Deutschland und die EU müssen sich einer Studie zufolge entschlossener für einen fairen Wettbewerb mit China einsetzen. Während Investoren aus der Volksrepublik hierzulande freier Marktzugang geboten werde, schütze die chinesische Regierung ihrerseits strategische Industrien bewusst vor ausländischem Zugriff, heißt es in einer Untersuchung der Bertelsmann-Stiftung.
Zwei Tage vor dem Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel in Peking kommt die Analyse zu dem Ergebnis, dass mehr denn je Technologiefirmen das Ziel chinesischer Investoren sind. Von 175 Übernahmen oder Beteiligungen im Zeitraum von 2014 bis 2017 entfielen demnach 112 auf Branchen, die China mit seiner Strategie „Made in China 2025“ besonders stark ausbauen will.
Der ehrgeizige Regierungsplan sieht vor, in vielen Sektoren mit massiven staatlichen Subventionen die Technologielücke zu westlichen Firmen zu schließen und selbst Weltmarktführer hervorzubringen. Produktionsanlagen sollen modernisiert werden und ausländische Technologieexporte durch eigene Innovationen ersetzt werden. Bis 2049, zum 100. Geburtstag der Volksrepublik, soll das Land dann zu einer Industrie-Supermacht aufsteigen.
Laut Studienautorin Cora Jungbluth ist dabei problematisch, dass es auch 17 Jahre nach Chinas Beitritt zur Welthandelsorganisation „keine Wirtschaftsbeziehungen auf Augenhöhe“ gebe: „Weder Deutschland noch die EU haben der industriepolitischen Strategie Chinas momentan etwas entgegenzusetzen.“ Wenn staatlicher Einfluss den Wettbewerb verzerre oder es zu einer Ungleichbehandlung von Unternehmen komme, sollten die Europäer mit einer Stimme einschreiten. Ein wichtiger Schritt für faireren Wettbewerb sei der Abschluss eines bilateralen Investitionsabkommens zwischen der EU und China, das bereits seit 2014 verhandelt wird.
Für Deutschland schlägt Jungbluth zudem vor, dass die Regierung künftig bei sicherheitsrelevanten Sektoren mit einem Prüfverfahren schon bei Anteilskäufen von 10 Prozent eingreifen kann - statt wie aktuell erst ab 25 Prozent.
Deutschland und Europa müssten entschlossen auftreten. Das Geld aus China dürfe aber auch nicht verteufelt werden. „Gegenwärtig dominiert die Angst vor dem technologischen Ausverkauf. Doch ausländische Direktinvestitionen bringen auch Kapital nach Deutschland und schaffen Arbeitsplätze“, erklärt Jungbluth.
Diese Branchen sind China wichtig – chinesische Beteiligungen in Deutschland
Eine Untersuchung der Bertelsmann-Stiftung, am 22. Mai 2018 veröffentlicht, beschäftigt sich mit der Aktivität chinesischer Investoren in Deutschland. Insgesamt zählten die Studienautoren im Zeitraum von 2014 bis 2017 insgesamt 175 Übernahmen.
Die wichtigste Branche für chinesische Investoren scheint hierzulande die Automobilindustrie zu sein, beziehungsweise deren Zulieferer. "Energiesparende Autos und Autos mit alternativer Antriebstechnik" ist die Sparte, in die die Chinesen in Deutschland in den vergangenen drei Jahren am stärksten investierten.
Unternehmen aus dem Bereich Energiesysteme machen ebenso fast zwanzig Prozent der Zukäufe aus China aus. Sie sind damit in den vergangenen Jahren die zweit-interessanteste Investition für China gewesen.
Auf Platz drei im Interesse chinesischer Investoren lagen überraschend Firmen aus der Biomedizin und Produzenten von Medizingeräten aus dem Premiumsegment.
Maschinen mit computergestützter numerischer Steuerung, kurz CNC, im Premiumsegment und Roboter binden auch ein großes Interesse chinesischer Investoren. 15,2 Prozent aller chinesischen Beteiligungen liegen in Firmen, die sich damit auskennen.
Nur noch einstellig, aber trotz allem von Interesse: Unternehmen, die an der neuen Generation von Informationstechnologien arbeiten, locken ebenfalls chinesische Investoren an.
Bei den chinesischen Beteiligungen der vergangenen drei Jahre machten etwas mehr als sechs Prozent Firmen aus, die sich auf Luft- und Raumfahrtsysteme spezialisiert haben.
Neue Materialien sind für chinesische Beteiligungen ebenfalls noch interessant. 5,4 Prozent fallen deshalb auf deutsche Unternehmen dieser Sparte.
4,5 Prozent der chinesischen Investitionen gingen in den vergangenen drei Jahren in deutsche Unternehmen, die fortschrittliche Schienenverkehrssysteme entwickeln.
Meerestechniksysteme und Hightech-Schiffe lockten zwischen 2014 und 2017 ebenfalls chinesische Investoren an. Sie investierten in dieser Zeit 2,7 Prozent in Unternehmen mit diesem Spezialgebiet.
Der Großteil der relevanten chinesischen Beteiligungen verteilt sich laut der Studie auf nur drei Bundesländer: Baden-Württemberg (23 Prozent), Nordrhein-Westfalen (20 Prozent) und Bayern (16 Prozent). Dies sind demnach auch genau diejenigen Regionen, in denen die Mehrheit der „Hidden Champions“ - also Deutschlands technologische Weltmarktführer - angesiedelt sind. Besonders großes Interesse zeigten Käufer aus China der Untersuchung zufolge an Unternehmen, die sich mit „energiesparenden Autos und Autos mit alternativer Antriebstechnik“ (21 Prozent), „Energiesystemen“ (19 Prozent), „Biomedizin“ (16 Prozent) sowie „Maschinen mit computergestützter numerischer Steuerung und Robotern“ (15 Prozent) beschäftigen.