US-Sammelklagen gegen VW Die Schlüssel zum Diesel-Skandal

Am Donnerstag läuft die Deadline der Amerikaner aus: Dann wollen US-Richter eine technische Lösung für die manipulierten Diesel-Autos präsentiert bekommen. Verhandelt wird auch über die Freigabe sensibler Daten.

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Die US-Richter verlangen die Herausgabe sensibler Daten. Quelle: dpa

Seit Wochen dreht sich im Dieselgate-Skandal in den USA alles um die Frage ob Volkswagen die rund 600.000 betroffenen Autos reparieren kann. Der für die Sammelklagen zuständige Richter Charles Breyer hatte VW eine entsprechende Frist gesetzt: Bis das Gericht am Donnerstag wieder zusammenkommt, muss der Wolfsburger Autobauer mitteilen, ob eine Lösung für gefunden werden kann, die für die US-Umweltbehörde EPA akzeptabel ist.

Doch es gibt noch eine weitere Deadline: Bis Donnerstag müssen sich die Anwälte von Volkswagen mit der Klägerseite darauf einigen, ob die Kläger Zugang zu der internen Untersuchung von Jones Day bekommen. Der Aufsichtsrat hatte die Kanzlei engagiert, um den Dieselskandal intern aufzuklären.

Es geht um gut 100 Terabyte an Daten, die Jones Day in den vergangenen Wochen zusammengetragen hat – umgerechnet entspricht dies mehr als 50 Millionen Büchern. „Wir würden gern sofort Zugang zu dem Material bekommen“, forderte David Boies, einer der Klägeranwälte, bei der letzten Gerichtsverhandlung Ende Februar. Am Freitag waren Kläger und Verteidiger zu einem Treffen zusammengekommen, um in dieser Frage eine Einigung zu finden. Sollten es keinen Kompromiss geben, wird sich der Richter am Donnerstag in die Sache einschalten.

Die Folgen von Dieselgate

Relevante Daten aus Deutschland in die USA zu transferieren, ist wegen der strengen deutschen Datenschutzgesetze grundsätzlich schwierig. In Deutschland gibt es ein Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Danach darf jeder selbst über die Weitergabe und Verwendung seiner personenbezogenen Daten bestimmen. Und da VW seinen Mitarbeitern erlaubt hat, über das firmeneigene Computernetzwerk auch privat zu kommunizieren, ist hier besondere Vorsicht geboten, warnte VWs Verteidiger Robert Giuffra bei dem Gerichtstermin Ende Februar. Wer gegen das Post- und Fernmeldegeheimnis verstößt, muss sogar mit strafrechtlichen Sanktionen rechnen.

Volkswagen muss bei der Weitergabe der eingeforderten Daten zudem eine ganze Reihe von Akteuren berücksichtigen. Neben der Sammelklage der Autobesitzer hat auch das US-Justizministerium eine Klage eingereicht. Außerdem läuft eine strafrechtliche Ermittlung. Einige Informationen müssen laut Giuffra daher zunächst an die Behörden weitergegeben werden, bevor sie in dem zivilen Prozess der Autobesitzer verwendet werden können.


Geschwärzte E-Mails werden in die USA geschickt

VW sei in Deutschland bereits dabei, Wege zu finden, um E-Mails, Dokumente und andere Materialien möglichst schnell in die USA zu übermitteln, erklärt Giuffra. So würden Mitarbeiter zum Bespiel explizit nach ihrer Zustimmung gefragt. Wer Einwände hat, der könne sich mit Rechtsexperten zusammensetzen und veranlassen, dass persönliche Informationen über die eigene Gesundheit etwa oder über Ethnizität geschwärzt werden. Ab dem 15. April sollen den Anwälten der Sammelklage Materialien aus Deutschland zugängig gemacht werden.

Die Daten von Jones Day sind dabei besonders brisant. Zwar muss ich gegenüber der Staatsanwaltschaft niemand selbst belasten. Doch arbeitsrechtlich sind Mitarbeiter verpflichtet, die Fragen der internen Ermittler von Jones Day zu beantworten.

Sollten die Daten von Jones Day ihren Weg zu den Klägeranwälten der Sammelklage finden, könnten sich womöglich auch für andere Klagen in Europa verwendet werden. Eine US-Bestimmung ermöglicht es Klägern außerhalb der USA in bestimmten Fällen auf Beweismittel zuzugreifen, die in den USA vorliegen, aber auch für Fälle außerhalb des Landes relevant sein könnten.

Jones Day wird in der zweiten April Hälfte einen Bericht veröffentlichen, der auf die internen Untersuchungen beruht. Wer im VW-Konzern zu welchem Zeitpunkt von den Abgasmanipulationen wusste, ist eine zentrale Frage für die Klagen in den USA. Denn je mehr Personen eingeweiht waren und je höher ihre Position im Konzern, desto höher können in den USA die Strafen ausfallen.

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