Tankstellen Was hinter dem Benzinpreis-Anstieg steckt

Der Mai war für Autofahrer der bisher teuerste Tankmonat des Jahres. Hinter dem Preissprung bei Benzin und Diesel stecken gleich mehrere Faktoren. Ein Grund ist auch in den USA zu finden.

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Das Tanken war im Mai für deutsche Autofahrer wieder deutlich teurer. Quelle: dpa

Düsseldorf Der Blick an die Zapfsäulen der Tankstellen macht den Autofahrern immer weniger Freude. Noch vor wenigen Wochen kostete ein Liter Superbenzin hierzulande im Durchschnitt weniger als 1,20 Euro; Mitte März zahlten die Autofahrer dafür zeitweise sogar weniger als 1,15 Euro. Doch damit ist es vorbei. Inzwischen kostet Sprit wieder 1,30 Euro und mehr. Die schlechte Nachricht: Daran wird sich wohl so schnell nichts mehr ändern. Im Gegenteil, mit den Rohölpreisen ziehen auch die Benzinpreise weiter an.

Der Mai war der bisher teuerste Tankmonat des Jahres, melden sowohl der Automobilclub ADAC als auch das Verbraucherportal clever-tanken.de. Nicht nur Benzin hat sich deutlich verteuert. Nach Angaben von clever-tanken kostet auch Diesel mit durchschnittlich 1,10 Euro wieder deutlich mehr. Zum Vergleich: Im Februar war ein Liter Diesel zeitweise für weniger als einen Euro zu haben. „Bereits im März war die dreimonatige Dauertalfahrt beendet“, erklärte Steffen Bock, Geschäftsführer von clever-tanken.de.

Hinter der Verteuerung stecken gleich mehrere Faktoren. Dazu gehören die höheren Rohölpreise ebenso wie der relativ schwache Euro und die Situation an den Produktmärkten. „Entscheidend für den Preis an der Tankstelle ist der Einkaufspreis an den Produktmärkten. Dort ist der Benzinpreis seit seinem Jahrestief im Februar um 13 Cent je Liter gestiegen“, sagt Alexander von Gersdorff, Sprecher des Mineralölwirtschaftsverbands (MWV) in Berlin.

Im Wettbewerb um jeden Kunden gäben die Tankstellen diese Preiserhöhung nur weiter. Der Netto-Tankstellenpreis sei daher binnen knapp vier Monaten ebenfalls um 13 Cent nach oben gegangen. Beim Endkundenpreis komme noch die Mehrwertsteuer dazu.

Der ADAC erklärt die höheren Spritpreise zuletzt vor allem mit der Entwicklung der Ölmärkte: „Verantwortlich dafür sind die Rohölpreise, die binnen Monatsfrist um rund fünf Dollar nach oben gingen.“ Gegenüber den Tiefpreisen vom Januar fällt der Anstieg der Ölpreise sogar noch deutlich höher aus. Ein Barrel Rohöl (rund 159 Liter) kostete zu Jahresbeginn in Europa weniger als 30 Dollar. Vor dem Treffen des Ölkartells Opec Anfang Juni hatte Brentöl sogar die Marke von 50 Dollar getestet und verharrte zuletzt mit gut 49 Dollar nur knapp darunter.

Den Preis stützten zuletzt unter anderem Ausfälle in der Ölsandproduktion in Kanada ebenso wie Produktionsunterbrechungen in Nigeria. „Die Milizen haben damit gedroht, die Ölproduktion auf Null fallen zu lassen“, berichtet die Commerzbank. Aktuell soll die Förderung bei 800.000 Barrel am Tag liegen, was weniger als die Hälfte der normalen Produktion wäre.


Keine guten Nachrichten für Autofahrer

Solche Ausfälle kann der Rohölmarkt aber gut verkraften, da er seit Mitte 2014 von einem Überangebot geprägt ist. „Bleibt die Ölnachfrage in den USA im zweiten Halbjahr etwa wegen einer schwächeren Einkommensentwicklung hinter den Erwartungen zurück, könnte auch das Überangebot länger Bestand haben“, warnen sogar die Commerzbank-Analysten. Noch werde dies durch die außerplanmäßigen Produktionsausfälle kompensiert.

Verstärkt wurde der Anstieg des Rohölpreises auch durch spekulativ eingestellte Investoren. Sie hatten darauf gesetzt, dass sich die Opec zumindest zu einer Deckelung ihrer Produktion durchringen könnte. Doch nicht zuletzt wegen des ohnehin schon erfolgten Preisanstiegs hat das Kartell dafür keinen Anlass gesehen. „Der Markt ist auf einem guten Weg zu einer Balance“, erklärt etwa Ole Hansen von der Saxobank die abwartende Haltung der Ölminister.

Mit anderen Worten: Auch das Rückschlagpotenzial an den Ölmärkten ist eher begrenzt. Nach der jüngsten Umfrage des Handelsblatts rechnen jedenfalls keine Analysten mit einem erneuten Preiseinbruch. Die meisten Experten erwarten, dass der Ölpreis bis Jahresende auf dem aktuellen Niveau oder leicht darüber notiert.

Für die Autofahrer sind das keine guten Nachrichten. Sie sollten sich darauf einstellen, dass die Benzinpreise mindestens so hoch bleiben wie zurzeit. Etwas abfedern könnte ein festerer Kurs des Euros zum amerikanischen Dollar, da Rohöl in Dollar gehandelt wird. Zwar schwankt der Kurs der europäischen Gemeinschaftswährung mitunter recht stark, seit Mitte März pendelt er aber um 1,13 Dollar. Größere Impulse von dieser Seite blieben damit aus.

Gegen eine neuerliche Abschwächung der Benzinpreise spricht zudem die Entwicklung der Produktmärkte. Laut Commerzbank zeichnet sich ab, dass die Benzinnachfrage in den USA im Sommer einen Rekordwert erreichen wird. Ende Mai habe sie mit 9,7 Millionen Barrel am Tag bereits gut 8,5 Prozent über dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre gelegen. Auch das ist ein Faktor, der die Ölpreise stützt und eine tendenziell schlechte Nachricht für die deutschen Autofahrer ist. „Da es sich beim Benzinmarkt um einen Weltmarkt handelt, wirkt sich das auch auf Europa aus“, unterstreicht MWV-Sprecher von Gersdorff.

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