Tesla startet mit Model 3 Der Tag der Wahrheit

Heute beginnt die offizielle Produktion von Teslas Model 3. Die Börse ist verunsichert, die Aktie stürzt ab. Wird der Hoffnungsträger ein Rohrkrepierer – oder das wichtigste neue Konsumprodukt seit dem iPhone?

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Hoffnungsträger oder Rohrkrepierer? Die Serienproduktion des neuen Tesla-Fahrzeugs startet am Freitag. Quelle: Reuters

San Francisco Drei Monate lang hat sich Tesla als wertvollster US-Autokonzern behauptet. Nun hat der Höhenflug ein abruptes Ende gefunden. Am Donnerstag nach Börsenschluss war General Motors mit einem Wert von 52,6 Milliarden Dollar wieder die Nummer eins – vor Tesla mit 51,7 Milliarden Dollar.

Der Aktienkurs des kalifornischen Konzerns fiel seit Montag um rund 15 Prozent und vernichtete fast neun Milliarden Dollar Börsenkapitalisierung. Alleine am Donnerstag stürzte das Papier um 5,6 Prozent bergab. Fraglich ist nun, ob am Freitag die Marke von 300 Dollar unterschritten wird. Tritt dieser Fall ein, könnte sich der Abwärtssog fortsetzen.

Die Woche fing mit der Veröffentlichung der Absatzzahlen für das zweite Quartal für den Elektropionier schon schlecht an. Die Verkäufe erreichten mit 22.000 Fahrzeugen nur mit Müh' und Not die Zielmarke. Im ersten Halbjahr waren es nur 47.100 – und damit am unteren Ende der Zielspanne, die mit 47.000 bis 50.000 angesetzt war.

Firmenchef Elon Musk sprach von einem Engpass an Batterien für das Top-Model der S-Serie, von dem zuvor nie die Rede war. Das habe die Produktion und Auslieferung verzögert. Doch Analysten und Investoren fragen sich, ob das in die Jahre gekommene Model S schon den Zenit überschritten haben könnte.

Musk twitterte gegen die miese Stimmung an – und verkündete den Produktionsstart des neuen Model 3 für den heutigen Freitag. Die ersten 30 Fahrzeuge sollen bis zum zum 28. Juli an Kunden ausgeliefert werden. Doch er hatte auch eine schlechte Nachricht: Im Dezember werde die Produktionskapazität des neuen Billig-Tesla 20.000 pro Monat erreichen. Das ist weniger als bislang prognostiziert.

Analysten von Goldman Sachs nahmen Musks Aussagen und die Verkaufszahlen zum Anlass, ihre ohnehin schon negative Bewertung weiter zu verschlechtern: Statt 190 Dollar lautet sie jetzt 180 Dollar pro Aktie – mit einer klaren Verkaufsempfehlung. Im Jahr 2018 sei zudem mit der nächsten Kapitalerhöhung zu rechnen.

Dagegen erwarten Analysten von Guggenheim Partners, dass das neue Modell die schleppenden Verkäufe wettmacht und raten zum Kauf. Das Kursziel setzten sie von 380 auf 430 Dollar hoch. Staranalyst Gene Munster vergleicht Teslas Model 3 gar mit Apples iPhone. Zehn Jahre nach dem Verkaufsstart hat das Smartphone nur noch einen Weltmarktanteil von weniger als 20 Prozent. Den Rest belegt die späte Konkurrenz Android.

Das Android der Autoindustrie will der chinesische Suchmaschinengigant Baidu mit seinem Projekt „Apollo“ werden. Bei dem Projekt für selbstfahrende Autos haben auch Daimler, Ford, der chinesische Hersteller Chery und andere unterschrieben. Schon 2020 sollen die Fahrzeuge selbstfahrend und überwiegend elektrisch über die Straßen rollen.


Teslas Model S verfehlt bei Sicherheitstest Bestmarke

Zu internen Problemen kommen auch noch Einschläge von außen: Volvo, im Besitz des chinesischen Konzerns Geely, kündigte als erster Massenhersteller an, ab 2019 die Produktion neuer Modelle vollständig auf Hybrid- und Elektro-Autos umzustellen. Das verschärft die Konkurrenzsituation. China ist gerade dabei, sich zum größten Markt für Elektro-Autos zu etablieren. Außerdem verfehlte Teslas Model S bei einem Sicherheitstest des US-Versicherungsinstituts IIHS die Bestmarke

Reuters meldete dann unter Verweis auf vier Quellen am Donnerstag einen Vertrag über 20.000 Tonnen Kobalt zwischen der Minengesellschaft Glencore und dem chinesischen Batteriehersteller Contemporary Amperex. Der Nutznießer sei Volkswagen, die mit am Verhandlungstisch gesessen hätten, so ein Kobalt-Händler laut Reuters.

Kobalt ist ein wichtiger Bestandteil bei der Herstellung von Lithium-Ionen-Akkus. Diese Nachricht kam bei Tesla-Aktionären nicht gut an, nachdem Musk zuvor von Akku-Engpässen gesprochen hatte. VW – gebeutelt vom Niedergang des Diesels – will aggressiv im Elektro-Markt wachsen.

Ein Teil der schweren Tesla-Kursverluste ist sicherlich auch auf Gewinnmitnahmen zurückzuführen. Die Tesla-Aktie ist auch jetzt noch fast 50 Prozent teurer als vor einem Jahr. Was aber wiederum ein schlechtes Zeichen sein könnte: Am Freitag könnte der eine oder andere Investor auf die Idee kommen, sich diese Gewinne vorsichtshalber zu sichern, bevor die ersten Model-3-Exemplare die Werkshallen in Fremont verlassen und den Realitätstest bestehen müssen.

Die Einführung des SUV Model X war von Pannenserien begleitet, die Elon Musk dazu brachten, sich zu entschuldigen und zu versprechen, dass dies nicht wieder vorkommt. Das muss er jetzt unter Beweis stellen: der Tag der Wahrheit.

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