Thyssenkrupp und Bilfinger Wie sich Cevian in Deutschland verpokert hat

Ernüchterung bei Thyssenkrupp, Dauerprobleme bei Bilfinger: Statt fetter Gewinne gab es für Cevian in Deutschland Verluste. Der Finanzinvestor ist dabei, den eigenen Ruf zu zerschlagen.

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Cevian pokert mit thyssenkrupp und Bilfinger. Quelle: dpa, Montage

Als am Donnerstag vorletzter Woche der Aufsichtsrat von Thyssenkrupp tagt, kommt die brisanteste Aussage von einem, der gar nicht dabei ist. Es ist der Tag vor der Hauptversammlung (HV). Während Chefaufseher Ulrich Lehner mit seinen Kollegen den Dividendenvorschlag des Vorstands von 15 Cent je Aktie diskutiert, tickert die Nachrichtenagentur Reuters: Lars Förberg, Partner des schwedischen Finanzinvestors und Großaktionärs Cevian, lehne eine Dividende ab, sie sei „angesichts der finanziellen Lage nicht sinnvoll“. Mitarbeiter geben die Info sofort in die Sitzung, Lehner ist pikiert. Druck machen über die Medien, das gefällt dem früheren Henkel-Chef gar nicht. Cevians Vertreter im Kontrollgremium, Jens Tischendorf, erntet böse Blicke, nicht nur von Lehner.

Tags darauf in der HV hat Cevian keine Chance: Drei Viertel der Aktionäre stimmen für die Dividende, der Investor, der über gut 15 Prozent der Stimmen verfügt, hat kaum Mitstreiter gefunden. Das Anti-Cevian-Bollwerk in Essen steht. Gedankenspiele der Schweden um eine Abspaltung profitabler Bereiche stoßen auf Widerstand. „Wir haben kein Ziel, auch nicht ansatzweise, Thyssenkrupp zu zerschlagen“, sagt Vorstandschef Heinrich Hiesinger auf der HV. Bei Cevian wachse die Ernüchterung, berichten Insider. Denn der aktivistische Investor will maßgeblichen Einfluss auf die Strategie der Unternehmen gewinnen, an denen er sich beteiligt hat.

Eine Auswahl bisheriger Investitionen des Finanzinvestors Cevian

Die Schweden sind berüchtigt dafür, dass sie Vorstände unter Druck setzen, damit diese nach ihren Vorstellungen handeln. Doch ihre Strategien sind in Deutschland nicht aufgegangen. Beim neben Thyssenkrupp zweiten großen Engagement, dem Mannheimer Bau- und Dienstleistungskonzern Bilfinger, ist die Misere im fünften Jahr nach dem Einstieg größer denn je. Der Finanzinvestor, der zwölf Milliarden Euro Anlegergeld verwaltet, liegt mit beiden Beteiligungen addiert etwa eine halbe Milliarde Euro im Minus.

Vom Anspruch, das eingesetzte Kapital binnen drei bis fünf Jahren zu verdoppeln, ist man meilenweit entfernt. In Finanzkreisen heißt es, Cevians Geldgeber würden nervös, wollten Resultate sehen. Cevian-Kenner weisen das zurück. Doch der Investor erhöht den Druck bei seinen Beteiligungen. Obwohl die Preise für Investitionsgüterfirmen gefallen sind, drängt Cevian darauf, Bereiche abzuspalten. Kurzfristig könnte das zu Wertsteigerungen führen, langfristig aber die Unternehmen schwächen.

"Cevian hat nichts bewiesen"

Bisher hat Cevian, anders als in anderen europäischen Ländern, in Deutschland viel versprochen und wenig gehalten. „Sie haben in keinem Fall bewiesen, dass sie ein unterbewertetes Unternehmen schnell besser machen und so den Wert deutlich erhöhen können“, sagt ein hochrangiger Frankfurter Investmentbanker über Cevian. „Bilfinger haben sie nicht verstanden und keinen Wertbeitrag geliefert.“ Bei Thyssenkrupp könne sich Cevian nicht durchsetzen. Durchdachte Konzepte für eine angeblich wertsteigernde Neuausrichtung seien nicht in Sicht.

Deshalb will Cevian zu einem vermeintlichen Allheilmittel greifen: Abspaltungen. Bei Thyssenkrupp liebäugelt der ambitionierte Großinvestor nach der zunächst favorisierten Abstoßung der ertragsschwachen Stahlsparte nun damit, die Filetstücke Aufzüge oder Autozulieferung zu Geld zu machen. Bei Bilfinger gilt das Gebäudemanagement als Verkaufskandidat – die einzige Sparte, die aktuell überhaupt funktioniert. Auch beim jüngsten Investment, dem Schweizer Energie- und Automatisierungskonzern ABB, treibt Cevian die Aufspaltung voran.

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