Teure Medikamente Pillen-Preise an der Schmerzgrenze

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Marktkräfte im Gesundheitswesen

Die Kritik scheint die Gilead-Manager nicht kaltzulassen, offenbar auch weil die US-Wettbewerber Bristol Myers Squibb, Johnson & Johnson sowie Abbvie ebenfalls neue Hepatitis-Mittel lanciert haben. Nachdem sich die Krankenkassen mit Johnson & Johnson auf einen niedrigeren Erstattungspreis einigten, zog auch Gilead nach. Am Donnerstag gab das Unternehmen bekannt, dass der Preis für eine zwölfwöchige Therapie gesenkt wird: von 60.000 auf gut 43.500 Euro.

Arzneimittelausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung (in Milliarden Euro). (zum Vergrößern bitte anklicken)

Von den hohen Gewinnen bei Harvoni dagegen kann Gilead noch einige Monate profitieren: Das Mittel – das im Gegensatz zu Sovaldi nicht zusammen mit einer weiteren Tablette eingenommen werden muss – befindet sich noch im ersten Jahr nach Markteinführung, in dem das Unternehmen den Preis frei gestalten kann.

Wohl um guten Willen zu beweisen, hat Gilead mit der Techniker Krankenkasse, der Barmer GEK, der AOK Niedersachsen und der AOK Rheinland/Hamburg Rabattverträge für Sovaldi und Harvoni abgeschlossen. Wie viel Gilead nachlassen musste, wollen weder das Unternehmen noch die Kassen sagen. Immerhin profitiert etwa ein Drittel aller gesetzlich Versicherten mittlerweile von den Rabatten.

Viel Luft im Preis

Die Verhandlungen werden nun härter für die Unternehmen. Dass dabei selbst ein Lob des Gemeinsamen Bundesausschusses kein Freibrief mehr für hohe Preise ist, musste der Schweizer Pharmakonzern Roche erfahren. Die Eidgenossen hatten vom Bundesausschuss für ihr Mittel Zellboraf gegen den Schwarzen Hautkrebs die Bewertung „beträchtlicher Zusatznutzen“ erhalten. Dennoch forderten die Kassen den Hersteller auf, den Preis zu halbieren. Roche war kurz davor, das Präparat vom Markt zurückzuziehen. „Eine positive Nutzenbewertung garantiert noch längst nicht einen angemessenen Preis“, ärgerte sich Hagen Pfundner, Deutschland-Chef von Roche.

In einer Nacht-und-Nebel-Aktion einigten sich Unternehmen und Kassen-Spitzenverband dann doch noch. Um Zellboraf auf den Markt zu bringen, sah sich Roche dann offenbar doch in der Lage, kräftig nachzugeben: „Beim Preis in Deutschland liegen wir jetzt deutlich unterhalb des europäischen Durchschnittspreises.“

Ein Beispiel dafür, wie Marktkräfte im Gesundheitswesen funktionieren – die Kassen hatten ihre Nachfragemacht in die Waagschale geworfen.

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