Stahlkonzern Tata strebt bei Bündnis mit Thyssen-Krupp offenbar Mehrheit an

Bisher war immer nur von 50 Prozent die Rede. Doch Insidern zufolge plant Tata die Übernahme der Mehrheit am Gemeinschaftsunternehmen mit Thyssen-Krupp.

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Tata und Thyssen-Krupp hatten im September eine Grundsatzvereinbarung über die Gründung des Joint Ventures getroffen. Quelle: dpa

London/Mumbai/Düsseldorf Der indische Stahlkonzern Tata Steel könnte Insidern zufolge nach der Gründung des Gemeinschaftsunternehmens mit Thyssen-Krupp Steel Europe die Mehrheit an dem Joint Venture übernehmen. Tata sei daran interessiert, sagten zwei mit der Angelegenheit vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters.

Während Thyssen-Krupp sich stärker auf seine Geschäfte mit Aufzügen, Autoteilen oder Industrieanlagen konzentrieren will, baut Tata als reiner Stahlkonzern das Geschäft mit dem Werkstoff aus. Die Aufstockung des zunächst auf 50 Prozent begrenzten Anteils könnte nach einem Börsengang erfolgen. Thyssen-Krupp und Tata wollten sich am Freitag dazu nicht äußern.

Die Konzerne hatten im September eine Grundsatzvereinbarung über die Gründung des Joint Ventures getroffen. Sie wollen den zweitgrößten europäischen Stahlkonzern nach ArcelorMittal schmieden. Parallel dazu strebt Tata die Übernahme des indischen Konkurrenten Bhushan Steel an.

An dem Joint Venture sollen Thyssenkrupp und Tata nach dem für Ende 2018 vorgesehenen Abschluss der Transaktion zunächst je 50 Prozent halten. Tata sei aber an einem „größeren Stück vom Kuchen“ interessiert, sagte einer der Insider. Ob es dazu komme, hänge auch davon ab, wie es um das Marktumfeld zum Zeitpunkt eines Börsengangs bestellt sei.

Die vorgesehene Haltefrist von mindestens sechs Jahren für die 50-Prozent-Pakete könnte bei einem Börsengang ausgehebelt werden. Diese Möglichkeit wird auch in dem kurz vor Weihnachten zwischen Thyssenkrupp und der IG Metall vereinbarten Tarifvertrag „Zukunft Stahl“ beschrieben.

Darin heißt es: „Bei ausgezeichneter wirtschaftlicher Entwicklung des JV besteht die Möglichkeit, zuvor bereits einen IPO einzuleiten und gegebenenfalls durchzuführen, um hierdurch eine weitere Stärkung der Eigenkapitalbasis des JV zu erzielen; in diesem Fall halten Thyssen-Krupp und Tata während des Sechs-Jahres-Zeitraums gemeinsam mindestens 50,1 Prozent der Anteile des JV.“

Zu welchen Anteilen sich die 50,1 Prozent zusammensetzen könnten, bleibt offen. Theoretisch könnte Thyssen-Krupp sein Paket auf ein Prozent abschmelzen. Finanzchef Guido Kerkhoff hatte im Februar auf die Frage von Journalisten geantwortet: „Die Frage eines Endes, eines Minimums haben wir überhaupt gar nicht adressiert.“

Aus Gewerkschaftskreisen war verlautet, dass für die Arbeitnehmervertreter die Eigentümerfrage nicht entscheidend sei. "Entscheidend ist für uns, dass der vereinbarte Tarifvertrag eingehalten wird, unabhängig von der Eigentümerstruktur", hatte ein Gewerkschafter Reuters gesagt.

Thyssen-Krupp-Chef Heinrich Hiesinger fährt seit seinem Antritt als Konzernchef 2011 die Abhängigkeit des Konzerns vom Stahlgeschäft zurück. Der ehemalige Siemens-Manager will das Unternehmen stärker auf das Technologiegeschäft ausrichten. Er wird erwartet, dass Hiesinger daher auch das Geschäft mit dem Werkstoffhandel abstoßen wird.

Da Thyssen-Krupp Steel Europe mehr wert ist als Tata Steel Europe, kann Thyssen zudem Schulden in Höhe von vier Milliarden Euro auf das Joint Venture abladen. Tata wiederum könnte mit dem Deal auch sein schwächelndes britisches Stahlgeschäft absichern, das wie auch das als Perle geltende niederländische Werk Teil des neuen Konzerns wäre.

Die IG Metall droht allerdings inzwischen wieder mit einem Nein zu dem Deal, nachdem Tata dem niederländischen Standort Ijmuiden große Freiheiten einräumte. Zwar könnte Thyssen-Krupp den Deal auch gegen die Stimmen der Arbeitnehmervertreter durchpeitschen, die Umsetzung dürfte aber schwierig werden.

Die IG Metall hat für diesen Fall Widerstand angekündigt. Am 12. April soll der Aufsichtsrat von Thyssen-Krupp über das Vorhaben beraten.

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