Ins gleiche Horn stößt Höttges’ Vorgänger Obermann. Lehner sei „ein Meister darin, bei komplexen Themen die wesentlichen Dinge herauszuarbeiten und für Klarheit zu sorgen“. Das sei „eine seiner größten Stärken“. Gemeinsam mit Lehner sitzt der ehemalige Telekom-Chef inzwischen in den Aufsichtsräten von E.On und ThyssenKrupp.
Lehner selbst sieht seine Hauptaufgabe als Chefkontrolleur darin, die richtigen Talente für Vorstand und Aufsichtsrat zu finden. Ein gut zusammengesetzter Aufsichtsrat ist für ihn „ein Kollektivorgan“. Die früher übliche Blockbildung zwischen Kapital- und Arbeitnehmerseite ist ihm ein Gräuel. Zufrieden ist Lehner dann, wenn sich „alle Talente vernünftig und offen“ einbrächten. „Jeder muss zu Wort kommen – am besten ehrlich und unpolitisch.“
Skepsis bei ThyssenKrupp
Aus der Verantwortung für das operative Geschäft entlässt Lehner die Manager mit seiner Arbeitsweise nicht. „Baustellenleiter ist der Vorstand“, sagt er. „Der Aufsichtsrat überwacht nur den Baustellenleiter.“ Damit signalisiert Lehner offenbar für jedermann erkennbar, dass sein Wort am Ende gilt. „Die freundliche Art sollte man aber nicht mit mangelnder Durchsetzungsfähigkeit verwechseln“, sagt der ehemalige DGB-Chef und langjährige Telekom-Aufsichtsrat Michael Sommer.
Trotzdem steht Lehner auch in der Kritik, stößt seine Methode, mit allen Akteuren so lange zu diskutieren, bis die sich auf eine einheitliche Linie einschwören lassen, an Grenzen. Skepsis erntet der Rheinländer etwa bei ThyssenKrupp. „Cromme verkörperte Leadership, bei Lehner vermissen wir das manchmal“, sagt ein Manager, der nicht genannt werden will. „Wenn wir Cromme überzeugt hatten, zog er das auch durch.“
Nur ein Patzer bei der Telekom
Bei der Telekom gab Lehner offenkundig zu sehr der Bundesregierung nach, die die ehemalige baden-württembergische Kultusministerin Marion Schick (CDU) als Personalchefin wollte. „Das war ein grober Patzer“, sagt ein Betriebsrat. Schick warf nach nur zwei Jahren im April hin. Nun hat er einen „richtigen Auswahlvorgang“ in Gang gesetzt, bei dem seit mehr als einem halbem Jahr Headhunter weltweit nach geeigneten Kandidaten suchen.
Richtig in die Schusslinie geriet Lehner aber wegen zu großer Nähe zum früheren Chef des Schweizer Pharmakonzerns Novartis, Daniel Vasella. Als Mitglied im Verwaltungsrat genehmigte Lehner Anfang 2013 Vasella als Abfindung die phänomenale Summe in Höhe von 72 Millionen Franken (rund 60 Millionen Euro). Lehner wurde ein enges Verhältnis zu Vasella nachgesagt. Der Skandal wuchs sich zur Peinlichkeit für Lehner aus, weil er das Abschiedsgeschenk mit dem sechsjährigen Verbot für Vasella rechtfertigte, bei einem Konkurrenzunternehmen anzuheuern. Vasella dagegen entschied sich, dem öffentlichen Druck nachzugeben und auf das Geld zu verzichten.