Strabag Russland-Joint-Venture mit Oligarch Deripaska steht auf der Kippe

Das geplante Joint-Venture des österreichischen Baukonzerns Strabag mit dem russischen Oligarchen und Strabag-Aktionär Oleg Deripaska steht auf der Kippe.

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Oleg Deripaska Quelle: AP

Der Strabag-Hauptaktionär und scheidende Vorstandschef Hans Peter Haselsteiner sagte gegenüber der WirtschaftsWoche, Strabag habe „von den Zahlen und der Lage der beiden Unternehmen“, die Deripaska in die gemeinsame Russian Construction Holding einbringen will, bis heute „keine Vorstellung“. Über Deripaskas Bau-Firma Transstroy sagt Haselsteiner: „Das Rechnungs- und Berichtswesen entsprach bisher nicht den Anforderungen eines börsennotierten, nach IFRS-Standard berichtenden Konzerns. Die Russen haben selbst nicht genau gewusst, was sie da alles besitzen und wie es organisiert ist.“ Das Joint-Venture sollte Russland zum größten Teilmarkt von Strabag und das Unternehmen damit zum größten Baukonzern Europas machen. Inklusive der angrenzenden Staaten liegt der Russland-Anteil am Strabag-Geschäftsvolumen heute aber bei nur vier Prozent.

Haselsteiner will die unterbrochene Prüfung von Transstroy zwar ab August wieder aufgreifen, bleibt aber skeptisch: „Wir hoffen, dass wir dann eine für uns nachvollziehbare Struktur vorfinden. Verläuft die Prüfung erfolgreich, könnten wir das Joint Venture 2014 gründen.“

Ein weiterer Grund für Haselsteiners „Enttäuschung in Russland“ ist Korruption: „Wenn wir Platzhirsch im russischen Baumarkt werden wollen, müssen wir in den öffentlichen Bereich, etwa mit privat finanzierten Infrastrukturprojekten.“ Es sei aber unklar, was Strabag dort unter Einhaltung ihrer Compliance-Richtlinien umsetzen könne. „Wir sind nicht bereit, von diesen Richtlinien abzuweichen, nur weil es Russland ist. Die Frage ist, ob die Bearbeitung des Marktes öffentlicher Aufträge Compliance-kompatibel ist.“ Strabag hat laut Haselsteiner in Russland derzeit „keinen einzigen Auftrag der öffentlichen Hand“.

Umsatz in Deutschland weiter steigern

Strabag will den deutschen Anteil am Umsatz von derzeit 40 Prozent weiter steigern. „Der Markt für Wohnimmobilien profitiert nach wie vor von der Flucht ins Betongold“, begründete diese Hoffnung Thomas Birtel, künftiger Vorstandsvorsitzender der Strabag, im Interview. „Und was den öffentlichen Bau angeht, wird schon aus Gründen der Sicherheit und um den Straßen- und Güterverkehr aufrechtzuerhalten, gebaut werden müssen – ob Budgets da sind oder nicht“, sagte der designierte Strabag-Chef, der am 14. Juni die Führung des Konzerns von Strabag-Miteigentümer Hans Peter Haselsteiner übernimmt. Auch in der Energiewende sieht Birtel Chancen, den deutschen Umsatzanteil weiter zu erhöhen. „Egal, was politisch entschieden wird, es muss gebaut werden.“

Thomas Birtel Quelle: dpa

Kein Interesse hat Birtel, der in wenigen Tagen die Geschäfte übernimmt, an der Sparte mit öffentlich-privaten Projekten (PPP) des Mannheimer Baukonzerns Bilfinge, die derzeit angeboten wird. „Unsere Strategie im Konzessionsgeschäft sieht vor, dass wir uns im gesamten Lebenszyklus des Projektes – also von der Finanzierung über den Bau bis hin zum Betrieb – engagieren und jedenfalls Wert schöpfen über neue Bauprojekte“, sagte Birtel: „Wo der Bau abgeschlossen ist, geht das nicht.“

Birtel sieht den Wiener Konzern mit seinen deutschen Töchtern Strabag AG in Köln und Züblin in Stuttgart als deutsch geprägtes Unternehmen: „Vergessen Sie nicht, dass kein deutsches Bauunternehmen in Deutschland je so viel umgesetzt hat wie Strabag, nämlich fünf Milliarden Euro im Jahr. Wer sagt, Strabag sei kein deutsches Bauunternehmen, weil der Großaktionär in Wien sitzt, übersieht, dass die Mehrheit aller Dax-Unternehmen in ausländischer Hand ist.“

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