Tata Steel Indischer Stahlkonzern verlässt Großbritannien

Die Stahlbranche steht angesichts der starken Billigkonkurrenz aus China vor dem Umbruch. Der indische Konzern Tata Steel will Großbritannien verlassen. An der Börse löst diese Nachricht Fusionsfantasien aus.

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Nach knapp zehn Jahren will Tata-Steel-Konzern sein Geschäft in Großbritannien wieder verkaufen. Quelle: dpa

London/ Mumbai/ Berlin Der indische Stahlkonzern Tata Steel hat angekündigt, sich vollständig aus Großbritannien zurückziehen zu wollen. Obwohl Tausende Arbeitsplätze auf der Insel deshalb gefährdet sind, löste dies am Aktienmarkt am Mittwoch Fusionsfantasien aus. Politischer Rückhalt für die Branche sorgte zusätzlich für gute Stimmung an der Börse.

Nach knapp zehn Jahren will Tata sein Geschäft in Großbritannien wieder verkaufen. Die finanzielle Situation der Tochter habe sich in den vergangenen Monaten deutlich verschlechtert und Besserung sei nicht in Sicht, erläuterte der Konzern seine Entscheidung. Hohe Fertigungskosten, ein schwacher Markt und zunehmende Billigkonkurrenz aus China setzten dem größtem Stahlproduzenten in Großbritannien zu.

Neben dem Preisdruck durch die chinesischen Importe kämpft die Branche in Großbritannien zudem mit hohen Energiekosten und Umweltsteuern. Allein im vergangenen Jahr gingen deshalb bereits Tausende Arbeitsplätze verloren. Tata beschäftigt dort noch 15.000 Arbeiter. Die Regierung und Behörden in Wales, dem Sitz des größten Werkes von Tata auf der Insel, kündigten an, alle Optionen zu prüfen. Ein ordnungsgemäßer Verkaufsprozess habe Vorrang, sagte die für den Mittelstand zuständige Ministerin, Anna Soubry. Möglicherweise könne der Staat jedoch einspringen bis ein Käufer gefunden sei.

Die Analysten der Berenberg Bank brachten bereits eine Kombination von Tata Steel und Thyssen ins Gespräch. Die Aktien von ThyssenKrupp legten zur Wochenmitte um sieben Prozent zu. Die Papiere von Weltmarktführer ArcelorMittal zogen um vier Prozent an. Salzgitter -Scheine verteuerten sich um mehr als fünf Prozent.

In Deutschland sagte Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel der Branche Unterstützung zu. "Überkapazitäten im Stahlsektor Chinas dürfen nicht zulasten der EU-Hersteller gehen", erklärte sein Ministerium. Es müssten weltweit gleiche und faire Wettbewerbsbedingungen herrschen. Auf EU-Ebene konnten sich die Länder trotz der Krise aber bislang nicht auf zügige Maßnahmen zur Eindämmung der immer billiger werdenden Stahl-Einfuhren aus China einigen.

Das könnte auch den Befürwortern eines britischen Austritts aus der EU in die Hände spielen. Sie machen Brüssel dafür verantwortlich, dass die Regierung in London nicht mehr Maßnahmen zum Schutz der Industrie, die einst das Herz der britischen Wirtschaft war, eingeleitet hat. Kurz vor dem Referendum über den Verbleib von Großbritannien in der EU im Juni verstärkt der Rückzug von Tata zudem den Druck auf Premierminister David Cameron selbst. Seine Regierung hat sich für stärkere Bindungen mit China starkmacht. Zugleich werfen die Wähler in den Hochburgen der Stahlindustrie den Konservativen weiterhin vor, den Niedergang der Branche unter Margaret Thatcher in den 1980er-Jahren eingeläutet zu haben.

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