Als hätte Tesla nicht genug Schwierigkeiten. Seit Wochen kämpft Gründer Elon Musk mit Problemen in der Produktion des neuen Model X. Nun kommen weitere schlechte Nachrichten hinzu: Vergangene Woche berichtete der US-Fachblog Daily Kanban über technische Probleme bei Tesla. Ausgerechnet beim Bestseller des amerikanischen Elektropioniers, dem Model S, soll es bei etlichen Kunden zu Problemen mit den Radaufhängungen gekommen sein, hieß es in dem Bericht.
Und damit nicht genug: Tesla-Kunden, die den Schaden reparieren ließen, hätten eine Verschwiegenheitserklärung unterzeichnen müssen, heißt es in dem Artikel. Eine Praxis, die am Ende auch die US-Verkehrssicherheitsbehörde NHTSA auf den Plan gerufen habe. Weltweit griffen Medien den Bericht über die mutmaßlichen Qualitätsprobleme und die fragwürdigen Verschwiegenheitserklärungen auf, auch die renommierte Automobilseite „Automotive News”. Gründer Elon Musk gefielen die Berichte offenbar nicht.
Die Tesla-Chronik
Zwei Teams um den US-Ingenieur Martin Eberhard und den Milliardär Elon Musk entwerfen die Vision eines Elektrofahrzeugs, das mit Akkus angetrieben wird. Auf der Basis des Prototyps T-Zero. Neben Musk stecken auch die Google-Gründer Sergey Brin und Larry Page und der eBay-Gründer Jeff Skoll Geld in das Projekt.
Drei Jahre arbeitet Tesla am ersten Modell, im Juli 2006 stellt das Unternehmen den Roadster vor. Der zweisitzige Sportwagen auf der Basis des britischen Leichtgewicht-Roadster Lotus Elise verfügt über einen 215 kW (292 PS) starken Elektromotor, der seine Energie aus 6.831 Lithium-Ionen-Notebook-Akkus bezieht.
Im August 2007 tritt der damalige CEO Martin Eberhard zurück, im Dezember 2007 verlässt er das Unternehmen komplett. Am Ende landet der Streit der Gründer fast vor Gericht – bis eine außergerichtliche Einigung erzielt werden kann.
Musks finanzielle Mittel alleine reichen zum Wachstum nicht mehr aus. Mit Daimler und Toyota steigen zwei große Autokonzerne bei Tesla ein. Trotzdem schreibt das Unternehmen weiterhin Millionenverluste.
Lange war der Bau einer eigenen Limousine unter dem Codenamen „WhiteStar“ geplant. Auf der IAA in Frankfurt feiert das Model S, eine 5-sitzige Limousine die Premiere. Anfangs übernimmt Lotus die Fertigung. Ab 2011 wird das Modell in einer ehemaligen Toyota-Fabrik in Freemont gebaut. Pro Jahr werden zunächst 10.000 Modelle gefertigt.
Tesla erhält vom US-Energieministerium einen Kredit über 450 Millionen Dollar. Das Geld investiert das Unternehmen in den Aufbau einer eigenen Fertigung.
Musk wagt den Börsengang. Mit einem Ausgabepreis von 17 Dollar geht der Elektrohersteller in den Handel – und macht den Gründer wieder reich. Über Nacht erreicht erreichen die Anteile von Musk einen Wert von 650 Millionen Dollar, obwohl das Unternehmen bis zu diesem Zeitpunkt noch nie Gewinne gemacht hat.
Tesla veröffentlicht Pläne einen eigenen SUV an den Start zu bringen. Das Model X soll im Sommer 2015 erstmals ausgeliefert werden und die Modellpalette von Tesla erweitern. Am Ende verzögern sich die Pläne, die Produktion des Model X läuft erst im Herbst an – und das nur schleppend.
Endlich schreibt Tesla schwarze Zahlen. Auch den Millionenkredit des Staats zahlt das Unternehmen neun Jahre früher als es nötig gewesen wäre. Mit der Ausgabe neuer Aktien und Anleihen nimmt das Unternehmen rund eine Milliarde Dollar ein. Der Aktienkurs des Unternehmens beläuft sich mittlerweile auf 147 Dollar. Damit ist das Unternehmen an der Börse mehr wert als Fiat.
Im Mai haben die Bauarbeiten in Reno, Nevada, für die weltgrößte Batteriefabrik begonnen. Hier will Tesla nicht nur die Akkus für seine Elektroautos und auch sogenannte "Powerwalls" für den Hausgebrauch montieren, sondern auch die Batteriezellen selbst aus Rohstoffen herstellen. Das Investitionsvolumen beträgt fünf Milliarden Dollar, als Partner ist Panasonic mit im Boot.
Tesla gibt Pläne bekannt, mit dem Model 3 ein kompaktes Auto für den Massenmarkt auf den Markt bringen zu wollen. Der Wagen, der rudimentär erstmals im März 2016 gezeigt wurde, soll rund 35.000 Dollar kosten und soll über eine Reichweite von 320 Kilometern (200 Meilen) verfügen.
Nach der Vor-Premiere des Model 3 im März steht zur Jahresmitte ein weiterer Meilenstein an: In der Gigafactory werden die ersten Batteriezellen gefertigt. Diese sind zwar vorerst für die PowerWall-Heimakkus gedacht, bringen das Unternehmen aber einen Schritt näher an die Massenfertigung des Model 3.
Ende Juni 2017 übergibt Tesla die ersten 30 Model 3 an ihre Besitzer übergeben - allesamt sind Tesla-Beschäftigte. Die ersten 30 von mehr als einer halben Million Vorbestellungen, die Tesla erst einmal lange abarbeiten muss.
Tesla erreicht am 1. Juli das Produktionsziel für seinen Hoffnungsträger Model 3. In den sieben letzten Tagen des zweiten Quartals seien 5031 Fahrzeuge hergestellt worden, teilt der Konzern. Vom Erfolg der Serienfertigung beim Model 3 hängt ab, ob sich Tesla mit seinen 40.000 Beschäftigten vom unrentablen Nischenplayer zum profitablen Hersteller wandeln kann.
Im hauseigenen Unternehmensblog ging Tesla am vergangenen Donnerstag zum Gegenangriff über. In einem Beitrag bestritt der Elektropionier die Vorwürfe und übte massive Kritik an der Recherche – und an Reporter Edward Niedermeyer, der die mutmaßlichen Missstände aufgedeckt hatte.
Dieser habe schon zuvor außerordentlich negativ über Tesla berichtet. Man wisse nicht, „ob er oder seine Partner finanziell davon profitieren, dass Teslas Aktienkurs sinkt“, heißt es in dem Tesla-Statement weiter. Aber es sei wichtig, festzuhalten, dass an der Börse mittlerweile mit sieben Milliarden Dollar auf einen fallende Tesla-Aktienkurs gewettet werde. Kurz: Die Kalifornier wittern hinter dem Bericht eine Verschwörung.
Auf Twitter gab Unternehmensgründer Elon Musk den Gerüchten am Samstag weitere Nahrung. 37 der 40 Beschwerden bei der US-Verkehrssicherheitsbehörde seien gefälscht gewesen. „Es sieht so aus als ob eine oder mehrere Personen den falschen Eindruck von Sicherheitsproblemen erzeugen wollten, obwohl es keine gibt”, schrieb Musk. „Die Frage ist nur warum?“
Ermittlungen sind nicht eingestellt
Reporter Edward Niedermeyer will diese Verdächtigungen nicht auf sich sitzen lassen. In einem Blogpost antwortete er am Montag auf Teslas Vorwürfe und übt seinerseits scharfe Kritik an der Kommunikationspolitik des Herstellers. „Ich habe zu keiner Zeit und werde unter keinen Umständen irgendwelche Finanzprodukte besitzen, mit denen ich von irgendeiner Entwicklung des Tesla-Aktienkurses profitieren könnte“, stellt der Reporter darin klar. Tesla versuche, ihn persönlich zu diskreditieren, um zu vertuschen, dass man gegen Sicherheits- und Regulierungsvorschriften verstoßen habe.
Durch die persönliche Kritik sei er im Internet von tausenden Tesla-Anhängern attackiert worden, schreibt Niedermeyer weiter. Teile der Presse, „beeindruckt von den attraktiven Autos von Tesla oder eingeschüchtert von den brutalen Attacken gegen jeden, der anderer Meinung ist“, würden mittlerweile jede Kritik als Hass umdeuten und kritische Themen weitgehend ignorieren. Durch den Kult seiner Anhänger sei der Autobauer mittlerweile unfähig, Kritik einzustecken.
Auf seinem Twitter -Account betont Musk, dass die US-Verkehrsbehörde keine Sicherheitsbedenken bezüglich des Model S geäußert habe und darum „keine weiteren Daten diesbezüglich angefordert” habe. Eingestellt sind die Ermittlungen damit aber nicht. Nach einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters untersucht die Behörde die Vorfälle weiterhin.