
Der Anruf kürzlich kam überraschend. An der Leitung: eine Mitarbeiterin einer großen Frankfurter Kommunikationsagentur, deren Teams bei großen freundlichen wie feindlichen Übernahmen jeweils auf einer der Seiten kämpfen wie Legionäre auf fremdem Schlachtfeld.
Die Agentur-Kommunikatorin hatte den knapp bemessenen Auftrag, der WirtschaftsWoche-Redaktion vom US-Finanzinvestor KKR auszurichten, dieser sei nicht interessiert am Kauf der Gebäudesparte von Bilfinger. Das war's auch schon. Die Dame hatte null Spielraum, mehr zu sagen.
Bilfingers Kandidaten-Karussell
Wer kommt in Frage für die Übernahme der erfolgreichen Gebäudemanagement- (neudeutsch Facility-Management, kurz FM) und Bau-Sparte des erfolgslosen Bilfinger-Konzerns? Seit in der vergangenen Woche bekannt wurde, dass Bilfinger-Vorstandschef Per Utnegaard doch bereit ist, sein einziges Tafelsilber zu verkaufen, wird eifrig spekuliert über die potentiellen Kauf-Kandidaten. Hier – in alphabetischer Reihenfolge - die wiwo.de- Einschätzung, wer wirklich auf dem Kandidaten-Karussell sitzen könnte und wer nicht.
Der spanische Baukonzern hat das Gebäudemanagement seiner feindlich übernommenen deutschen Tochter Hochtief vor zweieinhalb Jahren an die französische Spie-Gruppe verkauft. Würde sich ACS-Großaktionär Florentino Perez nun bei Bilfinger zum Höchstpreis wieder in dasselbe Geschäft einkaufen? Kaum zu glauben. Es wäre eine Eigentor, das dem Unternehmer und Präsidenten von Real Madrid kaum zuzutrauen ist. Übernahme-Chance: fast null.
CBRE ist das weltweit größte Dienstleistungsunternehmen auf dem gewerblichen Immobilienmarkt. Der kalifornische Makler-Gigant mit 9 Milliarden Umsatz setzt aber lieber auf margenstarke Beratung als auf Arbeit im Blaumann. „Die geben Gebäudemanagementaufträge nach unten weiter und quetschen Unternehmen wie Bilfinger dabei aus“, beschreibt ein Branchenkenner das Geschäftsmodell von CBRE. Warum sollte der FM-Markt CBRE plötzlich reizen, fragt er rhetorisch. Übernahme-Chance: gering.
Hinter dem Schweizer Anlagenbau- und Gebäudemanagement-Unternehmen steht die französische GDF Suez-Gruppe, die seit vergangenem Jahr Engie SA heißt. Für den Energie-Giganten mit 75 Milliarden Umsatz wäre der Milliarden-Kauf in Deutschland ein Klacks. Dagegen spricht: Eigentlich will Engie wegen der gesunkenen Öl- und Gaspreise seine Investitionen zwar deutlich zurückschrauben. Dafür spricht: Eine Investition in das solide FM-Geschäft würde gerade deshalb gut passen.
Wiederum gegen den Milliardenkauf spricht, dass die französische Unternehmenskultur weniger Freiräume bietet als sie der starke Bilfinger-FM-Chef Otto Kajetan Weixler gewohnt ist. Übernahme-Chance: man soll nie nie sagen.
Das Unternehmen ist besser bekannt als Jones Lang La Salle und wie CBRE einer der ganz großen Immobilienmakler und –dienstleister weltweit. Auch für JLL mit seinen rund fünf Milliarden Euro Umsatz ist zu bezweifeln, dass das Unternehmen seine Fertigungstiefe durch die reine Ausführung von Gebäudemanagment-Arbeiten durch die Bilfinger-Sparte so weit vergrößern will. Allenfalls kleine Teile von Bilfinger-FM und -Bau wären nach dem bisherigen Geschäftsmodell für die Amerikaner interessant. Übernahme-Chance: gering.
Die Londoner Dependance der US-Heuschrecke war wohl unter den ersten, die im vergangenen Jahr in Mannheim anklopften. Dass die Profi-Investoren wirklich bereit sein könnten, eine Milliarde Euro für den FM- und Baubereich zu zahlen, mochte Utnegaard angeblich zunächst kaum glauben. Ist offenbar aber so. Neben KKR gibt es wohl weitere Bieter aus der Private-Equity-Branche, die dringend gute Anlageziele sucht. Übernahme-Chance: der Top-Kandidat.
Die Milliarde Euro als Kaufpreis ist viel für den österreichischen Bauriesen, der unter dem Preiskampf in der europäischen Baubranche gelitten hat. Ein Insider sagt der WiWo: „Da hebt sich die Strabag einen Bruch“. Zudem: Die Wiener würden eine sehr homogene und selbstbewusste Sparte übernehmen, die sich nicht so einfach wie andere typische Strabag-Erwerbungen in die unter dem Deutschen Thomas Birtel agierende österreichische Gruppe integrieren ließe. Übernahme-Chance: unwahrscheinlich.
Siehe die Cofely-Einschätzung: Geld ohne Ende hat auch der französische Baukonzern. Das Häppchen Bilfinger wäre für den größten Baukonzern Europas kein Problem. Dagegen steht einzig die Frage, ob Vinci den FM-Chef Otto Kajetan Weixler, der schon unter Holzmann diesen Bereich führte und ihn aus der Holzmann-Pleite zu Bilfinger rettete, sich auf ein Arbeiten unter französischer Regie einließe. Die Bilfinger-Gebäudeprofis aber ohne ihren Kopf Weixler zu übernehmen, wäre eine Schwächung des Investments und schürte sicher auch Skepsis in der insgesamt 22 000 Mann starken Bilfinger-Sparte. Übernahme-Chance: nicht auszuschließen.
Für die Gebäudemanagement-Tochter des Familien-Unternehmens Wisser aus Frankfurt/Main ist der Bilfinger-Brocken einfach eine Nummer zu groß und die Euro-Milliarde Kaufpreis kaum zu finanzieren? Übernahme-Chance: minimal.
Ob KKR Bilfinger wirklich abgesagt hat oder ob es den Private-Equity-Managern nur darum geht, den Preis zu drücken - wir machen die Information hiermit öffentlich. Sie könnte ja interessant sein für gebeutelte Bilfinger-Aktionäre, die nach der endlosen Kette schlechter Nachrichten über Bilfinger am Mittwoch erfuhren, dass ihre Dividende für 2015 ausfällt. Und die sich fragen, ob sie in ein solides deutsches Unternehmen investiert haben oder in die Titanic. Der amerikanische Private-Equity-Anbieter KKR gehörte immerhin zu den Namen, die gut unterrichtete Bilfinger-Kreise im Januar plötzlich als Top-Kaufkandidaten für Bilfingers Gebäudemanagement nannten. KKR-Europachef Johannes Huth und Bilfinger haben damals auf Anfrage dazu nicht Stellung genommen.
Damals wurde durch WirtschaftsWoche-Recherchen bekannt, dass Bilfinger-Chef Per Utnegaard seine im Herbst bekannt gegeben Strategie für Bilfinger eventuell über den Haufen wirft und über einen Verkauf des einzig gesunden Drittel des MDax-Konzerns verhandelte. Bis dahin hatten das Gebäudemanagement und das damit verbundene restliche Bilfinger-Baugeschäft als unverkäuflich gegolten. Bilfingers Konzernbetriebsratschef und stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender Stephan Brückner hatte keine Ahnung und lehnte den Verkauf umgehend ab.
Bilfinger bestätigte im Januar mit einer Ad-hoc-Meldung die Verhandlungen und behauptet seitdem, die Angebote für die Gebäudemanagementsparte seien überraschend herein gekommen. Tatsächlich aber hatte der Chef des Facility Managements von Bilfinger, Otto Kajetan Weixler, Utnegaard den Verkauf seines Unternehmensbereichs schon kurz nach dessen Amtsantritt im Sommer 2015 vorgeschlagen – weil auch Weixler Bilfinger inzwischen offenbar als eine Art Titanic sieht.
Er wäre mit seiner gesunden Sparte lieber von Bord, bevor das ganze Schiff sinkt. Hat die Anruferin recht, fällt KKR als Retter jetzt aus.