Stada Neuer Chef und alte Probleme

Seite 2/2

Zweifel an Ex-Chefs Retzlaff und Wiedenfels

Die zentrale Figur war zunächst Retzlaff. Der langjährige Stada-Patriarch hat aus der einst kleinen Klitsche ein internationales Unternehmen gemacht. Möglicherweise sei ihm der Erfolg irgendwann zu Kopf gestiegen, heißt es im Unternehmen – jedenfalls agierte er immer mehr nach Gutsherrenart. Retzlaff strich hohe Gehälter und Pensionszahlungen, soll eigene Berater beschäftigt haben, protegierte seinen Sohn im Unternehmen. Der frühere Aufsichtsrat war Retzlaff treu ergeben. Einem Berater soll Retzlaff sogar einen Audi Q5 geschenkt haben, lautet ein anderer Vorwurf. Andere sagen, dass Retzlaff den Premium-Pkw aus eigener Tasche bezahlt habe.

2013 verkaufte der Vorstand unter Retzlaff die Markenrechte an dem wohl bekanntesten Stada-Produkt, dem Sonnenschutzmittel Ladival, an einen Bekannten – womöglich, um damit unauffällig den Gewinn zu steigern. Vor seinen Aktionären verschleierten Retzlaff und seine damaligen Vorstandskollegen den Ladival-Verkauf. Erst als die WirtschaftsWoche im vergangenen Herbst exklusiv darüber berichtete, wurde das anrüchige Geschäft publik. Nach einer Attacke durch den aktivistischen Investor AOC meldete sich Retzlaff zunächst krank – und dann ganz aus dem Unternehmen ab.

Sein Nachfolger wurde Matthias Wiedenfels, der frühere Rechtsvorstand von Stada. Jurist Wiedenfels könnte die möglichen Pflichtverletzungen von Retzlaff, wie die überhöhten Beraterverträge, gedeckt haben. Zu Beginn seiner Amtszeit soll Wiedenfels in seinem Dienstwagen eine Wanze entdeckt haben – der Fall verlief dann jedoch im Sande. Als Vorstandschef setzte er sich deutlich von seinem Förderer und Vorgänger Retzlaff ab, brachte Stada auch wieder in Schwung und fiel ansonsten durch seine Streitereien mit Aufsichtsratschef Oetker auf.

Oetker stammt, wie der Name vermuten lässt, aus der Bielefelder Backpulver-Dynastie. Beide misstrauten wohl einander, beharkten sich mithilfe von Kanzleien, PR-Agenturen und Gutachten. Wiedenfels stand einer Übernahme von Stada durch Finanzinvestoren offensichtlich offener gegenüber als Oetker. Um über den Stand der Übernahmeverhandlungen auf dem Laufenden zu sein, richtete der Aufsichtsrat einen Adhoc-Ausschuss ein – was in der Umgebung von Wiedenfels durchaus als unbotmäßige Einmischung empfunden wurde.

Wiedenfels trat Oetker wohl auch zu selbstbewusst auf, auch von den Managementfähigkeiten des damaligen Stada-Chefs soll Pudding-Erbe Oetker alles andere als angetan gewesen sein. Im Sommer 2017 trat Wiedenfels dann „mit sofortiger Wirkung“ zurück, Oetker soll ihn dazu gedrängt haben. Was letztendlich den Ausschlag gab, ist bis heute unklar.

Auf der letzten Stada-Hauptversammlung im August sprach Oetker von „belastbaren Erkenntnissen für schwerwiegende Pflichtverletzungen“ gegen frühere Stada-Vorstände. Allzu konkret wurde er dabei nicht. Der amtierende Stada-Chef Albrecht ist sich mittlerweile aber sicher, dass es „keine schwerwiegenden Wirtschaftsdelikte wie Betrug oder Korruption“ gegeben hat. Schon kursiert die Idee, Oetker wegen „übler Nachrede im öffentlichen Raum“ zu verklagen.

Die Hauptversammlung am Freitag bringt hoffentlich etwas Licht in die oft mysteriösen Vorgänge. Der Stada-Krimi geht weiter. Fortsetzung folgt.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%