Überraschende Neuvorstellung Thermomix TM6: Neue Funktionen und viel Ärger

Thermomix TM6: Warum Kunden verärgert sind Quelle: dpa

Die Erfolgsmaschine Thermomix musste in den vergangenen Jahren Rückschläge verkraften. Der Nachfolger TM6 soll nun das Ruder rumreißen. Viele Kunden sind deswegen verärgert.

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„Der Thermomix kann jetzt braten.“ „Echt?“ - so werden an diesem Wochenende einige Gespräche unter Freunden und in der Familie verlaufen sein. Die nun überraschend vorgestellte achte Auflage des Küchengerätes ist und bleibt das, was man in der Schmuckbranche ein „Talking Piece“ nennt.

Die einen halten es in Debatten quasi für ein Geschenk des heiligen Laurentius, dem Schutzpatron der Köche, die anderen für ein Statussymbol derjenigen, die nicht kochen können. Für Vorwerks Marketing ist nur wichtig: Es wird darüber geredet.

In diesem Falle allerdings nicht immer nur freundlich und fröhlich. Die Ankündigung des Wuppertaler Herstellers Vorwerk am 1. April mit dem Verkauf des neuen Gerätes zu beginnen, hat viele Kunden verärgert. Vor allem jene, die in jüngster Zeit oder gar in der Woche zuvor, bei einer der Thermomix-Verkaufsveranstaltungen den Vorgänger, den TM5 bestellt haben und sich vielleicht zu Weihnachten selbst geschenkt haben.

Diesen Kunden wird das Unternehmen kein Angebot machen, auf das leistungsfähigere Modell zu wechseln. Kunden, die nach dem 20. Februar bestellt haben, können noch auf das dann 1359 Euro teure Gerät wechseln.

Der hohe Verkaufspreis legt nahe, dass viele Käufer sich den Erwerb mehrfach überlegen und planen, ihn über viele Jahre zu nutzen. Gerade auch die Langlebigkeit der in Wuppertal und Frankreich montierten Geräte trugen zum Erfolg des Produkts bei. Lange Produktzyklen sind nicht unüblich für Vorwerk. Der TM31 wurde erst zehn Jahre später durch den TM5 abgelöst und deswegen kam selbst für Kenner der Marke der Wechsel nach nur fünf Jahren überraschend.

Der verwöhnte Hersteller, der auch mit Kosmetikprodukten, Mittelstandsfinanzierungen und natürlich den Staubsaugern mit dem Namen Kobold Umsatz erzielt, verzeichnete in den vergangenen Jahren einen Rückgang des Interesses. „Die Einführung des TM5 war eine Sonderkonjunktur“, sagte der Geschäftsführende Gesellschafter Reiner Strecker noch 2018 bei der Bekanntgabe der Jahreszahlen für 2017, die einen Rückgang zeigten. Lagen die Wartezeiten nach der Vorstellung des TM5 noch bei mehreren Monaten, konnten diese auf einige Wochen reduziert werden, nachdem die Kapazitäten für die Fertigung erhöht wurden.

Der deutsche Markt ist für Vorwerk mit dem Thermomix bereits gut erschlossen. So ist es kein Wunder, dass in den Produktvideos für das neue Gerät im Hintergrund englische Sprache zu lesen ist. Und die 2018 vorgestellte Teemaschine Temial richtet sich in erster Linie an den asiatischen Markt. Dort sieht der Hersteller auch für seine Küchenmaschine noch Potenzial.

Dies zu heben, erfordert neue Funktionen beim Thermomix. Neben einem größeren Display ist es vor allem die Vernetzung, die das Modell TM6 auszeichnet. Musste zuvor noch ein Extra-Bauteil, der Cookidoo, an das Gerät angebracht werden, nimmt die neue Küchenmaschine direkt via Wlan Kontakt zu der digitalen Rezepte-Sammlung auf. Dafür müssen die Kunden eine Jahresgebühr zahlen.

Auf den ersten Blick mögen weitere neue Funktionen wie Niedriggaren oder gar die Möglichkeit „sous vide“, also im Vakuum zu garen, eher für eine kleine Anzahl an Nutzern interessant zu sein - dass aber der neue Hoffnungsträger dank einer Funktion zum Anbraten auch die Pfanne überflüssig macht und Röstaromen erlaubt, dürfte in der Strategie der Wuppertaler wichtig sein.

Für einige Jahre war Vorwerk an dem Lieferanten für Kochboxen „Hello Fresh“ beteiligt. Dort können Kunden auch heute noch Gemüse, Fisch und Fleisch als spezielle Boxen für die Zubereitung im Thermomix ordern. Bislang war Thermomix-Nutzer aber nicht in der Lage, etwas anzubraten. Diese Lücke könnte Vorwerk nun schließen und die Zielgruppe der Menschen erweitern, die sich zwar mit frischen Zutaten ernähren wollen, aber denen Zeit und Kenntnis von Basistechniken in der Küche fehlen.

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