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Stahlkonzern ThyssenKrupp quält sich aus dem Schlamassel

ThyssenKrupp schreibt wieder Gewinne. Das deutsche Stahlgeschäft ist noch profitabel - doch viele Probleme sind weiter ungelöst.

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Die großen Krupp-Krisen
Gussstahlfabrik Fried. Krupp in Essen um 1905 Quelle: dpa
Arndt von Bohlen und Halbach, sein Vater Alfried Krupp und der Generalbevollmächtigte Berthold Beitz posieren vor der Villa Hügel in Essen Quelle: dpa
Der Schah von Persien, Retter von Krupp: Im Herbst 1976 schlitterte Krupp in eine bedrohliche Liquiditätskrise. Der Konzern litt unter gigantischen Überkapazitäten in der europäischen Stahlproduktion. Krupp-Generalbevollmächtigter Beitz fand in den märchenhaft reichen Schah von Persien einen neuen Investor, 25 Prozent von Krupp übernahm und eine Milliarde Dollar in den wankenden Konzern pumpte. Außerdem winkten Krupp Großaufträge des Kaisers aus Teheran. Es war mal wieder ein Kaiser, von dem sich Krupp abhängig machte. Im 19. Jahrhundert war dies der deutsche Herrscher Wilhelm II, der Krupp mit Kanonenaufträgen versorgte. Im Bild: Berthold Beitz Quelle: dpa
Gerhard Cromme Quelle: dpa
 Ekkehard Schulz Quelle: dapd

Heinrich Hiesinger hat offenbar einen unspektakulären, aber erfolgreichen Turnaround beim Stahl- und Technologieunternehmen ThyssenKrupp hinbekommen. Zum ersten Mal nach sieben Quartalen meldet der Vorstandschef wieder schwarze Zahlen. Im ersten Halbjahr, das Geschäftsjahr beginnt am 1. Oktober, hat der Traditionskonzern aus Essen 269 Millionen Euro Gewinn gemacht, bei 88 Millionen Euro lagen die Schätzungen der Analysten.

Wie hat Hiesinger das geschafft?

Fast überall schlug seine Therapie für ThyssenKrupp an: Im Problemland Brasilien fiel der Verlust nicht ganz so hoch aus wie erwartet. Grund dafür ist auch ein wenig Glück: Die Auslastung stieg, weil Kunden bestellten.

Dann griff das Effizienzprogramm, das Hiesinger und sein Finanzchef Guido Kerkhoff im ganzen Konzern angeschoben haben. Schließlich war die Auslastung beim deutschen Stahl auch nicht schlecht, wenngleich die Preise wieder sanken.

Hauptmotor aber war das Industriegeschäft mit Autokomponenten und Aufzügen. Besonders auf dem Gebiet der Hochgeschwindigkeitslifte konnte ThyssenKrupp punkten und bewies damit, wie stabil große Teile des Konzerns immer noch sind und auch für die Zukunft prächtige Renditen versprechen.

Die gute Nachricht verdeckt aber auch die ungelösten Probleme bei ThyssenKrupp. Sie sind nicht so leicht zu knacken. Wie die deutsche Stahlproduktion umgebaut werden soll, wenn die Stahlpreise weiter sinken, das hat Hiesinger bisher noch nicht beantwortet. Er selber aber hat ein neues Konzept für die Stahlsparte bereits vor drei Jahren intern angemahnt. Nachdem der Stahlchef in die Wüste geschickt wurde, hing das Problem am Bein von Hiesinger. Der aber hat bisher selber noch nicht geliefert.

Fazit: Operativ läuft es wieder bei ThyssenKrupp, strukturell hapert es noch.

Beim stark auf Mitarbeiterinteressen ausgerichteten Unternehmen dauert alles immer etwas länger. Das ist grundsätzlich nichts Schlechtes. Die Tendenz, beim Stahl so lange zuzusehen, wie gerade noch schwarze Zahlen geschrieben werden, liegt bei ThyssenKrupp allerdings in den Genen. Reagiert wird dort erst, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist. Dann aber rigoros und irgendwie dann doch mit Erfolg.

ThyssenKrupp benötigt den Druck des Marktes, um die Arbeitnehmer am Verhandlungstisch von harten Schnitten zu überzeugen. Vorausschauende Umbaumaßnahmen sind so nicht möglich.

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