Ein Jahr nach der Pleite des damals größten unabhängigen Stromanbieters Teldafax tobt auf dem deutschen Strommarkt unvermindert ein ruinöser Wettbewerb. Mehr Discountanbieter denn je buhlen mit Kampfpreisen um die privaten Haushalte. Sie gehen mit ihrer Preisgestaltung dabei häufig bis an die Grenze der Seriosität. Das zeigt eine aktuelle Studie der Unternehmensberatung A.T. Kearney, die dem Handelsblatt vorliegt.
„Die Billigstromanbieter liefern sich unverändert einen teilweise ruinösen Preiskampf“, sagt Hanjo Arms, Energieexperte von A.T. Kearney: „Die Preise, mit denen die Kunden angelockt werden, liegen in vielen Fällen so deutlich unter den Kosten, dass die Anbieter ein enormes Risiko eingehen.“
Die Berater schildern das anschaulich anhand eines repräsentativen Preises, der im Internet beworben wird. Der Anbieter verlangt von einem Kunden mit einem Jahresverbrauch von 3.500 Kilowattstunden, was etwa einem Vier-Personen-Haushalt entspricht, einen Jahresbetrag von 835 Euro.
Mit 590 Euro – also 70 Prozent davon – muss er Steuern, Abgaben und Gebühren für die Nutzung der Stromleitungen begleichen. 190 bis 220 Euro muss der Anbieter bezahlen, um den Strom im Großhandel einzukaufen. Weil er dem neuen Kunden aber zudem einen Bonus von 200 Euro zusichert, ergibt sich ein Fehlbetrag von 145 bis 175 Euro. Bei dieser Rechnung hat der Anbieter weder die Provision für das Vergleichsportal noch seine internen Kosten abgerechnet.
Der Analyse zufolge profitieren die Unternehmen von der steigenden Wechselbereitschaft der Energiekunden. A.T. Kearney zufolge wird sich die Zahl der Haushalte, die mindestens einmal ihren Stromanbieter gewechselt haben, von sieben Millionen im Jahr 2011 auf zwölf Millionen im Jahr 2016 erhöhen. Auf dem Gasmarkt wird die Zahl im selben Zeitraum von 1,2 auf 2,2 Millionen steigen.
Unabhängige Anbieter drängen deshalb unvermindert in den Markt. Im Strommarkt waren es 2009 nur 25 und Ende 2011 schon 50, im Gasmarkt stieg die Zahl von 20 auf 55.