Tesla Model 3 Der Masterplan des Elon Musk

Tesla präsentiert unter großem Rummel sein neuestes Elektroauto – sein erstes Fahrzeug für die Masse. Doch die eigentliche Revolution ist nicht das Model 3 selbst, sondern Elon Musks Vision für das Auto der Zukunft.

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Das Model 3 soll Teslas Kultobjekt werden. Quelle: AP

San Francisco Das Silicon Valley liebt Warteschlangen. Die Menschenreihen tauchen überall auf, schon im Morgengrauen, besonders häufig vor Apple-Stores. Schlangestehen, ohne Vordrängeln und Sonderprivilegien – das folgt der Idee, dass, wer nach den Regeln spielt, irgendwann auch zum Zug kommt. Die Warteschlange, sie ist das Sinnbild des amerikanischen Traums.

Das hat auch Elon Musk erkannt. Schon Stunden vor der Präsentation hatte der Tesla-Chef den Hype um sein neues Elektroauto angeheizt. Fotos machten die Runde von den langen Warteschlangen der Fans, die sich den neuen Tesla sichern wollen. Das Model 3 soll Teslas Kultobjekt werden, so wie das iPhone für Apple: Ein Volkswagen, ein Produkt, mit dem sich jeder ein wenig Luxus leisten kann, wenn er nur lang genug wartet.

Als es dann so weit war, zeigte selbst der Chef Emotionen. Seine größten Verehrer hatte der 44-jährige Unternehmer in Teslas Designstudio in Hawthorne bei Los Angeles geladen. Immer wieder unterbrechen ihn Applaus und Jubel. „Du hast es geschafft!“, ruft einer aus dem Publikum, als drei Exemplare des Model 3 am Donnerstagabend kurz vor 21 Uhr Ortszeit auf der Bühne wie auf einem Altar aufgefahren werden.

Der Chef stakst ein paar Schritte, legt die Hände zusammen, verbeugt sich. „Wir lieben Euch“. Auch er habe lange auf diesen Moment gewartet. Das Model 3 sei der letzte Schritt seines „total geheimen Masterplans“. Wie er da steht und spitzbübisch grinst, hat das etwas von der Schlüsselszene eines James-Bond-Movies, in der der Bösewicht endlich seine Strategie zur Erlangung der Weltherrschaft enthüllt.

Tesla habe nach all den Jahren gezeigt, „wie eine winzige Firma eine großen Wandel anstoßen kann“, lobt sich der Chef selbst. Vom ersten Roadster, der bewies, „dass ein Elektroauto nicht hässlich und langsam sein muss”, über die Limousine Model S und den Luxus-SUV Model X bis hin nun zu Model 3. Der Fünfsitzer ist mit einem Preis von 35.000 Dollar wesentlich günstiger ist als alle bisherigen Fahrzeuge und besitzt eine Reichweite von 340 Kilometer, „mindestens“. Das Auto beschleunige von Null auf 100 in unter sechs Sekunden.

„Mit dem Tesla 3 hat das Elektroauto die Chance, in die Mittelklasse vorzudringen“, erklärt Experte Ferdinand Dudenhöffer vom CAR-Institut der Uni Duisburg Essen. Bislang ist Tesla ausschließlich mit Premium-Angeboten für dicke Geldbeutel am Markt. Der Fahnenträger des Elektro-Antriebs liefere im Grunde nur Spielzeug und Status-Symbole für Reiche, spotten Kritiker. Das ändert sich nun.

Geordert und angezahlt werden kann das Fahrzeug bereits. Die Produktion startet laut Musk jedoch voraussichtlich erst Ende 2017: „Ich bin da ziemlich zuversichtlich.“ Doch die Nachfrage sei bereits jetzt riesig. „In den letzten 24 Stunden hat die Zahl der Vorbestellungen 115.000 überschritten.” Tesla werde die produzierte Stückzahl auf jährlich 500.000 Autos steigern.


Musk macht das Auto zur Plattform

Viele Details zum Model 3 waren bereits bekannt. Doch besonders interessant jedoch ist die Ausstattung der neuen Autos. Im Innenraum erinnert nur noch das Lenkrad an das klassische Auto, er sieht ansonsten vielmehr aus wie der von Googles selbstfahrendem Wagen. Die Mittelkonsole ist in eine Art Tablet integriert. Das Dach komplett verglast. „Wir wollen ein Gefühl von Offenheit erzeugen“, erklärt Musk und scherzt dann: „Ja, und in den Fahrerraum passt ein Surfbrett.“ Tesla-Kunden sollten sich auf die „Freiheit des Reisens“ freuen.

Das ist mehr als bloße Lifestyle-Entscheidung. Es verdeutlicht die eigentliche Vision des Multi-Unternehmers. Das Fahrzeug wird zum Erlebnisraum. Musk denkt weit über das unmittelbare Geschäft im Automarkt oder die Abschaffung der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen hinaus. Der Selfmade-Millionär hat sein Vermögen mit Paypal gemacht. Der Dienst revolutionierte die Bankenbranche, indem er die Finanzdienstleistungen zur Plattformfrage erklärte. Das Auto ist für Musk eine solche Plattform, so wie das iPhone für Apple eine Plattform ist.

Musk wird damit langfristig die Idee davon neu definieren, was ein Auto ist. Das ist die eigentliche Revolution. „In dieser Logik wird es künftig egal sein, welches Auto wir fahren. Es wird auf die Features, auf die Software und Entertainment-Angebote ankommen, die wir während der Fahrt konsumieren können”, analysiert Karsten Weide, Experte des US-Marktforschungsinstituts IDC. Derartige Technologien seien das Kerngeschäft von Westküsten-Unternehmen wie Tesla, aber auch Google oder Apple. „Deutsche Autobauer müssen sich anstrengen, um hier nicht abgehängt zu werden.“

Der Vorstoß in den Massenmarkt ist für Tesla und seine Aktionäre auch ein großes Wagnis. Das Unternehmen, das seit Gründung 2003 noch keinen Jahresgewinn geliefert hat, nimmt hohe Kosten in Kauf. Der riskante Plan muss aufgehen.

Das Model 3 ist ein wichtiger Mosaikstein, um in Zukunft einmal richtig Geld zu verdienen. Ein weiterer entscheidender Faktor ist der Aufbau einer riesigen Fabrik für Batterien, mit denen die Fahrzeuge eines Tages betrieben werden sollen. Diese „Gigafactory“ entsteht in Nevada und verschlingt Milliarden. Bislang ist Tesla für Aktionäre ein großes Versprechen. „Ob sich das langfristig auszahlt, weiß heute noch niemand“, sagt Experte Dudenhöffer.

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