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ThyssenKrupp Cromme muss vor Hauptversammlung zittern

Das Management des schlingernden Ruhrkonzerns bereitet sich fieberhaft auf die Aktionärsversammlung am 18. Januar in Bochum vor. Es werden höchst unangenehme Fragen an Aufsichtsratschef Gerhard Cromme zur Finanzlage des Konzerns erwartet.

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Gerhard Cromme, Aufsichtsratschef des angeschlagenen Stahlkochers ThyssenKrupp, will keine persönlichen Konsequenzen aus den Milliardenverlusten und Affären im Konzern ziehen.

Um den Jahreswechsel herum war es um den in der Krise steckenden Ruhrkonzern ThyssenKrupp wieder ruhig geworden nachdem die Schlagzeilen vor Weihnachten so hoch brandeten, dass die Nerven der Stahl- und Technologiemanager in Essen arg strapaziert wurden. Gleich drei Vorstände mussten gehen, wegen Erfolglosigkeit und wegen bisher rechtlich unbewiesener Verstrickungen in Korruptionsfälle. Der Verdacht reichte schon aus, sie vor die Tür zu setzen.

Cromme und Beitz trugen alles mit...

Nun führt Konzernchef Heinrich Hiesinger das Unternehmen zusammen mit dem Finanzchef Guido Kerkhoff und dem Personalvorstand von der Arbeitnehmerseite. Das Trio ist nun für die Geschicke des Unternehmens verantwortlich. Sie sind von den Sünden der Vergangenheit unbeleckt, das Dreierteam gehörte vor zwei Jahren dem obersten Führungsgremium noch nicht an. Hiesinger kam von Siemens, Kerhoff von der Telekom. Unschuldiger für die Fehlinvestitionen von zwei Stahlwerken in Übersee, Brasilien und Alabama (USA) kann man wohl nicht mehr sein.

Grafik Verluste der Stahlwerke in Brasilien und USA

Aber einer ragt noch aus der alten Riege hervor. Der Mann, der sich im Spiegel-Interview vor Weihnachten als ganz und gar unschuldig bezeichnete für die zwölf Milliarden Euro, die in Übersee in den Sand gesetzt wurden: Gerhard Cromme, 69, der Aufsichtsratschef, will es nicht gewesen sein, der mitverantwortlich ist für das Fehlinvestment, das die Liquidität des Unternehmens arg beutelte.

Aus der ThyssenKrupp-Bilanz 2011/2012

Dabei hat Cromme alle Investitionsanträge abgenickt, die ihm vorgelegt wurden. Er fühlt sich selbst hinters Licht geführt, laut selbst bestellter Rechtsgutachten, zu optimistisch, unvollständig und teilweise falsch informiert. Cromme ist der große Match-Maker im Hintergrund. Er und der Krupp-Patriarch Berthold Beitz, 99, führen das Unternehmen vom Olymp aus, dem „Hügel“ in Essen, mit harter Hand. Mal im Hintergrund, mal ganz operativ im Vordergrund. Auf dem Hügel befindet sich die Krupp-Stiftung, die größte Aktionärin von ThyssenKrupp. „Ihre undurchsichtige Rolle müssen die übrigen Anteilseigner auf der Hauptversammlung durchleuchten und auch anprangern“, sagt ein Aktionärsvertreter im Vorfeld der Hauptversammlung.

Schon am Freitag, den 18. Januar, ist es soweit. In der Bochumer Messehalle wird die Hauptversammlung von Gerhard Cromme eröffnet. Und schon jetzt lässt er sich „coachen“, wie es ein ThyssenKrupp-Manager schildert, um nicht ins Schwimmen zu geraten, wenn die Aktionäre bohren. Sie werden nach seiner Rolle fragen, die er im Konzern wahrnimmt, auf welcher Grundlage er dem desaströsen Bau der Stahlwerke zustimmt, die nur hohe Verluste schreiben. In den vergangenen Jahren war Cromme in mehrstufigen Investitionsentscheidungen in allen Gremien des Konzerns als oberster Kontrolleur des Konzerns eingebunden.

Kann man sich mit dem Feuern von allen anderen Schuldigen und Mitschuldigen reinwaschen?

Auch die Frage, zu welchem Kaufpreis die Stahlwerke nun verkauft werden und wie hoch der Abschreibungsbedarf im Unternehmen ist, wird die besorgten Aktionäre umtreiben. Für die nächsten Tage und Wochen gilt: ThyssenKrupp ist noch lange nicht aus dem Schneider, erst recht nicht aus den Schlagzeilen.

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