Ulrich Lehner Die stille Macht am Rhein

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Bei Oetker biss er sich die Zähne aus

Ein hartes Machtwort wäre auch beim Bielefelder Oetker-Clan vielleicht angebracht gewesen. An ihm biss sich Lehner als einer von vier familienfremden Beiratsmitgliedern die Zähne aus. Anlass war der Streit der beiden Familienzweige um die Macht, der Ende vergangenen Jahres bei der Frage der Nachfolge von Konzernchef August Oetker eskalierte. Im Zuge dessen gelang es Lehner nicht, die Sippe zu einer Fusion der hauseigenen Reederei Hamburg Süd mit dem Konkurrenten Hapag-Lloyd zu bewegen, die beide Unternehmen auf den Weltmeeren gestärkt hätte. Lehner legte Mitte des Jahres sein Amt im Oetker-Beirat nieder.

Selbst als Aufsichtsrat von Porsche muss Lehner sich fragen lassen, ob er dort unabhängig genug von den Eigentümerfamilien Piëch/Porsche agiert hat. Denn möglicherweise droht ihm nun eine Anklage wegen Beihilfe zur Marktmanipulation im Zuge der geplanten VW-Übernahme durch Porsche. Die Staatsanwaltschaft vermutet, dass auch die Kontrolleure von den Übernahmeplänen gewusst und sie gegenüber Aktionären verschleiert haben. Lehner allerdings hält die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft für unbegründet.

Schaufelräder, Zementwerke und U-Boote
Künftig soll das reine Stahlgeschäft wie etwa die Produktion von veredelten Blechen für die Automobilindustrie nur noch 30 Prozent des Konzern-Geschäfts ausmachen. Dennoch bleiben Blechrollen wie diese ein Kernprodukt. Quelle: PR
Rolltreppen und Fahrsteige – etwa in Flughafen-Terminals – gehören ebenfalls zum ThyssenKrupp-Produktspektrum. Dieses Foto ist in einem Essener Einkaufszentrum aufgenommen worden. Quelle: PR
Allen Negativ-Schlagzeilen zum Konzern trotzt das Aufzuggeschäft von ThyssenKrupp. Vor allem starke Absatzzuwächse in Asien erfreuen das Unternehmen. Das Bild zeigt ein System mit zwei Kabinen in einem Aufzugschacht beim Einbau in der Essener Konzernzentrale Anfang 2010. Quelle: PR
Für die Automobilindustrie bietet ThyssenKrupp auch den Aufbau von Anlagen, die etwa automatisch Fahrwerke oder andere Komponenten einbauen. Quelle: PR
ThyssenKrupp setzt vermehrt auf Planung und Bau ganzer Chemie- und Industrieanlagen. Im Bild ein Zementklinkerwerk im Senegal. Quelle: PR
Dieses Schaufelradladgeärt steht im Hafen von Rotterdam und wird zur Verladung von Eisenerz eingesetzt. Geliefert wurde es von der ThyssenKrupp-Sparte „Plant Technology“. Quelle: PR
Großwälzlager von ThyssenKrupp kommen etwa in Kränen zum Einsatz, die schwere Lasten bewegen. Quelle: PR

Und auch die Fondsgesellschaften wollen ihr Vertrauen in Lehner nicht als Blankoscheck für alle Ewigkeit verstanden wissen. „So viele Ämter innezuhaben ist sehr fordernd. Das kann nur eine Übergangslösung sein“, sagt Fondsmanager Speich.

Lehner selbst sieht keine Gefahr, sich mit den vielen Mandaten zu übernehmen. Auch der deutsche Corporate Governance Kodex für gute Unternehmensführung gibt für Berufsaufsichtsräte keine Empfehlungen. Der Verzicht auf seine Jobs bei Novartis und Oetker wäre aus seiner Sicht gar nicht notwendig gewesen, sagt er. „Da bin ich dem Ruf der Kapitalmärkte gefolgt.“

Viel zu tun

Um zu beweisen, dass in seinem ausgefüllten Leben noch Platz ist, zeigte Lehner der WirtschaftsWoche seinen Kalender. Die erste November-Woche sei durchaus „typisch“, sagt er. Montag und Dienstag: Reise nach Peking (als Präsident der Industrie- und Handelskammer Düsseldorf) mit dem neuen Düsseldorfer Oberbürgermeister Thomas Geisel (SPD). Mittwoch um 10.30 Uhr: Jour fixe mit dem Telekom-Chef Timotheus Höttges in der Henkel-Zentrale in Düsseldorf, danach Gespräch mit einem Headhunter, abends Kontrabass-Üben mit Wolf Doldinger. Donnerstag, 9.30 Uhr: Prüfungsausschusssitzung in Essen, 12.00 Uhr: Finanzausschuss in Düsseldorf, 14.30 Uhr: Sitzung des Kuratoriums der Gerda-Henkel-Stiftung. Die Woche klingt am Freitag um 9.00 Uhr mit einer Gremiensitzung aus. Am Wochenende sind „Joggen“ und „Enkel“ als fixe Termine eingetragen.

Wer Lehner bei der Arbeit beobachten will, muss ihn in seiner stattlichen Villa am nordöstlichen Stadtrand von Düsseldorf aufsuchen und darf den Blick auf das idyllische Pillebachtal genießen. Dort, in seinem Büro, parkt er acht iPads – für jeden wichtigen Posten und jedes Unternehmen, das er kontrolliert, eines. Jedes Gerät ist über eine sichere Leitung mit den Datenräumen der Firmen verbunden.

Kein Stab aus Zuarbeitern oder Assistenten

Stolz verweist Lehner darauf, dass er als einer der meistbeschäftigten deutschen Konzern-Controlletti keinen Stab aus Zuarbeitern oder Assistenten beschäftigt. Bis auf seine langjährige Sekretärin ist Lehner eine One-Man-Show. „Ich arbeite gern und brauche nicht viel Schlaf“, sagt er. Auch das Wochenende sei ihm nicht heilig. „Das ist meine Überschussreserve.“

Die nutzt er auch, um seine musikalischen Hobbys zu perfektionieren. Der Kontrabass kommt Lehners Persönlichkeit besonders entgegen, meint der bekannte Dirigent Dirk Joeres: „Er entspricht seinem Bedürfnis, den Dingen auf den Grund zu gehen und von dort aus eine für alles tragfähige Basis zu schaffen.“

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