-Manager Klaus Joachim Krauth.  Als weitere unabhängige Kandidaten werden Norbert Klusen, der ehemalige Chef der Techniker Krankenkasse, sowie Julia Barth, die Justiziarin Von GE Healthcare und ehemalige Leiterin der Rechtsabteilung von Sandoz, vorgeschlagen. Ferner strebt  Klaus Röhrig, einer der beiden Gründer von Active Ownership, ein Mandat an. Ziel sei es, die Kompetenzen im Aufsichtsrat an die Anforderungen eines global agierenden Pharmaunternehmens anzupassen. Das hat Stada aus Sicht der Angreifer in der Vergangenheit  versäumt.

Abberufen werden sollen daher im Gegenzug der derzeitige AR-Vorsitzende Martin Abend sowie vier weitere Mitglieder, die allesamt aus dem Apotheker oder Ärztelager kommen und ihre Mandate  zum Teil bereits seit mehr als 30 Jahren halten.

Active Ownership fordert ferner, die vinkulierten Namensaktien von Stada in normale Namensaktien umzuwandeln. Die Einführung der vinkulierten Namensaktien gehe auf historische Gründe zurück, die aber seit 1993 nicht mehr existierten, so die Begründung für den Vorstoß. Bei vinkulierten Aktien ist eine Übertragung der Aktien abhängig von der Zustimmung des Unternehmens.

Active Ownership hat Anfang April eine Beteiligung von gut fünf Prozent an Stada angemeldet und hält Optionen über weitere 1,9 Prozent des Kapitals. Die Beteiligungsgesellschaft ist damit größter Einzelaktionär von Stada.

Für den Bad Vilbeler Pharmakonzern, bei dem Firmenchef Retzlaff bislang das Heft fest in der Hand hält, kommt der Vorstoß einer Revolution gleich. Aber Röhrig und sein Partner Florian Schuhbauer haben sich gründlich auf ihren Angriff vorbereitet und Stada intensiv analysiert. Ihr Ergebnis: Das Pharmaunternehmen, mit 2,1 Milliarden Euro der viertgrößte deutsche Pharmahersteller, hat sich sowohl an der Börse als auch operativ deutliche schwächer entwickelt als die meisten Konkurrenten aus der Pharmabranche und seine internationale Expansion in den letzten Jahren mit einem deutlichen Anstieg der Verschuldung erkauft. Das Unternehmen habe in den letzten zehn Jahren 2,3 Milliarden Euro investiert, ohne Wert für die Aktionäre zu schaffen.

„Stada hat aus unserer Sicht aber großes Wertsteigerungspotenzial“, argumentieren Röhrig und Schuhbauer. Verbesserungspotenzial sehen sie unter anderem durch Effizienzsteigerungen in der Produktentwicklung, Einsparungen in der Verwaltung und Senkung der Einkaufskosten. Auch das Markenportfolio von Stada könne besser gemanaged werden. Spekulationen, dass es dem Fonds darum gehe, den Weg für einen Verkauf oder eine Aufspaltung von Stada zu ebnen, weisen die beiden Gründer dagegen als falsch zurück.

Active Ownership verwaltet derzeit nach eigenen Angaben einen dreistelligen Millionenbetrag und versteht sich als langfristig orientierter Investor, der gemeinsam mit dem Management wertschaffende Strategien und Maßnahmen für die Unternehmen initiieren will. Man engagiere sich bei Unternehmen, die unterbewertet sind und Verbesserungspotenzial bieten. Der Anlagehorizont bewege sich zwischen drei und sieben Jahren.

Der Bad Vilbeler Konzern ist der letzte größere deutsche Hersteller von patentfreien Nachahmermedikamenten (Generika), nachdem im vergangenen Jahrzehnt  die Konkurrenten Hexal, Ratiopharm und die Merck-Generikasparte an ausländische Konzerne verkauft wurden. Im vergangenen Jahr steigerte Stada seinen Umsatz um drei Prozent auf 2,1 Milliarden Euro und das operative Ergebnis um knapp ein Fünftel auf 224 Millionen Euro. Klammert man Sondereffekte aus, ist der Betriebsgewinn nach angaben von Stada allerdings um 12 Prozent auf 284 Millionen Euro geschrumpft. An der Börse wird das Unternehmen mit knapp 2,5 Milliarden Euro bewertet. Seit Anfang April legte die Aktie um gut ein Zehntel zu. Über einen längeren Zeitraum von zehn Jahren hat sie sich indessen deutlich schwächer entwickelt als zum Beispiel die deutschen Konkurrenten Bayer und Merck oder als die Papiere von Generikafirmen wie Milan, Allergen oder Sun Pharmaceuticals. Stada wollte sich auf Anfrage nicht zu den Anträgen von Active Ownership äußern.

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