Trotz Arbeitnehmer-Protesten Fusion zwischen Thyssenkrupp-Stahlsparte und Tata nimmt Form an

Die Verhandlungen für eine Fusion der Thyssenkrupp-Stahlsparte mit dem Konkurrenten Tata sind auf der Zielgeraden. Noch in diesem Monat könnte der Deal zum Abschluss kommen – auch gegen Widerstand der Arbeitnehmer.

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Können sich die Vertreter der Anteilseigner im Aufsichtsrat nicht mit den Arbeitnehmervertreter einigen, muss Chefaufseher Ulrich Lehner von seinem doppelten Stimmrecht Gebrauch machen. Quelle: dpa

Düsseldorf, Frankfurt Thyssenkrupp sieht trotz des Widerstands der Arbeitnehmervertreter große Chancen für eine Stahlfusion mit dem Konkurrenten Tata Steel. Die Verhandlungen seien auf der Zielgeraden, sagte ein Sprecher am Montag. Eine Einigung auf eine Absichtserklärung (MoU) für ein Joint Venture könne es noch in diesem Monat geben. Man erwarte dafür die Zustimmung der Gremien. Die Arbeitnehmervertreter kündigten umgehend Widerstand dagegen an. Da auch noch nicht von einer Prüfung der Bücher (Due Diligence) – dem wichtigsten Teil von Verhandlungen – die Rede war, dürften bis zum Abschluss der Fusion noch Monate vergehen. Auch die Kartellbehörden müssen zustimmen.

Eine für Dienstag geplante Aufsichtsratssitzung des Konzerns wurde auf das Wochenende 23./24. September verschoben. „Der Vorstand befindet sich aktuell in Gesprächen über strategische Optionen. Thyssenkrupp verschiebt deshalb die für den 12. September 2017 vorgesehene Sitzung des Aufsichtsrats, um den Aufsichtsrat über den Stand dieser Gespräche adäquat informieren zu können“, teilte der Konzern mit.

Die Arbeitnehmervertreter gingen umgehend auf die Barrikaden. „Wir lehnen eine Fusion mit Tata ab“, sagte der Chef der IG Metall Duisburg-Dinslaken, Dieter Lieske, der Nachrichtenagentur Reuters. „Ich habe keine Anzeichen von unseren Vertretern im Aufsichtsrat, dass sie einer Fusion zustimmen werden. Wir werden auch keinem MoU zustimmen.“ Notfalls müsse Aufsichtsratschef Ulrich Lehner von seinem in Pattsituationen doppelten Stimmrecht Gebrauch machen. Die Arbeitnehmervertreter befürchten, dass Tausende Stellen gestrichen und Standorte geschlossen werden könnten.

Thyssenkrupp-Chef Heinrich Hiesinger verhandelt seit anderthalb Jahren über einen Zusammenschluss der Stahlgeschäfte. Zusammen würden sie den zweitgrößten europäischen Stahlkonzern nach ArcelorMittal schmieden. Hiesinger will damit dem Problem der Überkapazitäten in der Schwerindustrie begegnen. Er hat dieses Modell anderen vorgezogen. Diskutiert wird auch über eine Abspaltung der Stahlsparte oder eine Deutsche Stahl AG unter Beteiligung von Thyssenkrupp, Salzgitter und Georgsmarienhütte. Salzgitter lehnt dies jedoch ab. Wichtigste Anteilseigner von Thyssenkrupp sind die Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung mit rund 23 Prozent und der schwedische Finanzinvestor Cevian mit etwa 15 Prozent.

Thyssenkrupp Steel Europe mit Hauptsitz in Duisburg beschäftigt rund 27.000 Mitarbeiter. Bei Tata Steel sind es 21.500. Ein großes Hindernis für die Fusion waren die 15 Milliarden Euro schweren Pensionslasten von Tata in Großbritannien. Tata hatte hierfür aber kürzlich eine Einigung mit dem Pensionsfonds erzielt. Die Pensionslasten seien nun vom Unternehmen abgetrennt worden, teilte Tata am Montag mit. Die Aktien von Thyssenkrupp legten zeitweise um 3,4 Prozent zu.

Ein Scheitern der Fusion wäre eine Niederlage für Hiesinger. Der ehemalige Siemens-Manager hatte 2011 die Führung des Mischkonzerns übernommen. Er drängt seitdem die Bedeutung des konjunkturanfälligen Stahlgeschäfts zurück und setzt stattdessen auf die stabileren Technologiegeschäfte mit Aufzügen, Anlagen, Autoteilen oder U-Booten. Hiesinger habe an dem Deal mit Tata lange gearbeitet, hatte der Portfolio-Manager von Union Investment, Ingo Speich, Reuters gesagt. „Bisher ist der große Paukenschlag bei Thyssenkrupp ausgeblieben, was die Restrukturierung und die Transformation hin zum Technologiekonzern betrifft. Das ist ein zwingender Schritt, den wir jetzt sehen müssen.“

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