Toyota Der heimliche Gewinner des VW-Dieselbetrugs

Seit in Deutschland über Fahrverbote für den Diesel diskutiert wird, steigen die Verkäufe von Toyota. Dabei beschert ausgerechnet eine Technologie den Japanern neue Absatzrekorde, die hierzulande lange belächelt wurde.

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Drei von vier Fahrzeugen des Modells in Deutschland werden mit Hybridantrieb verkauft. Quelle: Hersteller

Düsseldorf Der Generalkonsul ist zu Scherzen aufgelegt. Für einen japanischen Diplomaten geradezu jovial begrüßt Ryuta Mizuuchi seine Besucher mit den Worten. „Herzlich willkommen, hier JWD“. Allerdings dürfe man dieses Kürzel nicht typisch rheinländisch als „janz weit draußen“ übersetzen, betont der Diplomat, auch wenn sein Konsulat vor den Toren von Düsseldorf liege. JWD stehe für „Japan im Westen Deutschlands“, sagt er und lacht herzlich.

Dass die Stimmung in der altehrwürdigen Residenz am Rande der NRW-Landeshauptstadt so gelöst ist, hat einen Grund: Der Generalkonsul hat in seine Vertretung geladen, um für einen Weltmarktführer aus seiner Heimat zu werben, der in letzter Zeit außerordentliche Erfolge in Deutschland feiern konnte.

Direkt hinter dem Gebäude – mit Blick auf den weitläufigen Garten – hat Toyota den neuen halbelektrischen Prius ausgestellt. Japanische Technologie, auf die der Hersteller mächtig stolz ist. Weltweit ist das Modell ein Bestseller. Und auch in Deutschland, der Heimat von VW, haben die Japaner ungewöhnlich erfolgreiche Monate hinter sich. Im ersten Quartal 2017 legte ihr Absatz um 31 Prozent zu. Im deutschen Volumenmarkt wächst derzeit niemand schneller als Toyota.

Das liegt nicht alleine an neuen Modellen wie dem C-HR: Seit der Diesel in Deutschland massiv in der Kritik steht, wächst der Absatz von Toyota. Die Japaner sind der heimliche Gewinner des VW-Dieselbetrugs. „Angesichts der aktuellen Debatte um Feinstaub, Stickoxide und Fahrverbote gehen wir davon aus, dass der Hybridabsatz weiter steigt“, sagt Toyota-Deutschlandchef Tom Fux.

Toyota war einer der ersten Hersteller, der in seine Modelle neben dem Verbrennungsmotor eine Batterie einbaute, die sich beim Fahren lädt, um damit den Verbrauch im städtischen Verkehr zu senken. Anfang waren die Japaner für diese Idee belächelt worden – insbesondere in Deutschland. Der Antrieb galt als sparsam aber unsexy. Die Deutschen hatten schließlich den Diesel, der eben nicht nur sparsam, sondern auch sportlich daherkam.

Doch seit die Zukunft der Selbstzünder offen infrage gestellt wird, steigt die Nachfrage nach Hybriden deutlich an. Mittlerweile hat Toyota weltweit bereits 10,5 Millionen halbelektrische Fahrzeuge verkauft – rund 150.000 davon in Deutschland.


Diesel als Auslaufmodell

Bei neuen Modellen wie dem Crossover C-HR liege der Anteil des Hybrids an den Verkäufen mittlerweile bei 75 Prozent, sagt Toyota-Deutschlandchef Fux. Über die gesamte Modellpalette gesehen ist nahezu jeder zweite Toyota ein Hybrid. Der Dieselanteil sei bei einigen Modellreihen mittlerweile sogar so niedrig, dass man die Motorenvariante gar nicht mehr anbiete. Bei der neusten Variante des Kompaktwagen Yaris wurde der Diesel beispielsweise gleich ganz gestrichen. Dem Verkauf hat das bisher nicht geschadet.

„Mit unseren Hybridmodellen haben wir eine doppelt so hohe Eroberungsquote wie bei konventionellen Antrieben“, sagt Fux. Die Eroberungsquote ist in der Autoindustrie der Messwert, der den Anteil der Kunden beschreibt, die vorher ein Auto einer anderen Marke gefahren haben. Der Hybrid ist derzeit Toyotas wohl überzeugendstes Argument.

„Toyota ist der einzige Hersteller, der derzeit Hybridtechnologie zu einem Preis anbieten kann, der sich für den Käufer rechnet“, sagt Autoprofessor Ferdinand Dudenhöffer, Leiter des Center of Automotive Research (CAR) der Universität Duisburg-Essen. Damit hätten die Japaner erfolgreich eine Nische besetzt, in der sie ihre Marktanteile zusätzlich durch Rabatte ausbauen würden. Allerdings sei keinesfalls garantiert, dass diese Strategie langfristige Erfolge bringe. „Ab 2020 werden neue Elektromodelle den Hybrid herausfordern“, sagt Dudenhöffer.

Denn bei der Elektrifizierung des Antriebs gehen die Japaner nicht besonders radikal vor. Ein reines Elektrofahrzeug hat Toyota noch nicht im Angebot. Und selbst den Plug-in-Hybrid, dessen größere Batterie über ein Ladekabel geladen werden muss, behandelten die Japaner bislang eher stiefmütterlich – er kam nur beim Prius und bei einigen Lexus-Modellen zum Einsatz. An den Verkäufen hat der Plug-in-Hybrid nach wie vor nur einen marginalen Anteil.

An den ambitionierten Zielen von Toyota ändert das nichts. Nach 74.000 verkauften Fahrzeugen im Jahr 2016 wollen die Japaner ihre Verkäufe in Deutschland dieses Jahr auf 80.000 Fahrzeuge steigern. Damit dürfte die gute Laune des japanischen Generalkonsuls auch bis zum kommenden Jahr anhalten.

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