Stahlsparte Thyssen-Krupp will 500 Millionen Euro einsparen

Der Ruhrkonzern legt erste Pläne für den Umbau vor: In der Geschäftssparte Grobblech sollen Teilanlagen geschlossen werden. Insgesamt fallen die Einschnitte aber deutlich geringer aus als von der Belegschaft befürchtet.

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Ein Stahlarbeiter am Hochofen 8 bei ThyssenKrupp in Duisburg. Quelle: dpa

Die Erwartungen waren hoch gesteckt, schließlich sind die Ziele ambitioniert: Thyssen-Krupp will seine Stahlsparte so umbauen, dass sie deutlich günstiger produziert und ihre Effektivität kräftig steigert. Nur so, glaubt Konzernchef Heinrich Hiesinger, könne sich die Stahltochter, die immer noch gut ein Drittel zum Umsatz des Stahl- und Technologiekonzerns aus dem Ruhrgebiet beisteuert, langfristig im internationalen Wettbewerb behaupten.

Demgegenüber fielen die Maßnahmen, die das Management um Spartenchef Andreas Goss am Freitagnachmittag den Betriebsräten im Wirtschaftsausschuss vorstellte, moderat aus. Neben Investitionen in zukunftsfähige Geschäfte und Anwendungen sei geplant, die Kosten von Steel Europe in den nächsten drei Jahren um rund 500 Millionen Euro dauerhaft zu senken, teilte der Konzern im Anschluss an die Sitzung mit. In diesem Tempo hatte Goss allerdings die Kosten auch schon in der jüngeren Vergangenheit gedrückt.

Die Einsparungen sollen quer durch alle Bereiche wie Personal, Instandhaltung, Reparatur, Logistik oder Vertrieb erzielt werden. Tiefere Einschnitte will Thyssen-Krupp lediglich in der defizitären Geschäftssparte Grobblech vornehmen. So plant der Ruhrkonzern die Schließung von Teilanlagen. „Wie viele Arbeitsplätze davon betroffen sein werden, ist derzeit noch offen“, teilte der Konzern mit. Dass die Grobblechsparte von den Sparmaßnahmen betroffen sein würde, war abzusehen – auch die Konkurrenz wie Salzgitter oder Dillinger Hütte haben mit dem Stahl für den Schiff- oder Pipelinebau zuletzt keine Gewinne gemacht.

Alte Sünden, neue Probleme bei Thyssenkrupp

Rund fünf Stunden dauerte die Sitzung, die am frühen Nachmittag begonnen hatte – deutlich länger als ursprünglich geplant. Dennoch fiel auch die Tonlage moderat. So betonte der Konzern, dass alle Restrukturierungsschritte „mit Augenmaß und Sorgfalt und in enger Abstimmung mit der Mitbestimmung“ diskutiert werden. Und er lockte die Belegschaft mit der Botschaft, in den kommenden fünf Jahren über acht Milliarden Euro in den Stahlbereich zu investieren.

Denn die Arbeitnehmervertreter um Konzernbetriebsratschef Wilhelm Segerath hatten noch am vergangenen Mittwoch kräftig Stimmung gegen die Restrukturierungspläne von Goss gemacht. Ihnen gehen die permanenten Sanierungsrunden der jüngeren Vergangenheit gewaltig gegen den Strich. Vor allem wenden sie sich gegen die von Konzernchef Heinrich Hiesinger vorangetriebene Fusion mit dem Konkurrenten Tata Steel Europe. „Da wollen wir erst Klarheit haben. Vorher gibt es keine Restrukturierung“, hatte Segerath, angekündigt. In Deutschland beschäftigt Thyssen-Krupp in seinem europäischen Stahlgeschäft rund 25.000 Mitarbeiter, davon rund 22.000 in Nordrhein-Westfalen.

Gute Stahlkonjunktur hilft

Entgegen kommt Belegschaft und Management allerdings die augenblicklich gute Stahlkonjunktur: Sah es vor einem Jahr noch rabenschwarz aus, weil chinesische Billigimporte die Preise in den Keller schickten, haben die politischen Gegenmaßnahmen der EU-Kommission mit zahlreich verhängten Strafzöllen inzwischen für Entspannung gesorgt. Das dürfte sich auch im Laufe der kommenden Quartale in den Ergebnissen der Stahlsparte von Thyssen-Krupp widerspiegeln.

von Angela Hennersdorf, Yvonne Esterházy, Andreas Macho, Christof Schürmann, Cornelius Welp

Zudem sind die Kapazitäten der Hochöfen weitgehend ausgelastet, einige Bereiche in der Weiterverarbeitung und der Veredelung von Stählen klagen schon über Materialengpässe. In einer solchen Situation wären schmerzhafte Eingriffe und die Stilllegung ganzer Standorte nur schwer vermittelbar gewesen.

Branchenexperten warnen schon davor, den derzeitigen Aufschwung überzubewerten. Vor allem aus China, dem weltweit größten Stahlproduzenten, droht neue Gefahr. Die deutlich angezogenen Preise haben dazu geführt, dass im Reich der Mitte seit Jahresanfang wieder deutlich mehr Stahl produziert wird – die weltweite Nachfrage hinkt diesem Überangebot deutlich hinterher. Das dürfte sich in absehbarer Zeit wieder auf die Preise niederschlagen. Auch Anti-Dumping-verfahren – das hat die Vergangenheit gezeigt – haben meist nur eine begrenzte Wirkung von gut einem Jahr. Dann haben findige Exporteure neue Schlupflöcher gefunden.

Insofern muss sich in nächster Zeit zeigen, ob die jetzt beschlossenen Maßnahmen ausreichen werden, die ambitionierten Sparziele zu erreichen, die Hiesinger seinem Stahlchef Goss ins Lastenheft diktiert hat. Ungeklärt ist zudem, wie sich jetzt die Arbeitnehmervertreter verhalten werden. Ob, wann und wie es zu einer Fusion mit Tata kommen wird, ist derzeit nicht abzusehen und hängt im Wesentlichen an den Hausaufgaben, die der potenzielle Partner noch zu lösen hat, wie eine Klärung der Pensionsverpflichtungen. Geht es nach den Äußerungen des Konzernbetriebsrats, dürfte jetzt erst einmal Stillstand eintreten. Ob das jedoch auch im Sinne der Belegschaft ist, die in einem wettbewerbsfähigen Unternehmen arbeiten will, ist fraglich.

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