Trianel Eine Kohlekraftwerk macht wenig Freude

Im Probebetrieb läuft das neue Kohlekraftwerk des Stadtwerkebunds Trianel bereits. Im zweiten Halbjahr soll es ans Netz – und wird dann auf Jahre Verlust abwerfen. Die Strompreise an der Börse vermiesen das Geschäft.

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Kanzlerin Angela Merkel bei einem Besuch der Kraftwerks-Baustelle in Lünen vor zweieinhalb Jahren. Quelle: Reuters

Essen Das Stadtwerkebündnis Trianel rechnet wegen der fallenden Strom-Großhandelspreise mit einer längeren Durststecke bei seinem neuen Kohlekraftwerk in Lünen. „Die Verluste werden in den ersten Jahren höher ausfallen als ursprünglich erwartet“, sagte Trianel-Chef Sven Becker am Dienstag am Rande der „E-World“-Messe in Essen. Genaue Zahlen nannte er nicht.

Zwar seien 2008 bei dem Baubeschluss für die 750 Megawatt-Anlage Anfangsverluste einkalkuliert worden. Die jetzige Entwicklung der Börsenpreise sei aber nicht absehbar gewesen. „Wir haben im Moment dramatische Verwerfungen im System.“ Über den bei Kraftwerkskalkulationen üblichen Zeitraum von 20 Jahren werde sich die Anlage aber rechnen.

Das 1,4 Milliarden Euro teure Kraftwerk läuft seit Dezember im Probebetrieb und soll im dritten Quartal dieses Jahres an das Netz gehen. An der Anlage sind neben Trianel 29 Stadtwerke und regionale Energieversorger beteiligt. Bei den Kosten und dem Zeitplan seien die Vorgaben eingehalten worden, sagte Trianel-Chef Becker. Dennoch werde es einige Jahre dauern, ehe ein Gewinn erzielt wird. „Wir rechnen damit, dass, wenn sich die Marktbedingungen verändern, wir 2017, 2018 wieder die Nullgrenze überschreiten.“

Durch den Ausbau der Solar- und Windenergie sind die Großhandelspreise für Strom unter Druck geraten. Hinzu kommt, dass die Nachfrage in Europa insbesondere wegen der schwächeren Industrieproduktion in den schuldengeplagten Staaten Südeuropas zurückgeht. Die Großhandelpreise liegen bei etwa 42 Euro je Megawattstunde. Vor einigen Jahren waren sie doppelt so hoch. Darüber hinaus gibt es in Europa trotz des Atomausstiegs in Deutschland im Kraftwerksbereich Überkapazitäten.

Hierzulande müssen konventionelle Kraftwerke häufig heruntergefahren werden, damit der vorrangig behandelte Ökostrom die unzureichenden Stromnetze nicht überlastet. Dies trifft vor allem die schnell regelbaren Gaskraftwerke. Der größte deutsche Versorger E.ON hatte in der vergangenen Woche angekündigt, bis 2015 womöglich bis zu 30 Kohle- und Gaskraftwerke stillzulegen.

„Es ist in der Tat so, dass die Kraftwerke in ihrer wirtschaftlichen Situation viel dramatischer unter Druck geraten, als noch vor zwei Jahren absehbar war“, sagte auch die Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), Hildegard Müller, auf der „E-World“. Sie brachte erneut eine „strategische Reserve“ ins Spiel.

Versorger, die beabsichtigten, unrentable Kraftwerke still zu legen, könnten demnach in einer Art Auktion deren Leistung anbieten. Sie müssten sich im Fall des Zuschlags für mindestens zwei Jahre festlegen, diese Kraftwerke schnell anfahrbereit zu halten, ihre Leistung aber nicht anderweitig zu vermarkten. Diesem Vorschlag zufolge würden Kraftwerke nicht vom Netz gehen, die als Ausgleich für den schwankenden Ökostrom benötigt werden.

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