




Wenn die Carl Zeiss AG zur Hauptversammlung lädt, hat das etwas Familiäres: Vorstand und Aufsichtsrat kennen alle Vertreter der Eigentümer persönlich, für das Treffen reicht ein kleiner Tagungsraum. Kein Wunder, Assistenten und Fachreferenten nicht mitgerechnet, reichen 21 Plätze: drei für den Vorstand, 16 für den Aufsichtsrat und zwei für die Anteilseigner. Zwar gibt es drei Aktionärsvertreter, der Vormann des Trios ist aber zugleich Aufsichtsratschef. Die Konstellation hat mit den Eigentumsverhältnissen des 1846 gegründeten Optik- und Halbleiterherstellers zu tun: Zeiss gehört wie das Schwesterunternehmen Schott zu 100 Prozent der Carl-Zeiss-Stiftung. Diese hat ihre Stimmrechte qua Satzung an den Stiftungsrat delegiert, eines von drei Gremien der Stiftung (siehe Grafik).
Zeiss liegt vorne
Was auf den ersten Blick kompliziert und unübersichtlich anmutet, ist bei näherem Hinsehen eine clever ausgetüftelte Konstruktion, die mehrere Zwecke zugleich erfüllt. Zum einen werden die schon vor gut 120 Jahren vom Stiftungsgründer formulierten Ziele abgesichert: dauerhafte Sicherung der beiden Unternehmen, Wohlergehen seiner Mitarbeiter und Förderung der Wissenschaft. Zum anderen genügt der Aufbau den strengen heutigen Regeln guter Unternehmensführung. Die Wissenschaftsförderung fällt mit einem einstelligen Millionenbetrag zwar bescheiden aus – die Sicherung der Firmen hat dafür umso besser funktioniert: Zeiss gehört zu den innovativsten und wirtschaftlich stärksten Unternehmen seiner Branche.

Erfolgreiche Brachialmethode
Technisch spielt Zeiss seit der Gründung 1846 in der Spitzenliga. Bekannt wurde das Unternehmen durch seine in Qualität und Leistung weit überlegenen Mikroskope: „Die Zeiss’schen Mikroskope werden von keiner anderen optischen Werkstätte erreicht“, schrieb der Zoologe Ernst Haeckel 1880 in seinem Antrag zur Verleihung der Ehrendoktorwürde an den gelernten Mechaniker Carl Friedrich Zeiss. Damit das so blieb, zerschlug der Gründer Geräte, die den Anforderungen nicht entsprachen, eigenhändig auf einem Amboss. Die Brachialmethode hatte Erfolg. Albert Einstein schätzte die Präzision, und auch die Medizin-Nobelpreisträgerin von 1995, Christiane Nüsslein-Volhard, arbeitete mit einem Zeiss-Mikroskop.